Rent-a-Stift: Lernende helfen Schülern bei der Berufswahl

Die Berufswahl ist die erste wichtige Entscheidung, die ein Jugendlicher für sein weiteres Leben zu treffen hat. Rent-a-Stift unterstützt ihn dabei.

Den richtigen Berufsweg zu finden, ist für viele eine Achterbahnfahrt. (Keystone)

Im August beginnt für viele Schulabgänger das Berufsleben. Erfahrungsgemäss wird allerdings rund ein Viertel von ihnen die begonnene Grundbildung abbrechen. Der Hauptgrund dafür ist eine falsche Berufswahl. Sei es, weil die Lernenden zu idealistische Vorstellungen vom Beruf hatten, sei es, weil sie ihre Fähigkeiten überschätzten oder sich nicht trauten, eine Berufslehre in Angriff zu nehmen, die ihren Interessen und Talenten besser entspricht. Letzteres ist oft bei Mädchen der Fall, die trotz Talent vor männerdominierten Berufen zurückschrecken.

Um bei der Berufswahl Fehlentscheide und damit Lehrabbrüche zu vermeiden, gibt es Rent-a-Stift. Jeweils zwei Lernende stehen Schulklassen Rede und Antwort. Das Rent-a-Stift-Konzept ist bestechend einfach. Klassen des 8. Schuljahres werden von zwei Lernenden besucht, die mitten in ihrer Grundbildung stecken. Die «Stifte» berichten von ihren Erfahrungen bei der Lehrstellensuche. Sie erzählen aus ihrem Alltag zwischen Berufsschule und Lehrbetrieb und beantworten Fragen, die den Schülern unter den Nägeln brennen. Zum Beispiel: «Wie finde ich meine ideale Lehrstelle?», «Wie verhält man sich gegenüber dem Chef und den Mitarbeitenden richtig?», «Wie läuft das in der Berufsschule?».

Auf ihre Aufgaben als Auskunftsperson und kollegialer Berater werden die Lernenden professionell vorbereitet. Im Rahmen eines Workshops lernen sie diverse Präsentationsmittel und -techniken kennen. Zudem üben sie die Einsätze und verbessern so ihre Auftrittskompetenz. Was den Lernenden, ganz nebenbei, für die eigene Lehrabschlussprüfung in den mündlichen und praktischen Fächern zugute kommen wird.

Bei der Zusammenstellung des «Stifte»-Duos werden extra Lernende aus sehr unterschiedlichen Berufen ausgewählt. So bildete die angehende Bäckerin-Konditorin  Anela Gavranovic im letzten Jahr mit einem Baumaschinenmechaniker ein Team. Die beiden besuchten Schulklassen im Zürcher Unterland.

Anela Gavranovic wurde von ihrem Lehrbetrieb, der Bäckerei-Conditorei Fleischli in Niederglatt, unterstützt. Sie durfte die Freiwilligenarbeit als Rent-a-Stift während der Arbeitszeit leisten. «Ich würde sofort wieder mitmachen», sagt sie.

Rent-a-Stift hat nicht nur den Lernenden Spass gemacht. Auch die Lehrer und vor allem die Schüler schätzen das Projekt sehr.

Dialog unter Gleichaltrigen zieht

Die Lehrer können mit Rent-a-Stift ohne grossen eigenen Aufwand einen praxisnahen Unterricht zum Thema Berufswahl bieten. Die Schüler schätzen, dass ihnen fast Gleichaltrige die Berufswelt erklären. Dadurch fühlen sie sich mehr angesprochen, als wenn Erwachsene dies täten.

«Es ist fast ein bisschen unheimlich, aber wir haben durchwegs nur positive Rückmeldungen erhalten», sagt Ruedi Grimm. Er ist einer der beiden Projektleiter Rent-a-Stift beim Berufsbildungsforum Zürcher Unterland Flughafen. Die Nachfrage nach Lernenden, die Schulklassen besuchen, sei ungebrochen gross und steige sogar noch an. Im Jahr 2015 besuchten 24 «Stifte» im Zürcher Unterland 54 Schulklassen. Sie erreichten so 1090 Schüler und Schülerinnen und stellten ihnen 16 Berufe vor.

(Riccarda Frei)


Zum Thema

Das Bundesamt für Bildung und Technologie (bbt), das heutige Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI, hat von 2004 bis 2010 Rent-a-Stift-Projekte mit Subventionen unterstützt. In verschiedenen Kantonen wurden diese Projekte danach weitergeführt. Rent-a-Stift-Programme gibt es heute unter anderem in den Kantonen Aargau, Basel-Stadt, Bern, Luzern, Zug und Zürich.


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