Tellerwäscher-Karriere rückwärts

Reto Hanselmann wählte einen eigenartigen Weg: vom Superreichen zur Servicekraft.

  • Gelernter Koch und Zürcher It-Boy: Reto Hanselmann. (ZVG)
  • O’zapft is: Reto Hanselmann macht auf seiner Wiesn in Zürich eine ebenso gute Figur wie beim Service im Restaurant Kaufleuten. (ZVG)

Teller stapeln, einkassieren, Tisch säubern – es ist eigenartig, Reto Hanselmann bei der Arbeit im Service zuzuschauen. Eigentlich kennt man von ihm Bilder, die ihn an Partys mit der ehemaligen Miss Schweiz Dominique Rinderknecht beim Feiern oder mit Fernsehmoderator Roman Kilchsperger am Strand auf den Malediven zeigen. Doch es ist Mittwochmittag und der 35-Jährige bedient gerade die Mittags- und später Abendgäste im Zürcher Restaurant Kaufleuten.

Von der Weltwoche erhielt Reto Hanselmann vor fünf Jahren das Prädikat «It-Boy», so nennt man jene Prominenten, die eben nur fürs Bekanntsein bekannt sind. Bekannt wurde er als Begleitung von Stars auf den roten Teppichen und weil der «Blick» über seine Schönheitsoperationen geschrieben hatte. Arbeiten schien nicht sein Ding. Leisten konnte er sich das dank seinem Lebenspartner, einem wohlhabenden Geschäftsmann. Und nun muss Hanselmann wieder Teller schleppen?

Marketing-Gag der neuen Kaufleuten-Führung

«Nein, muss ich nicht», erklärt Hanselmann, «aber ich will. ­Während eines Jahres arbeite ich ­ausser während meiner Ferien ­jeden Mittwoch im Service. Das verdiente Geld spende ich für ­einen wohltätigen Zweck.» Die Idee, Hanselmann zu engagieren, stamme von Kaufleuten-Gastgeber Seigi Sterkoudis. «Er ist ein guter Freund von mir und bat mich um diesen Gefallen. Klar: Das ist gewissermassen ein Marketing-Gag der neuen Kaufleuten-Führung.» Nur eine Masche, um Gäste anzulocken, die sich von einem Prominenten bedienen lassen möchten, ist es allerdings nicht. So flink, wie Hanselmann Teller durchs Lokal balanciert  kann das nur ein Profi: Hanselmann ist gelernter Koch.

Und auch wenn er nicht mehr an den Kochtöpfen steht oder gerade keine Tische deckt – das ­Leben des It-Boys spielt sich durchwegs in der Gastro-Welt ab. Seine «Season of the Witch» ist die Schweizer Halloween-Party schlechthin. Und mit «Hanselmann’s Wiesn» hat er vor einem Jahr neue Oktoberfest-Massstäbe in Zürich gesetzt. Wenn Hanselmann ruft, tauchen die Gäste in eine perfekte Inszenierung ein. In seinem Oktoberfestzelt singen die angesagtesten Schlagerstars, zu Halloween sorgt er für die überraschendsten Gruseleffekte. Auf seiner Wiesn schunkelt der Normalbürger Arm in Arm  mit TV-Moderatoren und Ex-Missen und zu Halloween weiss ohnehin niemand, wer die anderen Partygäste sind: Man erscheint verkleidet oder gar maskiert.

Wann eröffnet Hanselmannseine eigene Bar?

Die 700 bis 900 Plätze sind jeweils frühzeitig ausverkauft. Was ist Hanselmanns Erfolgsgeheimnis? «Ich will meinen Gästen ein einzigartiges Erlebnis bieten. ‹Wow, da müssen wir nächstes Jahr unbedingt wieder hin› sollen sie zum Schluss sagen.» Wie er das hinbekommt: Einerseits punktet er mit der kompromisslosen Authentizität seiner Events. Anderseits basiert der Erfolg auf der herzlichen Art des Gastgebers, der jeden Gast – ob persönlicher Freund, Promi oder Normalsterblicher – so empfängt, als würde er ihn bei sich zu Hause zu Besuch empfangen. Hanselmann: «Wo sich der Gast zu Hause fühlt, da lässt er sein Geld gerne liegen.»

Böse Zungen lästern, er könne solch aufwendige Veranstaltungen nur stemmen, solange sein Lebenspartner finanziell dahinterstehe. Hanselmann dementiert: «Nur mit den Einnahmen durch die konsumierenden Gäste hole ich die Ausgaben nicht rein. Aber ich habe Firmen, die als Sponsoren auftreten und helfen, solche Anlässe möglich zu machen.»

Gut möglich, dass Hanselmann bald schon öfter als Gastgeber auftritt. «Ich würde gerne eine eigene Bar eröffnen», verrät er. «Ein ­Restaurant eher nicht, das ist wirtschaftlich enorm schwierig.» Leichte, europäisch-asiatische Speisen würde es in seiner Bar ­geben und vor allem ein Wohlfühl-Ambiente. Er habe sich ­hierfür mit Ivo Adam, der das ­«Seven» in Ascona mit 16 GaultMillau-Punkten und einem Michelin-Stern führt, ausgetauscht. «Ich muss noch abwägen, ob ich mir vorstellen könnte, täglich selbst vor Ort zu sein. Dazu fühle ich mich verpflichtet.»

Reto Hanselmann ist mehr als nur ein It-Boy. Er wird die Zürcher Gastro-Welt in Zukunft erneut verblüffen. 

(Benny Epstein)


Mehr Informationen: <link http: www.hanselmannswiesn.ch>www.hanselmannswiesn.ch