Von Kambodscha ans WEF nach Davos

Livio Räber ist Farmhouse Manager in Kambodscha. In seiner Kolumne beschreibt er den täglichen Wahnsinn bei seiner Tätigkeit. Dies ist seine letzte Kolumne.

  • Bunt, laut, schrill – in Kambodscha wird stets mit viel Kitsch gefeiert. (ZVG)
  • In der Hängematte: einer der seltenen ruhigen Momente für Livio Räber. (ZVG)

Wie feiern wir in Kambodscha Weihnachten und Neujahr? Nun, eigentlich gar nicht. Aber keine Frage: Wir haben für unsere Gäste im Farmhouse Resort von «Smiling Gecko» selbstverständlich etwas organisiert.

In Kambodscha hat weder Weihnachten noch Neujahr irgendeine Bedeutung. Die Bevölkerung lebt mehrheitlich buddhistisch. Ihr Neujahr ist das Khmer-Neujahr. Es wird jeweils Mitte April über zwei, drei Tage hinweg gefeiert. Weihnachten aber ist ein christliches Fest und hat hier dementsprechend einen sehr geringen Stellenwert. Wenn überhaupt, feiern Menschen aus anderen Ländern das Weihnachtsfest. Auch wir haben für unsere Yoga-Gäste eine kleine Feier organisiert. Wie das hier aussieht? Wenn Kambodschaner eine Feier planen, ist ein typisches Merkmal gewiss: sehr viel Kitsch. Farbige Lampen, haufenweise Dekoration und laute Musik. Man könnte meinen, es stehe eine Hochzeit an. Meine Mitarbeiter haben bei der Vorbereitung viel Freude und lassen ihrer Kreativität freien Lauf. Das Resultat ist letztlich gewöhnungsbedürftig für uns, aber irgendwie eben auch süss.

Essen wird nicht zelebriert

Meine Mitarbeiter freuen sich sehr, wenn sie glückliche Gäste erleben und feiern auch sehr gerne mit, auch wenn der Tag für sie bedeutungslos ist. Entsprechend kennen sie aber auch keine spezifischen Feiertagsgerichte. Doch man muss sich halt auch bewusst sein, dass Essen hierzulande einen ganz anderen Stellenwert hat als in Europa. Essen wird in Kambodscha nicht zelebriert. Essen ist einfach nur Nahrungsaufnahme – insbesondere bei der riesigen, mausarmen Bevölkerungsschicht. Die Speisenauswahl dieser Menschen beschränkt sich fast komplett auf weissen Reis, vielleicht gibt es noch etwas Schweinefleisch, frittierten Fisch oder Gemüse und Suppe.

Vom ganzen Weihnachtstrubel habe ich hier somit nicht viel mitbekommen. Eine spannende Erfahrung. Ich denke, die meisten Europäer, die zu dieser Jahreszeit hierher reisen, möchten den Festtagen bewusst entgehen.

Die Zukunft des Farmhouse

Apropos reisen: Bei mir steht nun die Heimreise an. Über meinen Trennungsschmerz habe ich ja bereits in der letzten Kolumne geschrieben. Doch wie sieht die Zukunft des Farmhouse Resort aus?

Die letzten zwei Monate waren ein voller Erfolg. Wir durften zahlreiche Gäste aus der Schweiz begrüssen und alle waren sie glücklich und zufrieden mit unserem Angebot. Wir haben viel Einnahmen generiert für das Projekt. Darauf wollen wir im nächsten Jahr aufbauen.

Erfolg hin oder her – in einem Projekt wie diesem wird es sicher nie langweilig und es gibt nach wie vor viel zu tun. 2017 werden zehn neue Doppelzimmer in fünf schönen Bungalowhäusern gebaut und somit die Zimmerkapazität auf total zwanzig erhöht. Die neuen Zimmer werden nicht zuletzt dank grösserer Badezimmer und Balkone noch mehr Komfort bieten. Zudem werden ein Frontoffice und eine Bar gebaut. Die Ausbildung der Mitarbeiter wird durch Gilles Ambühl, einen Praktikanten der Schweizerischen Hotelfachschule Luzern SHL, weiter vorangetrieben.

Neue Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Kambodschaner

Das Angebot für die Resort-Gäste soll um einen Swimmingpool und Massagehäuser erweitert werden. Das steigert nicht nur die Attraktivität des Farmhouse, sondern schafft wieder neue Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Menschen aus der kambodschanischen Bevölkerung. Zu guter Letzt wird auch eine Intensivierung der Beziehung zwischen dem Projekt und der SHL angestrebt.

Ja, es gibt viel zu tun. Die Geschichte im Farmhouse Resort ist noch lange nicht zu Ende geschrieben. Ich bin jetzt schon gespannt, wie das Projekt aussehen wird, wenn ich dereinst wieder nach Kambodscha zurückkehre. Ich bin überzeugt, dass ich auf jeden Fall wieder hierherkomme. Ich werde das Team und den Betrieb sehr vermissen. Wir sind eine Familie geworden.

Einrücken und antreten: mit dem Militär ans WEF in Davos

Zeitgleich beginnt sowohl für das Farmhouse Team in Kambodscha als auch für mich persönlich ein neues Kapitel. Im Rahmen meiner Weiterbildung zum Bataillonskommandanten der Schweizer Armee warten auf mich Herausforderungen in Luzern sowie am WEF in Davos. Krasser könnte der Kontrast zum Alltag in Kambodscha kaum sein. 

(Aufgezeichnet von Benny Epstein)


Smiling Gecko

«Smiling Gecko» ist das ­Hilfsprojekt des Schweizers Hannes Schmid. Der Künstler will Tausende von der Armut betroffene Kambodschaner von der Strasse holen. Ein Teil des Projekts ist das Farmhouse Resort. Einheimische werden aus den Slums geholt, geschult und als ­Arbeitskräfte eingesetzt. ­Geführt wird das Resort von einem SHL-Absolventen.