Stefan Beer: Nach neun Jahren wieder zu Hause

Shanghai, Hongkong, Bangkok, Singapur, Dubai – jetzt ist das skv-Mitglied zurück: Als Executive Chef des Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa in Interlaken. Der Kochkünstler stellt ein leckeres Menü zusammen und verrät uns das Rezept.

  • Stefan Beer: Schäumchen, Espuma und Stickstoff lehnt er ab. (Christoph Läser, ZVG)
  • Holen täglich Frisches aus dem hoteleigenen Kräutergarten: Jürgen Jalowitzki (links) und
    Executive Chef Stefan Beer. (Christoph Läser, ZVG)
  • Die Vorspeise.
  • Der Hauptgang.
  • Das Dessert.

Die Heimat tut ihm gut und Stefan Beer strotzt vor Zuversicht und Selbstvertrauen. Seit fünf Monaten ist er Executive Chef eines der besten Hotels der Schweiz. Nach Hause in die frisch bezogene Mietwohnung in Matten sind es nur 600 Meter. Seine Frau Vera und die zwei Kinder Levi (4) und Jolina (16 Monate) fühlen sich im Berner Oberland pudelwohl. Dass er immer noch mit Mutters altem Auto herumkurvt, stört ihn überhaupt nicht. Irgendwann wird er sich ein eigenes zulegen.

Stefan Beer ist zufrieden. Gut gelaunt erzählt er im «La Terrasse», dem Restaurant-Flaggschiff des Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa in Interlaken, von seinen Ideen. Die Küche, sagt er, soll wieder an die Spitze kommen. Jedes Gericht, das er und sein Team schicken, müsse der unbestrittenen Klasse des Hauses gerecht werden. Egal, ob es sich dabei um ein Clubsandwich oder eine Foie-gras-Kreation handelt. Apropos Foie gras. «Keep it short and simple» heisst seine Devise. Will heissen, keine barocken Schnörkel, keine sechs bis sieben Geschmäcker auf dem Teller. Die Entenleber soll der Star sein, in ihrer Reinheit, ihrem Geschmack und ihrer Konsistenz. Serviert nur auf einem Rhabarberkompott und einem Brioche-Toast. «That’s it», sagt er auf Englisch, weil er’s immer noch so gewohnt ist, sich in der Fremdsprache auszudrücken. Die Leber ist der Star. Das Kompott bringt die Säure. Der Toast das Knusprige. Alle drei müssen von Top-Qualität sein, daran lässt er keinen Zweifel.

Weit herum gereist ist er, der mittlerweile 38-jährige Stefan Beer. Singapur, Bangkok, Hongkong, Shanghai, Dubai. Die Küche Asiens und Arabiens kennt er aus dem Effeff. In Interlaken jedoch, seiner ersten Station nach neun Jahren in der Fremde, lässt er kaum etwas davon einfliessen. Die sogenannte Fusion Cuisine lehnt er ab. Genauso wie Schäumchen, Espumas und Stickstoff-Rauch. Obwohl mit modernen Kochmethoden absolut vertraut, ist seine Küche in Interlaken klassisch-französisch aufgebaut. «Klassisch», sagt er, «aber zeitgemäss und mit Twist!» Wolle man es noch etwas präziser ausdrücken, dann «Fine dining inspired by the south of France».

Er setzt auf Top-Produkte, klare Geschmäcker

So präsentiert er auch die drei Gerichte für das Hotellerie Gastronomie Magazin (Rezepte siehe unten, Bilder zu den Rezepten in der Bildergalerie oben). Das Rezept «Gelbflossen-Thunfisch Niçoise» klar und einfach, mit den besten Produkten und optisch exzellent angerichtet. Im zweiten Gang die Krevetten, glasig zubereitet, nur mit Zitronensaft, Kerbel, Salz und Pfeffer abgeschmeckt und mit Zitronenraps bestreut. Top-Produkt, klarer Geschmack, frech in der Dose serviert. Unprätentiös kommt das alles daher.

Und ist genau so gewollt. Niemand müsse seinen Anzug «montieren», um zu ihm ins «La Terrasse» essen zu kommen, sagt er. Der Gast soll sich einfach wohlfühlen. Und essen, was er gerne isst. Dazu gehöre von ihm aus auch mal ein Burger. Ein Victoria-Jungfrau-Burger, mittlerweile besonders bei den arabischen Gästen des Hotels beliebt. Erstklassiges Burger-Fleisch, Wachtelei, konfierte Tomate und konfierte Zwiebeln. «Alles auf geilem Niveau. Aber immer noch ein Burger», so Stefan Beer. Seit Anfang Jahr führt er nun als Executive Chef Regie im «Victoria-Jungfrau». 56 Mitarbeiter, darunter sieben Lernende, sind ihm unterstellt. Eine grosse Brigade für Schweizer Verhältnisse. Eine kleine im Vergleich zu seinen Stellen im Ausland. In Dubai und Singapur war er jeweils für mehr als 100 Mitarbeitende verantwortlich.

Im Fine-Dining-Restaurant La Terrasse weiss er mit Jürgen Jalowitzki einen kompetenten, zuverlässigen und erfahrenen Sous-chef an seiner Seite. Der gebürtige Deutsche arbeitet bereits seit vier Jahren im Haus. Von Mai 2014 bis Dezember 2015 war er sogar Mitglied der Schweizer Kochnati. Für das hauseigene italienische Restaurant Quaranta Uno hat Stefan Beer neue Köche engagiert: Andrea Bontempi, einen Vertrauten, mit dem er bereits im «Grand Hyatt» in Singapur zusammenarbeitete, und Riccardo Sala, Spitzenkoch, der zusammen mit Bontempi einst in Mailand kochte.

Stefan Beer ist ehrgeizig. Und er will dem Hotel seinen Stempel aufdrücken. So lässt er auf der Bar-Karte Snacks wie die Miniversion der Militärkäseschnitte und einen Victoria-Dog (Hot-Dog mit Entenleber, Sellerie und Vollkorn-Bun) auflisten. Seit Juni ist mit «The Garden» ein neues Outdoor-Restaurant offen, in dem Stefan Beer Salate, Grilladen und Desserts serviert.

Mit Neueröffnungen kennt er sich aus. Zuletzt war er verantwortlich für das Pre-Opening und das Opening des Hotels Intercontinental Dubai Marina in den Emiraten. Ein Hotel, das 2014 seine Tore öffnete und über 328 Zimmer und Residence-Suiten verfügt. Als Executive Chef   leitete er neun verschiedene Outlets. Für ihn war es der erste grosse Chefposten.

«Wenn ich heute auf die vergangenen zehn Jahre zurückblicke», erzählt er, «dann ist das alles wie im Schnellzugtempo vergangen. Eine Destination löste die andere ab, eine Neueröffnung die andere. Immer wieder habe ich von vorne angefangen, ein neues Netzwerk und einen neuen Stamm an Lieferanten für die Küche aufgebaut.» Das solle bloss nicht negativ klingen, meint er, aber irgendwann wolle man halt auch wieder zur Ruhe kommen. Stellen mit vorhersehbarem «Ablaufdatum» habe er genug gesehen.

Seinen Kindern wolle er nun das zeigen, was er in jungen Jahren erleben durfte. Bis er vier ist, wächst er in der Nähe von Spiez auf. Danach übernehmen seine Eltern in Egliswil im Aargau das Restaurant Egli, eine typisch ländliche Dorfbeiz. Ganz in der Nähe führt sein Onkel einen Bauernhof. «Ich lebte in der Beiz und auf dem Bauernhof, lernte frische Produkte kennen und schätzen und durfte Traktor fahren.» Schweizer Landleben pur. «Fast schon ein wenig kitschig», sagt er schmunzelnd. Aber genau das will er seinen Kindern bieten.

Stefan Beers Lehr- und Wanderjahre

Dass er nichts anderes als Koch lernen wird, steht für ihn Ende der 1990er-Jahre ausser Frage. Die Lehre verdient er sich unter Gregor Zimmermann in der «Alten Post» in Aarburg ab, die ersten Sporen als Commis im Restaurant Zum Alten Landgericht in Lenzburg. Was folgen sind Lehr- und Wanderjahre im Kochberuf: Mülligen, Fribourg, Bätterkinden, Riedholz, Steffisburg, Lech am Arlberg, Einsiedeln und Luzern. Ab 1997 nimmt er regelmässig an Kochwettbewerben teil, allein oder als Mitglied eines Teams. Im Jahr 2000 gewinnt er den Fischwettbewerb La Casserole d’Or und erringt mit der Junioren-Kochnati in Erfurt die Goldmedaille. Ein Jahr später holt er sich den Swiss Culinary Cup. Mit der Aargauer Kochgilde gewinnt er am Culinary World Cup in Luxemburg Gold und wird mit dem Team Vizeweltmeiter. Mit den Armeeköchen schafft er vier Jahre später an gleicher Stelle Platz eins und den Titelgewinn. 

2007 geht er dann ins Ausland. Seine erste Station ist das «Hyatt on the Bund» in Shanghai, zwei Jahre später ist es das «Hyatt Regency» in Hongkong, dann das «Grand Hyatt Erawan» in Bangkok und das «Grand Hyatt» in Singapur. 2014 dann die vorerst letzte Auslanddestination – das «Intercontinental» in Dubai. In den Ferien 2015 trifft er in Luzern Victoria-Jungfrau-Direktor Urs Grimm. Er ist begeistert von der Persönlichkeit Grimms und nimmt wenig später dessen Angebot an, den Executive-Posten in Interlaken zu übernehmen. Es ist seine zweite gros­se Chefposition. Und wenn es nach ihm geht, bleibt sie es für sehr lange.

(Jörg Ruppelt)


Vorspeise

Gelbflossen-Thunfisch «Niçoise»

Für vier Personen

Zutaten  

240 g  Gelbflossen-Thunfisch (Sushi-Qualität)   
20 g     Friséesalat gezupft   
6 St      Kapernäpfel   
6 St      Datterini-Tomaten   
80 g     Heirloom-Tomaten    
4 St      Wachteleier   
40 g     Kenia-Bohnen   
8 St      Oliven grün (Noellara del Belice)    
80 ml   Zitrusdressing   
12 St    Kartoffelchips       
Kräuter gemischt       
Basilikumöl       
Olivenöl Extra Vergine       
Fleur de Sel       
Pfeffer

Zubereitung

Thunfisch würzen und von allen Seiten scharf ansautieren, in zwölf gleichmäs­sige Tranchen schneiden. Kapernäpfel der Länge nach halbieren. Datterini-Tomaten der Länge nach halbieren, mit Salz, Pfeffer und Olivenöl marinieren und  leicht confieren. Heirloom-Tomaten je nach Grösse vierteln oder achteln. Wachteleier zwei Minuten und 15 Sekunden kochen, in Eiswasser abschrecken, schälen und der Länge nach halbieren. Kenia-Bohnen blanchieren, mit Zitrusdressing marinieren. Oliven halbieren und entsteinen.

Alle Zutaten gefällig anrichten, mit Kartoffelchips und Kräutern dekorieren. Mit Basilikumöl und Fleur de Sel abschmecken.

Zitrusdressing    

40 g    Zitronensaft   
10 g    Limettensirup   
70 g    Sonnenblumenöl   
30 g    Olivenöl       
Salz und Pfeffer

Zubereitung

Zitronensaft und Limettensirup verrühren. Mit beiden Ölen aufmontieren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.  


Hauptgang

MSC-Krevetten, Oliven, sonnengetrocknete Tomaten, Knoblauchbaguettes

Für vier Personen

Zutaten    

80 g    Olivenöl Extra Vergine   
15 g    Schalotten   
5 g      Knoblauch   
400 g  MSC-Eden-Krevetten, geschält    
1 St      Zitronenschale   
1 g       Kerbel   
30 g     Tomaten, sonnengetrocknet   
30 g     Kalamon-Oliven   
0,5 St   Zitrone (Saft)       
Chiliflakes       
Fleur de Sel, Pfeffer       
Knoblauchbaguette       
Confierte Cherrytomate       
Zitrone       
Kräuter

Zubereitung

Schalotten und Knoblauch in Brunoise schneiden. Krevetten in zirka zwei Zentimeter grosse Stücke schneiden. Kerbel fein schneiden. Sonnengetrocknete Tomaten in Brunoise schneiden. Oliven in dünne Scheiben schneiden. Schalotten, Knoblauch, Tomaten, Chiliflakes und Oliven im Olivenöl leicht sautieren. Krevetten zufügen und erwärmen (nicht kochen, Krevetten sollten leicht glasig bleiben). Zitronensaft, Kerbel, Salz und Pfeffer zufügen und abschmecken. Krevetten in die Dosen abfüllen, überschüssiges Öl zur Seite nehmen. Mit Zitronenraps bestreuen. Mit Knoblauchbaguettes, confierter Cherrytomate, Zitrone und Kräutern servieren.

Knoblauchbaguettes    

40 g    Knoblauch, geschält   
50 ml  Rahm   
35 g    Butter   
25 g    Parmesan, gerieben   
5 g      Rosmarin, gehackt   
5 g      Thymian, gehackt       
Salz und Pfeffer       
Ciabatta-Brot, halbiert  

Zubereitung

Knoblauch goldbraun sautieren, Hitze reduzieren und garen bis er weich ist. Rahm, Butter und Parmesan aufkochen. Rahmmischung mit dem Knoblauch mischen und pürieren. Kräuter zufügen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken, abkühlen lassen. Ciabatta-Brot mit der Knoblauchbutter bestreichen und unter dem Salamander knusprig gratinieren.


Dessert

Beeren, Mascarpone-Softeis, Schokoladenminze und Emmentaler Tresterhonig

Für vier Personen

Zutaten    

20 g    Erdbeeren   
20 g    Himbeeren   
20 g    Brombeeren   
20 g    Heidelbeeren   
20 g    Johannisbeeren       
Puderzucker       
Limettensaft       
Softeis       
250 g    Milch   
125 g    Kaffeerahm   
125 g    Mascarpone   
75 g      Zucker   
50 g      Glucose   
18,7 g   Fruttosa   
6,2 g     Fior Panna               
Garnitur       
Tresterhonig       
Schokoladenminze       
Waldmeisterblüten   
30 g    Erdbeersauce

Zubereitung

Beeren mit Puderzucker und Limettensaft marinieren. Alle Zutaten kalt mit dem Pürierstab verrühren. In Pacojetbecher abfüllen und gefrieren lassen.Vor dem Servieren pacossieren und eine Nocke abstechen. Erdbeersauce auf den Tellerboden dressieren. Marinierte Beeren gefällig darauf anrichten. Eine Nocke Mascarpone-Softeis in der Mitte anrichten. Mit Schokoladenminze und Waldmeisterblüten dekorieren. Mascarpone-Softeis mit Tresterhonig nappieren.