Ausbildung in der Familie – ja oder nein?

Dass der Nachwuchs Erfahrungen auswärts sammeln soll, darüber sind sich alle einig. Über den Zeitpunkt allerdings nicht.

  • Elena Magara absolviert die Kochlehre bei ihrem Onkel Beat Caduff im «Caduff’s Wine Loft» in Zürich. (SRF)
  • Die Erfolgsgeschichte der Familie Gasser heisst «Clowns & Kalorien». (ZVG)
  • Gian Andrea Pazeller (l.) führt das Schlosshotel Chastè in Tarasp/GR mit seinen Eltern Daniela und Rudolf. (ZVG)

Hautnah begleitet SRF1 auch diesen Sommer fünf Lernende in den entscheidenden Wochen rund um das Qualifikationsverfahren (QV), wie die Lehrabschlussprüfung (LAP) heute heisst. Eine der Lernenden ist Elena Magara. Die 23-Jährige schliesst diese Tage ihre dreijährige Kochlehre ab. Obwohl sie eigentlich beabsichtigte, nach der Matura ein Studium zu beginnen, entschied sie sich letztlich für eine Ausbildung in der Küche. Die Chance erhielt sie bei ihrem Onkel Beat Caduff, der mitten in Zürich das «Caduff’s Wine Loft» führt.

Die Lehre im familieneigenen Betrieb zu absolvieren – eine gute Sache? Oder: Finger weg? «Sie ist die Nichte meiner Frau. Das ist immer ein wenig schwierig», gesteht Beat Caduff. «Aber wir haben das von Beginn weg geklärt: Wenn man verwandt ist, muss man immer etwas mehr leisten als die anderen. Aber ich darf natürlich nicht zu streng sein, ansonsten habe ich noch meine Frau gegen mich. Ein grosser Vorteil bei einem Familienmitglied ist, dass ihm der Betrieb mit Sicherheit wichtig ist.» Seine Frau Natascha ist die Geschäftsführerin des mit 15 GaultMillau-Punkten dekorierten Restaurants. «Man will für seine Liebsten nur das Beste und zu denen gehört Elena natürlich dazu», sagt Natascha Caduff. «Manchmal wäre mir schon lieber, würde Beat sie mit Samthandschuhen anfassen, manchmal bin ich aber auch froh, ist er mit harter Hand dahinter.»

Eifersüchtiger Mitarbeiter: Nachteil bei der Arbeitsplanung?

Elena Magara selbst betont vor allem die positive Seite: «Die Lehre bei meinem Onkel zu machen, ist etwas Schönes, weil er mir damit sein Vermächtnis weitergibt.» Anderseits sei es ab und zu schwierig, Privates vom Berufsleben zu trennen. «Ein Mitarbeiter war extrem eifersüchtig, er fühlte sich bei der Arbeitsplanung benachteiligt.» Was der TV-Zuschauer noch nicht weiss: Elena hat das QV mittlerweile bestanden und schliesst die Lehre mit der Note 5,3 ab. Sie verlässt den Betrieb jetzt, um in «Eder’s Eichmühle» in Wädenswil neue Erfahrungen zu sammeln. «Eines Tages will ich zurückkommen, um später Beats Nachfolge anzutreten.»

Auch Marion Gasser kennt die unterschiedlichen Facetten bei der Arbeit mit dem eigenen Nachwuchs. Gemeinsam mit ihrem Mann Frithjof führt sie seit 16 Jahren das Familienunternehmen «Clowns & Kalorien», das sein Publikum mit Show und Kulinarik verzaubert. Ihr ältester Sohn Domino, der als Komiker die Gäste zum Lachen bringt, arbeitete nie in einem anderen Betrieb. «Das bedaure ich sehr», hält Marion Gasser fest. «Es hätte ihm gut- getan.»

Unumgänglich hingegen war die Luftveränderung bei ihrem jüngeren Sohn. «Merlin arbeitete als Koch mit mir in der Küche, das ging überhaupt nicht. Er war schludrig, während ich ein totaler Tüpflischiisser bin. Ich sagte ihm: ‹Wärst du nicht mein Sohn, würdest du nicht bei mir arbeiten.› Er hat sich Dinge erlaubt, weil er glaubte, bei der Mutter ginge das.» Dass die Beziehung darunter nicht gelitten habe, liegt laut Marion Gasser an ihrem Fell. Heute arbeitet Merlin nicht mehr bei «Clowns & Kalorien». Tochter Ginger absolviert zurzeit das KV. Sie soll später im administrativen Bereich des Betriebs arbeiten.

Neue Einflüsse einbringen und das Netzwerk aufbauen

Ausbildung im Kreis der Familien: ja oder nein – für Daniela Pazeller gibt es da keine zwei Meinungen. Seit 1970 führt sie zusammen mit ihrem Mann Rudolf das Schlosshotel Chastè in Tarasp/GR. Vor vier Jahren übernahm Sohn Gian Andrea die Geschäftsführung. «Im Hotel Davoserhof machte er die Ausbildung zum Koch, später kamen weitere Praktika und Sprachaufenthalte dazu», erzählt Daniela Pazeller über ihren Sohn. «Wir hatten zwar die Söhne anderer Gastronomen bei uns in Ausbildung, unseren eigenen aber nicht.»

So konnte Gian Andrea neue Ansichten von aussen mitbringen, ein Netzwerk aufbauen und Sprachen lernen, ehe er im Alter von 25 Jahren in den elterlichen Betrieb einstieg. Daniela Pazeller empfiehlt diesen Weg weiter: «Die Jungen sollten fremde Luft schnuppern. Zu Hause wird nicht alles richtig gemacht. Das Angebot ist überall anders. Klar führt das bei der Rückkehr zu Diskussionen, aber das befruchtet die tägliche Arbeit.»

(Benny Epstein)


Zur Sendung

Mini Lehr und ich

In der Doku-Serie «Mini Lehr und ich» begleitet SRF Lernende in ihrem Berufs­alltag. Die letzten ­Folgen der Staffel werden heute, 20. Juli, um 20.55 Uhr, und am 27. Juli, um 20.55 Uhr, auf SRF1 ausgestrahlt.
<link http: www.srf.ch sendungen mini-lehr-und-ich>www.srf.ch/sendungen/mini-lehr-und-ich


Die Betriebe

Caduff's Wine Loft

<link http: www.wineloft.ch>www.wineloft.ch

Clowns & Kalorien

<link http: www.clowns.ch>www.clowns.ch

Schlosshotel Chastè

<link http: www.schlosshoteltarasp.ch>www.schlosshoteltarasp.ch