Die Landwirtschaft in der Stadt soll Qualität, Nachhaltigkeit und Frische garantieren. Mit dem Gastronomen als urbanem Bauern.
Zu früh geerntet, zu lange transportiert, zu fad im Geschmack: Importierte Produkte sind eine Hassliebe. Der Kunde erwartet Salat und Beeren im Winter, viele Gastronomen fühlen sich gezwungen, darauf einzugehen und nehmen Abstriche in Kauf. Nämlich: weniger Geschmack, verlorene Frische, unbekannte Qualität sowie eine deutlich steigende Umweltbelastung.
Wie soll sich die Welt in 50 Jahren ernähren? Dann, wenn 70 Prozent der Menschen in Städten leben, die Böden ihre Kapazität erreicht haben und der CO2-Ausstoss kaum mehr zu handeln ist. Diese Frage beschäftigt Gastronomen, Produzenten sowie Wissenschaftler. Am Gastro Trend Day der Hotel & Gastro Union wird über mögliche Perspektiven und konkrete Lösungen gesprochen.
Innovative Gastronomen sind sich des Problems bewusst. Einige reagieren jetzt schon. Wie Ema Paulin, Gründerin des Berliner Restaurants Good Bank. Vor einem Jahr eröffnete sie ihren Betrieb, der gleichzeitig eine Salatfarm ist. Vor den Augen der Kunden werden Salatköpfe gepflanzt, gehegt und geerntet. «Jeden Tag können wir 20 Salatköpfe ernten – frisch und saftig. Im Gegensatz dazu: importierte Salate, die erst vier Tage später bei uns ankommen», kritisiert Paulin.
Gedanken über mögliche Technologien macht sich auch die Schwyzer Firma Gomes Design & Technic. Ihre Idee: Wandsysteme mit Taschen aus Filz, die verschiedenste Pflanzen ohne Erde beherbergen können. Mit 80 Zentimetern Breite und zweieinhalb Metern Höhe bieten die Paneele genug Platz für Himbeeren, Zucchetti, Chili, Kopfsalat, Peperoni oder Schnittlauch. Durch eine Pumpe ist das «Freiluft-Gewächshaus» selbstbewässernd und lässt sich im Garten oder Gästebereich aufstellen. Die Erfinder forschen momentan an einer Version, die man zum Dachgarten ausbauen kann. Diese werden sie am Gastro Trend Day vorstellen.
Wie man eine perfekte Symbiose aus Urban Farming und einer Fischzucht schafft, zeigt Paul Wreford anhand seines Betriebs «Fish ’n’ Greens» in Balterswil/TG. In seinem Aquaponic-System wachsen die Pflanzen ohne Boden. Er nutzt das nährstoffreiche Abwasser seiner Fischzucht, um die Gewächse anzureichern. Diese wachsen schneller, sind auch im Winter jederzeit verfügbar und brauchen keinerlei Erde.
Wer auch zu urbanen Farmern wurde, sind Anna Reutener und ihr Mann Tom. Um Pestiziden im Landbau zu entfliehen und die Naturvielfalt der Stadt zu fördern, bauten sie kleine Imkereien auf Dächern stillgelegter Gebäude. Mit «Wabe3» nutzen sie das Ökosystem der Stadt, profitieren von der grossen Blütenvielfalt und den höheren Temperaturen. Das Endprodukt: Blütenhonig von Zürichs Dächern.
Mit «essbarer Stadt» beschäftigt sich auch Maurice Maggi. Der Guerilla-Gardening-Pionier wird aufzeigen, wie man als Gastronom den städtischen Raum und dessen Pflanzen für sich nutzen kann. Viele Produkte wachsen nämlich direkt vor unserer Tür. Mit ihm wird man lernen, sie zu sehen.
Wie reagiert die Forschung auf zunehmende Probleme in der Nahrungsmittelversorgung? Dr. Melanie Paschke vom Zürich-Basel Plant Science Center und Vanessa Borkmann vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart stellen mögliche Modelle aus wissenschaftlicher Perspektive vor. Wie werden urbane Räume aussehen? Werden Gebäude eine völlig neue Struktur bekommen? Wie wird man es schaffen, als Gastronomiebetrieb nachhaltig zu agieren und seine Gäste trotzdem zufriedenzustellen? Auch digitale Entwicklungen werden zukünftig immer mehr Einfluss nehmen. Wie nutzt man diese für sich? Antworten gibt es im Juli.
(Anna Shemyakova)
Wann?
4. Juli 2018
Wo?
Hotel Schweizerhof, Luzern
Preise
Lernende (Mitglieder) Fr. 20.–
HGU-Mitglieder Fr. 39.–
Nichtmitglieder Fr. 188.–
Moderation
Stephan Klapproth
Anmeldung
www.gastrotrendday.ch
oder Tel. 041 418 22 22
Die Platzzahl ist beschränkt, eine frühe Anmeldung wird empfohlen.