Lokales Wasser von der Stadt für die Stadt

Vor acht Jahren entdeckte Urs Grütter eine Quellwasserleitung direkt unter seinem Haus in der Zürcher Innenstadt. Nun vertreibt er «Lokales Wasser 37» auch an die Gastronomie.

  • Regional und nachhaltig: Das Wasser wird nur in einem Umkreis von zehn Kilometern von der Produktionsstätte am Rennweg 37 vertrieben. (ZVG)
  • Urs Grütter entdeckte vor acht Jahren eine Quellwasserleitung unter seinem Geschäftshaus. (ZVG)

Als der Unternehmer die Geschäftsräume des Rennwegs 37 in der Zürcher Altstadt bezog, wusste er noch nicht, was unter dem Haus schlummert. Seit fast 600 Jahren fliesst Quellwasser vom Uetliberg über Albisrieden und Aussersihl direkt zum Rennweg und versorgt die Brunnen der Stadt. Zufällig blätterte Urs Grütter im Grundbuchauszug des Gebäudes und entdeckte ein Wasserbezugsrecht. «Ich habe es zuerst nicht geglaubt. Doch es stimmt, wir dürfen bis zu 5,5 Millionen Liter Quellwasser pro Jahr aus der Leitung beziehen.» Ein Metzger, der im 16. Jahrhundert im Haus wohnte, fragte die Stadt an, eine Leitung zum Haus legen zu dürfen. Und das Recht besteht bis heute. So kam Grütter eine Idee.

«Es gab einen Moment, da hat es Klick gemacht», erzählt Grütter. «Auf einer Reise nach New York schaute ich in die Minibar des Hotels und sah Wasser von den Fidschi-Inseln. Es ist um die halbe Welt gereist. Das ist absurd.» Er informierte sich und fand heraus, dass über 400 Millionen Liter Wasser pro Jahr auch in die Schweiz importiert werden. Das sind 17 000 Lastwagen voll mit Wasser aus dem Ausland. Dabei nennt man die Schweiz das «Wasserschloss Europas». «Wir haben mehr als genug Wasser. Viele sind sich nicht bewusst, wie privilegiert wir sind», bemerkt Grütter. 

Nachhaltig und regional

Seit März ist die Anlage am Rennweg in Betrieb. Zwei- bis dreimal pro Woche produzieren Grütter und sein Team in der kleinen Produktionsstätte im Hinterhof des Gebäudes. Pro Monat sind es bis zu 25 000 Flaschen. Eine Million Flaschen pro Jahr sind das Ziel.

Momentan werden unter anderem etwa 25 Gastronomiebetriebe beliefert – jedoch nur in einem Umkreis von zehn Kilometern. So wie das Restaurant Lumière, das «Ojo de Agua», die Confiserie Honold oder das Hotel Zürcherhof. «Die kurze Distanz war uns wichtig. Wir wollen die CO2-Emissionen senken. Und man spart tatsächlich 80 Prozent CO2 gegenüber importiertem Wasser ein», betont Grütter.

Non-Profit als Kerngedanke

Was nach einem findigen Geschäftsmodell klingt, hat einen anderen Hintergrund. «Auf über 40 Jahren Reisen in südlichen Ländern erkannte ich, wie privilegiert wir in der Schweiz sind. Damit möchte ich etwas dorthin zurückgeben, wo ich so viel lernen und erleben durfte, aber auch viel Schwieriges gesehen habe. Wir wollen damit kein Geld verdienen», betont Grütter.

Sobald das Projekt Profit macht, wird der gesamte Gewinn für Wasserprojekte in südlichen Ländern verwendet. In diesem Jahr spendete die Firma bereits einen Fixbetrag von 25 000 Franken an ein Entwicklungsprojekt in Indien.

Zweiter Standort

«Wir wollen wachsen und wir sind auf gutem Weg», betont Urs Grütter. Bei zirka 1,2 Millionen Flaschen pro Jahr ist die logistische Kapazität am Rennweg jedoch ausgeschöpft. 2018 soll ein zweiter Standort entlang der Albisrieder Leitung bezogen werden – so können bis zu zehn Millionen Flaschen pro Jahr abgefüllt werden. Grütter spielt auch mit der Idee, Wasser aus anderen Stadtquellen zu beziehen und es in den jeweiligen Regionen zu vertreiben.

(Anna Shemyakova)


Zur Person

Der 64-Jährige begann seine Karriere fernab der Getränkeindustrie. Er promovierte in Entwicklungspolitik und leitete zehn internationale Geschäfte. Auch war er in Entwicklungsprojekte u. a. in Bangladesch und Chile involviert.

Mehr Informationen unter: <link http: www.lokaleswasser.ch>www.lokaleswasser.ch