«Über die Gastronomie Bewegung ins Soziale bringen»

Patrick Honauer initiiert weltweit nachhaltige, soziale Projekte rund um Lebensmittel und Gastronomie. Er kochte im Refettorio Gastromotiva von Massimo Bottura an der Olympiade für Obdachlose und setzte mit Jamie Oliver ein Zeichen am WEF.

Der 52-Jährige lebte und arbeitete schon in diversen Kulturen. Er kochte bereits in den 80er-Jahren in der Sowjetunion nach dem Farm-to-Table-Prinzip. (ZVG)

HGZ: Patrick Honauer, mit der Food Network Academy arbeiten sie weltweit an einem nachhaltigeren Food-System, insbesondere in Nepal. Was machen Sie dort?

Patrick Honauer: Mehrere Dinge. Mit der Food Network Academy, welche ich mit zwei Jung- unternehmern aus Nepal gegründet habe, bauen wir weltweit regionale Lebensmittelnetzwerke auf. Damit wollen wir Bauern mit kleinen Höfen und jungen Menschen auf dem Land eine Lebensgrundlage bieten und sie vor der Landflucht bewahren. Wir arbeiten in Nepal am Aufbau der dualen Berufsbildung wie in der Schweiz. Meine Erfahrungen sammelte ich bei der Entwicklung des nachhaltigen regionalen Lebensmittelnetzwerks von Bachser Märt im Raum Zürich. Mit einer ausgeklügelten Logistik vernetzen wir die Produzenten mit unseren fünf Lebensmittelläden, verbinden die ländliche Region mit der Stadt und organisieren den Warenfluss im Netzwerk. Zudem bilden wir in Zusammenarbeit mit Axis-Bildung über 40 Lernende aus.

Wie kommen Sie dazu, in Nepal ein duales Berufsbildungssystem zu erarbeiten?

Beim Aufbau des Lebensmittelnetzwerkes Nepal merkten wir, dass die grösste Schwierigkeit darin bestand, dass die Menschen selten gut ausgebildet waren. Ich verfügte über das notwendige Wissen und viel Erfahrung, um den Stellen des Bildungsministeriums dort mit Rat und Tat zur Seite zu stehen: Ich war lange in der Schweizer Berufsbildung tätig. Unter anderem als Fachlehrer im Bereich Hotellerie und Gastronomie an der Hotelfachschule Belvoirpark in Zürich sowie als Chefexperte. Ich habe bei der Erarbeitung neuer Lehrbücher mitgewirkt. Mit der von mir 1998 gegründeten und nun an meinen Nachfolger übergebenen Institution Axis-Bildung habe ich jährlich um die 180 Lernende in der dualen Ausbildung begleitet. Axis-Bildung ist ein vom Mittelschul- und Berufsbildungsamt des Kantons Zürich anerkannter Lehrbetriebsverbund. Zudem führte ich mit 27 mein erstes Restaurant, den «Neuhof» in Bachs.

Wie sehen die nächsten Schritte in Nepal aus?

Derzeit erarbeiten wir die Bildungspläne für die neuen Ausbildungen. Im Januar startet die Berufsfachschule. Als Erstes werden Lehrgänge für Köche und so genannte Small Hotel and Lodge Operators Realität. Es wurden uns bereits über 80 Lehrstellen in Aussicht gestellt. Den Betrieben in Nepal fehlen gut ausgebildete Mitarbeiter. Meist lernen sie nur in praktischen Kurztrainings. Wichtige Fähigkeiten wie die Selbst- und Sozialkompetenz wurden wenig gefördert.

Warum setzen Sie sich weltweit für soziale Projekte ein?

Meine Haltung ist das A und O für mich als Unternehmer. Als ich den «Neuhof» in Bachs übernahm, war für mich klar, dass Nachhaltigkeit und das Soziale meine wichtigsten unternehmerischen Impulse sein werden. Der Schlüssel für die Zukunft. Darin will ich investieren. Je mehr ich als Unternehmer auch in andere investiere, desto mehr bin ich selbst von nachhaltigem Erfolg getragen. Junge Unternehmende sind mir wichtig, ich unterstütze weltweit nachhaltige Start-ups. Unter anderem mit Hilfe des Vereins «rundumkultur». Ich bin überzeugt davon, dass man im kleinen Rahmen viel verändern kann. Eine Bewegung von unten nach oben ist möglich und wichtig.

Das vermittelten Sie auch an Ihren Auftritten am WEF.

Ja, ich konnte zum einen eine kurze Rede über unsere Arbeit an der Umsetzung eines nachhaltigeren Food-Systems halten. Zum anderen kochte ich mit David Hertz von Gastromotiva Brasilien und Jamie Oliver am WEF über dem Feuer aus Lebensmittelüberschuss feine Gerichte. Damit thematisierten wir Food Waste und machten auf die Bewegung Social Gastronomy Movement aufmerksam. Bei dieser Bewegung macht auch einer der besten Köche der Welt mit, Massimo Bottura. Er gründete die Non-Profit-Organisation Food for Soul und kochte an der Olympiade in Rio de Janeiro mit 52 Köchen aus der ganzen Welt. Im Refettorio Gastromotiva bereitete er mit Lernenden aus den Favelas aus Lebensmittelüberschüssen von den Olympischen Spielen Gerichte für Obdachlose zu. Zur Verbreitung der Initiative «No Waste» von Greenabout beigetragen, haben meine Fernsehauftrit- te mit Sam Kass, dem früheren Koch von Barack Obama. Im Herbst wollen wir das Manifest des Social Gastronomy Movement in die Welt hinaustragen und damit über die Gastronomie Bewegung ins Soziale bringen. Wir suchen noch mitwirkende Betriebe. Unser Hotel Jakob ist dabei. Wir bieten mit dem «Lindenbaum» in Pfäffikon/ZH für Menschen mit besonderen Bedürfnissen Hotellerie-Ausbildungsplätze an.

(Interview Sarah Sidler)


Zur Person

Patrick Honauer, Gründer und Unternehmer, Koch, Berater, Hotelier im «Jakob» in Rapperswil, Initiant von Bachser Märt, Zürich, begleitet und unterstützt mit dem Verein «rundumkultur» weltweit nachhaltige Start-ups.

<link http: www.patrickhonauer.ch>