TEST Schlafen in Kuhmilch

Es gibt einen Überschuss an Milch. Allein in Deutschland werden jährlich 20 Millionen Liter ungenützt weggeschüttet. Q-Milk, ein junges Unternehmen aus Hannover, hat eine unkonventionelle Lösung für das Problem.

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«Milch hat über 200 Inhaltsstoffe und ist sehr vielseitig verwendbar», schwärmt Anke Domaske. Sie ist Mikrobiologin, Modedesignerin sowie Gründerin und Geschäftsführerin der Firma Q-Milk. «Wir sind noch eine junge, im Aufbau begriffene Firma.» Dennoch hat Q-Milk bereits ein paar innovative Produkte am Start. Darunter Granulate und Fasern auf Milchbasis, aus denen sich die verschiedensten Produkte für den täglichen Bedarf herstellen lassen. Von Verpackungsmaterial über Gefässe bis hin zu Beautyprodukten und Kleidern aus Milchfasern. Auch Bett- und Frottéewäsche aus Milch soll ab 2017 auf den Markt kommen.

Bereits in den 1930er-Jahren wurde daran experimentiert aus dem Milchprotein Kasein Textilien herzustellen. Allerdings war die Produktion damals sehr aufwändig und ein gutes Ergebnis konnte nur durch Beifügen schädlicher Chemikalien erzielt werden. Wie bei vielem, was in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts angedacht wurde, fehlten noch die richtigen Technologien, um die Ideen realisieren zu können.

Heute ist die Technologie grundsätzlich vorhanden. Allerdings muss sie noch angepasst und weiterentwickelt werden, so dass Stoffe aus Milch ökologisch und ökonomisch hergestellt werden können. Daran arbeiten Anke Domaske und ihr Team seit fünf Jahren.

Die Idee, heute Milch für die Herstellung von Textilfasern heranzuziehen, wurde aus der Not geboren. Anke Domaske hatte mit drei Freundinnen zusammen ein kleines Modelabel. Als ihr Stiefvater schwer erkrankte und eine Textilallergie entwickelte, machte sich das Kleeblatt auf die Suche nach für Allergiker geeigneten Stoffen.

Vier Freundinnen, ein Mixer und eine Vision

Weil sie nicht fündig wurden, begannen sie, die Milchfaser-Idee mit zeitgemässen Methoden weiterzuverfolgen. «Angefangen haben wir in einer kleinen Küche. Das nötige Equipment für ein einfaches Labor haben wir für 200 Euro im Supermarkt gekauft», erinnert sich die Jungunternehmerin. Ihre erste Anschaffung fürs Labor waren ein Mixer und ein Küchenthermometer. Inzwischen beschäftigt die Q-Milk GmbH 20 Personen. Darunter auch die drei Freundinnen aus den Anfangstagen.

Milchfaser-Textilien verbinden die Vorteile von Seide und Wolle. Die Stoffe sind weich fliessend. Sie sind leicht glänzend und angenehm zu tragen wie Seide und temperaturregulierend wie Wolle. Zudem sind sie antibakteriell, extrem saugfähig und schwer entflammbar. Das macht Stoffe aus Milch zu idealen Textilien fürs Gastgewerbe. Sei es für Berufsbekleidung, Küchen- und Reinigungstücher oder für Bett- und Badwäsche. Einen Haken gibt es bei der Sache aber noch. Die Milchfasern können nur mit maximal 60 Grad warmem Wasser gewaschen werden. «Das Interesse an Kochwäsche – gerade aus dem Heim- und Spitalbereich – ist gross. Wir werden daher weiterforschen, damit Milchfasern schon bald auch eine Kochwäsche gut überstehen», kündigt Anke Domaske an.

Wasser sparen – Wäsche essen

Bettwäsche aus Milchfasern kann zurzeit 50 Waschgänge problemlos überstehen. Für den Privathaushalt ist das ausreichend. Für den Gebrauch im Hotel ist die Bettwäsche noch zu wenig strapazierfähig. Trotzdem habe ein Schweizer Bettwarenhersteller bereits sein Interesse angekündigt. Denn die Milchfaser eignet sich wegen ihrer Saugfähigkeit und temperaturausgleichenden Fähigkeiten perfekt als Füllung für Kopfkissen und Duvets. Erste Produkte im Heimtextilienbereich sollen ab 2017 in den Handel kommen.

Die kann man zwar noch nicht heiss waschen, aber dafür sind sie kompostierbar und können sogar gegessen werden. «All unsere Produkte sind essbar – auch die Kosmetika. Das darf ich bei jeder Produktepräsentation beweisen», schmunzelt die Mikrobiologin. Sie hat von Granulat bis Handcreme schon alles verköstigt. Da die Milchfaser von Natur aus cremigweiss und geschmacksneutral ist, kann man sie je nach Lust und Laune einfärben oder mit einem Aroma versehen. Anke Domaske sagt halb ernst, halb scherzend: «Ich könnte mir vorstellen, Textilien mit Geschmack anzubieten. Vanille, Schokolade, Erdbeere – die Möglichkeiten sind grenzenlos. Wasser sparen würde man auch. Statt sie zu waschen könnte man die Wäsche einfach essen.»

(Riccarda Frei)


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