Sauber, sauberer, kontrolliert

Sie kommen in unregelmässigen Abständen und meistens dann, wenn es am wenigsten passt: Die Lebensmittelinspektoren. Worauf achten diese eigentlich besonders?

  • Der Lebensmittelinspektorin Barbara Löffel entgeht nichts. Gerade auf der Unterseite vieler Geräte setzt sich Schmutz fest. (Claudia Link)
  • Der Lebensmittelinspektorin Barbara Löffel entgeht nichts. Gerade auf der Unterseite vieler Geräte setzt sich Schmutz fest. (Claudia Link)
  • Der Lebensmittelinspektorin Barbara Löffel entgeht nichts. Gerade auf der Unterseite vieler Geräte setzt sich Schmutz fest. (Claudia Link)

Weder Tassen, Fische, Weinflaschen, Stabmixer, Mikrowellen, Tablare noch das gemahlene Mandelpulver bleiben verschont. Der Lebensmittelinspektorin Barbara Löffel entgeht nichts. Unbeirrbar und doch möglichst unauffällig sucht sich die 53-Jährige ihren Weg durch Küchen, Kühlräume, Bars, Keller, Buffets und Personalräume. Sie kontrolliert als Vertreterin des Lebensmittelinspektorates Winterthur im Auftrag der Gemeinden, ob Gaststätten im Kanton Zürich die Gesetze des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) einhalten. So besucht sie unangemeldet Betriebe, die Lebensmittel verarbeiten. Bäckereien, Take-aways, Mittagstische von Schulen, Festveranstaltungen und Spitäler. Die Häufigkeit der Kontrollen ist abhängig von Art, Kunden und Produkten der einzelnen Betriebe.

Heute ist die zierliche Frau im Romantik Seehotel Sonne in Küsnacht an der Zürcher Goldküste unterwegs. «Ein Vorzeigebetrieb», wie sie vorweg sagt, ihre Hände wäscht und doch gleich den ersten Mangel feststellt: Es fliesst keine Seife aus dem Behälter. Noch während ihres Stirnrunzelns teilt eine Angestellte ihr mit, dass der Techniker verständigt und unterwegs sei. Weil sich das Versprechen später bewahrheitet, sieht Barbara Löffel von einem Eintrag in ihr Notizbüchlein ab. Papierne Handtücher sind vorhanden. Gleich bei der Spüle beginnt sie ihre Inspektion und leuchtet mit ihrer Taschenlampe unter die Gestelle, wo sich häufig Staub und Gerümpel ansammeln. In der «Sonne» ist das nicht der Fall. «Im Abwaschbereich bildet sich häufig Schimmel oder Fugen sind nicht mehr dicht. Ist dies der Fall, mache ich mit dem Betriebsverantwortlichen eine Frist ab, in welcher diese Mängel behoben werden müssen.» Es käme vor, dass Pächter sie auf bestimmte Mängel aufmerksam machen, mit der Bitte, diese zu vermerken, damit der Besitzer sie endlich beheben muss.

21 Köche für 1000 Gäste

Dann nimmt sie das saubere Geschirr unter die Lupe und schaut, ob auch die unteren Lagen rein und keine Wasserrückstände vorhanden sind. Bei Bratpfannen darf der Belag nicht abgenutzt sein. «In offenen Besteckbehältern können sich leicht Staub und Brosmen sammeln», weiss sie aus Erfahrung. Seit sieben Jahren ist sie in ihrem Beruf tätig. Zuvor liess sich Barbara Löffel zur Lebensmittelingenieurin ausbilden.

Vor den Fritteusen bleibt sie stehen und zückt ein Messgerät: Es misst die polaren Anteile, ein Indikator für den Verderb des Öls. Steigt dieser Wert über 27, gilt das Öl als verdorben und kann sich auf Qualität und Bekömmlichkeit der frittierten Lebensmittel negativ auswirken. In der «Sonne» misst sie einen Anteil von maximal 17 Prozent. «Wir messen das Öl täglich selber», sagt der Küchenchef des Romantik Hotels Seehotel Sonne Markus Vollweiter und zückt ein moderneres Messgerät als das der Inspektorin.

Weiter geht es zu den Kühlern, die in und um die Küche zahlreich angesiedelt sind. Denn bei schönem Wetter verpflegen die 21 Köche der «Sonne» bis zu 1000 Menschen. Seien dies Gäste einer Hochzeit im Ballsaal, Spaziergänger im Garten, Frühstücksgäste vom Hotel oder solche, die zum Mittag- oder Nachtessen kommen. Die Kühler müssen exakt die angeschriebene Temperatur vorweisen und alle darin vorhandenen Speisen mit einer Folie bedeckt sowie richtig datiert sein: «Das Verbrauchsdatum bei leichtverderblichen Produkten darf nicht überschritten werden», erklärt Barbara Löffel. In diesem Punkt gelte es, besonders aufzupassen. Da Fische und Meeresfrüchte sehr heikel auf Temperaturschwankungen reagieren, misst sie bei einer vakuumverpackten Seeforelle mit einem desinfizierten Thermometer die Kerntemperatur. Da diese ein Grad zu hoch ist, schlägt sie Markus Vollweiter als Sofortmassnahme vor, die Fische mit Eis zu kühlen.

Im Fleischkühler findet die Lebensmittelinspektorin Putenfleisch aus Ungarn. Auch dies vermerkt sie in ihrem Notizblock: «Ausländisches Fleisch sollte in der Speisekarte klar deklariert werden. Das schaue ich nachher an.» Erstaunen dann in der Gaststube: «Wir verwenden in unserem Betrieb ausschliesslich Schweizer Fleisch», steht da geschrieben. Ist Barbara Löffel ­einem Betrug auf die Spur gekommen? Nein. Wie Markus Vollweiter glaubwürdig versichert, ver- wendet er manchmal ausländisches Fleisch für die Privatschule, welche die «Sonne» unter der Woche mit 80 Gerichten versorgt, sowie für Mitarbeitergerichte.

In der Gaststube schaut die Inspektorin zudem auf der Speisekarte nach, ob die bei den Offenweinen deklarierten Jahrgänge mit dem Datum auf der Flasche übereinstimmen. Auch in der Bar herrscht Deklarationspflicht: «Überall, wo Alkohol ausgeschenkt wird, muss ein Schild mit dem Vermerk sichtbar sein, dass kein harter Alkohol an Jugendliche unter 18 Jahren und kein Bier und Wein an unter 16-Jährige ausgeschenkt werden.»

Wissen Angestellte Bescheid?

Beim Frühstücksbuffet müssen die Angestellten in der Lage sein, Auskunft über nicht im Haus hergestellte Produkte zu geben. So fragt Barbara Löffel spontan einen Servicefachangestellten, wo­raus ein bestimmtes Brot bestehe. Er beantwortet die Frage souverän und kennt alle darin vorhandenen Mehle und Nüsse. Dies sei keine Schikane, betont Barbara Löffel, sondern wichtig für Allergiker. Nüsse können für diese lebensgefährlich sein. Zudem fällt ihr am Frühstücksbuffet auf, dass der Kuchen nicht mit einer Glocke abgedeckt und das Buffet nur halbwegs durch einen Spuckschutz geschützt ist. Nach Absprache mit dem Küchenchef sieht sie jedoch von einem Eintrag ab: «Die Gäste müssen sich ohne grosse Verrenkungen bedienen können. Zudem werden Aufschnitt und Käse stündlich erneuert.»

Doch nicht nur die Lebensmittel und die Sauberkeit der Küche werden kontrolliert. Barbara Löffel nimmt sich auch die Kontroll- und Merkblätter vor. Hier haben die zuständigen Mitarbeiter anzugeben, wann sie was und wie kontrolliert haben. «Oft werden die Selbstkontrollen nicht eingehalten und die Reinigungspläne nicht ausgefüllt», weiss sie.

Markus Vollweiters Mitarbeiter jedoch haben die Merkblätter nicht nur vorbildlich ausgefüllt, sondern das darauf Verlangte auch ausgeführt : «Ich predige die hygienischen Grundregeln meinen Mitarbeitern täglich.» Dabei legt er besonderen Wert auf die heiklen Punkte wie das Einhalten der richtigen Temperaturen von sensiblen Lebensmitteln. «Meine Mitarbeiter sollen ihren gesunden Menschenverstand walten lassen.» Es könne sonst vorkommen, dass sich einige von den zahlreichen Vorschriften überfordert fühlen und abschalten. «Als Koch muss man an sehr viel denken. Nicht nur an das Kochen, auch an die richtige Lagerung – hier von rund 1000 Produkten –, den Einkauf, die Einhaltung der Hygienevorschriften und noch viel mehr. Ich finde, der Respekt vor uns sollte höher sein.» Obwohl Markus Vollweiter der Meinung ist, dass gewisse Richtlinien fern der Realität sind, findet er die Kontrollen prinzipiell gut, um den Standard zu halten. «Hygiene hat mit Qualität zu tun.»

Kontrollen manchmal zu zweit

Nicht immer werden die Kontrolleure so freundlich empfangen wie im Romantik Seehotel Sonne. Barbara Löffel besucht in seltenen Fällen bestimmte Betriebe nur in Begleitung eines Kollegen, damit sie allfällige spätere Beschuldigungen dank eines Zeugen widerlegen kann. Sie habe jedoch noch nie eine Kontrolle abbrechen müssen, weil sie sich nicht mehr sicher fühlte. Wenn sie merkt, dass sie sehr ungelegen kommt, verschiebt sie die Kontrolle auf später. Generell gebe es sehr wenig Probleme. Wirklich dreckig sei es selten. Bezahlt werden die Kontrollen vom Staat. Bei Beanstandungen kann die zuständige Gemeinde dem Betrieb eine Gebührenrechnung zustellen. Dies wird jedoch von den Gemeinden unterschiedlich gehandhabt.


Merkblätter und Schulungen

Merkblätter zu Themen wie Allergene im Offenverkauf, Anforderungen an Lebensmittelbetriebe, Deklaration von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Spuckschutz, Take-away, Verkauf von Lebensmitteln im Freien, eine Mustervorlage Selbstkontrollkonzept und vieles mehr findet man unter: <link http: stapo.winterthur.ch lebensmittelinspektorat merkblaetter>

stapo.winterthur.ch/lebensmittelinspektorat/merkblaetter

Die Prolek GmbH ist mit über 600 durchgeführten HACCP-Projekten ein anerkanntes Beratungs- und Coaching-Unternehmen. Es bietet in den Bereichen Verarbeitungs,- Hygiene- und Prozessmanagement online individuelle Selbstkontrolltools, Weiterbildungen und Trainings an.
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