Jüngste Hôtelière der Schweiz

Julia Tobler hat mit 23 Jahren den elterlichen Betrieb übernommen, das Hotel Tobler in Ascona.

Julia Tobler ist seit ihrer frühesten Kindheit im «Tobler» unterwegs. (ZVG)

HGZ: Sie sind in dem Hotel, das Sie jetzt führen, aufgewachsen. Welche Erlebnisse verbinden Sie mit dem Hotel?

Julia Tobler: Ich war seit frühester Kindheit täglich im Hotel. Es ist mein Zuhause. Das Hotel ist für mich mehr als nur ein Gebäude oder ein Job.

Wann beschlossen Sie, Hoteldirektorin zu werden?

Das war mit 16 Jahren kurz vor meinem Abschluss an der Sekundarschule in Ascona. «Das Ziel war schon immer, möglichst rasch den Betrieb zu übernehmen.»

Wollten Sie von Beginn weg die Direktion übernehmen?

Das Ziel war schon immer, möglichst rasch den Betrieb zu übernehmen. Allerdings hätte ich mir auch andere Bereiche vorstellen können wie etwa die Warenbewirtschaftung oder die Küche. Ich koche für mein Leben gern.

Nun aber sitzen Sie auf dem Direktionssessel. Ist es eine Stabsübergabe von heute auf morgen?

Zum Glück kann ich in der ersten Zeit voll auf die Unterstützung meiner Eltern zählen. Der Plan ist, dass Sie mich in den ersten drei Jahren begleiten, bevor sie sich vollständig zurückziehen werden.

Das Hotel Tobler wurde 1911 erbaut und während all der Jahre von derselben Familie geführt. Was macht den Erfolg des Hauses aus?

Wir sind kein typisches Hotel – unsere Familie führt das Haus mit viel Leidenschaft, Herzblut und Tradition. Wir haben keinen Gruppentourismus, der Individualgast steht im Mittelpunkt.

Was erwartet den Gast?

Eine gepflegte, zeitgemässe Ferienoase mit einer 10 000 Quadratmeter grossen Parkanlage lädt zum Entspannen ein. Unser Motto ist: «Ankommen und Daheim sein.» Das Ganze auf hohem Niveau im altklassischen Hotellerie-Stil der 1960er-Jahre und einem dennoch lebendigen, innovativen Haus.

Wie bleiben Sie innovativ?

Um erfolgreich zu bleiben, muss man ständig mit der Zeit gehen. Meine Familie investiert in unseren Betrieb jährlich grosse Summen. Letzten Winter renovierten wir das Restaurant von den Böden bis hin zum Kleininventar. Wir richteten eine neue Lounge-Bar ein, und auch in den Zimmern wurden Mobiliar, Fussböden und Technik erneuert.

Sie übernehmen das Haus also in einem guten Zustand?

In einem sehr guten. Die gute Auslastung von 68 Prozent der 33 Zimmer spricht dafür.

Welche Nationalitäten logieren bei Ihnen?

Unsere Gäste sind zu 90 Prozent Schweizer mit einem Durchschnittsalter von 48 Jahren. Die restlichen zehn Prozent sind Gäste aus benachbarten Ländern wie Deutschland, Luxemburg und Belgien. Bei uns übernachten vor allem kleine Familien und Paare.

Wie beabsichtigen Sie das Haus zu führen?

Ich werde das Haus wie meine Eltern führen. Mit Leib und Seele für die Gäste da sein und mit allen, den Gästen, Mitarbeitern, Lieferanten und Geldgebern eine klare, offene und transparente Kommunikation pflegen.

Haben Sie konkrete Änderungspläne oder belassen Sie alles so, wie es ist?

Konkrete Pläne gibt es noch nicht. Ein paar Änderungen wird es aber sicher geben. Das ist bei einer sehr jungen Führung normal. Dabei werden die Werte, die unser Hotel ausmachen, immer zentral sein.

Ab Dezember wird der Gotthard-Basistunnel in Betrieb sein. Was bringt das Ihnen und Ihrem Haus?

Ich hoffe, dass sich die Türen des Tessins etwas mehr öffnen und wir eine engere Zusammenarbeit mit dem Rest der Schweiz finden. Für unsere Gäste verkürzen sich die Wege natürlich sehr. Das Tessin gewinnt als Feriendestination oder als Kurzurlaubsziel an Attraktivität.

Wie sehen Sie die Zukunft des Tessiner Tourismus?

Ich bin optimistisch. Die Krise, in der wir uns befinden, ist auch unsere Schuld. Zu lange hat man sich auf den Lorbeeren ausgeruht. Der Markt war mit Restaurants und Hotels übersättigt, viele Betriebe wurden mit zu wenig Know-how geführt. Man hatte keine Ideen mehr, war nicht innovativ genug, um sich von der Konkurrenz und den Auslandsdestinationen abzuheben. Man muss mehr für die Gäste tun und ihnen zeigen, welche Vorzüge Ferien in der Schweiz haben. Wir haben doch so viel zu bieten!

(Interview: Ruth Marending)


Zur Person

Julia Tobler führt in vierter Generation das Hotel Tobler in Ascona. Das Haus wurde 1911 als kleine Pension inmitten der Weinberge von ihren Urgrosseltern Johann-Rudolf und Malvine Tobler-Scherrer eröffnet. Bis Anfang Jahr führten Walter (72) und Marianne Tobler (64) das Hotel in dritter Generation. Julia Tobler besuchte nach Abschluss der eidgenössischen Matur die Hotelfachschule in Zürich, die sie Ende letzten Jahres als diplomierte Hôtelière-Restauratrice HF abschloss. Für nächstes Jahr fasst sie ein Nachdiplomstudium ins Auge und will sich in Luzern zur Betriebswirtschafterin ausbilden lassen.

<link http: www.hotel-tobler.ch>www.hotel-tobler.ch