«Die ‹Ja, gerne›-Mentalität will ich durchziehen»

Restaurants und Kinos mitten in Zürich, doch Commercio-CEO Nicolas von Graffenried ist kein Mann der lauten Worte. Der Berner über Werte, Chancen und die Zukunft.

«Ich bin kein Bürotäter.» Nicolas von Graffenried, CEO Commercio-Gruppe. (ZVG)

HGZ: Nicolas von Graffenried, die Commercio-Gruppe besitzt in der Zürcher Innenstadt Betriebe an bester Lage, doch von Ihnen als CEO hört und liest man kaum je. Sind Sie eine graue Maus?

Nicolas von graffenried: Nein, aber bei mir geht es um die Sache und nicht um die Person. So hielt das schon mein Onkel Charles von Graffenried und mir entspricht diese Idee. Andere empfinden mich vielleicht als steif.

Heute stellen alle ständig Fotos von sich und Erlebnissen ins Netz. Befürchten Sie nicht, den Wandel der Zeit zu verpassen?

Es ist mir sehr wichtig, mit der Zeit zu gehen. Ich hinterfrage mich auch ständig. Ich bin aber überzeugt, dass das Erfolgsgeheimnis der Commercio-Gruppe eben genau ihre eigenen Werte sind.

Nämlich?

Wir wollen nicht als Kette wahrgenommen werden, sondern als ein paar Betriebe, die ausnahmslos an einigen der schönsten Plätze Zürichs stehen. Wir gelten in der Gastroszene als sehr ehrlich, korrekt und seriös. Das ist viel wert. Kein Betrieb läuft quersubventioniert.

Anderseits sind Sie ein Zünfter. Die gelten im Volksmund nicht als zurückhaltend.

Die Zunft zur Zimmerleuten ist eine traditionelle. Vielleicht entspricht sie deshalb nicht dem Klischee. Ich bin auch nicht fürs Business in der Zunft, sondern habe da längst richtig gute Freunde.

Weshalb sind Sie Gastronom?

Ich habe mich mit 13 Jahren für die Hotellerie und Gastronomie entschieden und dies nie bereut. Ich bin froh, das Handwerk von der Pike auf gelernt zu haben. Ich kann in allen Bereichen meines Berufes als Beispiel vorausgehen.

Ihre Devise lautet «Geht nicht – gibt’s nicht». Wo ist da die Grenze?

Das geht bei mir sehr weit. Ich will die «Ja, gerne»-Mentalität durchziehen. Natürlich geht die nicht unter die Gürtellinie. Aber ich kann mich erinnern, als wir eines Nachts an meinem damaligen Arbeitsort in Gstaad den Hund eines Gastes ins nächste Spital geflogen haben, weil er sich nicht wohl fühlte. Geht nicht – gibt’s nicht.

Mit den Arthouse-Kinos besitzt die Commercio-Gruppe Kinosäle neben den Restaurants. Schaffen Sie Synergien?

Das ist die Herausforderung, aber auch eine grosse Chance. Wer ins Kino geht, will vorher oder nachher was essen. Bei uns lässt sich das schön kombinieren. Mit einer Arthouse-Kinokarte konsumieren in allen Commercio-Restaurants bis zu vier Gästen mit zehn Prozent Rabatt.

Kennen Sie all Ihre Mitarbeiter?

Ja, es sind rund 160. Von diesen kenne ich siebzig Prozent mit Namen. Ich bin kein Bürotäter, ich bin viel draussen auf dem Feld. Dank kurzer Wege zwischen den Betrieben bin ich immer wieder an allen Standorten.

Woher erhalten Sie das meiste Feedback?

Von unseren Gästen in erster Linie. Zudem liessen wir vor Kurzem eine Mystery-Studie machen, weil wir von unseren Gästen zu wenig Kommentare bekommen.

Und?

Der verdeckte Tester hat uns komplett zerpflückt. Genauso, wie wir uns das gewünscht hatten. Jeder Mitarbeiter hat persönliche Notizen erhalten. Wir wissen alle, was es zu tun gilt.

Was wollen Sie beruflich noch erreichen?

2019 kommt unser neues Café in der Europaallee. Zudem könnte sich in den nächsten Monaten noch ein weiterer Betrieb dazu- gesellen.

Sie sind 58-jährig. Wie lange bleiben Sie noch CEO?

Ich gebe mir noch sieben Jahre (lacht). Ab sechzig lasse ich den Radar schweifen. Mein Sohn studiert Betriebswirtschaft. Wenn er übernehmen will, darf er. Er muss aber nicht. Ich werde aber mit achtzig nicht mehr am Arbeiten sein. Dafür liebe ich die Natur zu sehr.

 

Zur Person

Nicolas von Graffenried hat die Hotelfachschule Lausanne absolviert. Seit 1998 ist er CEO der Commercio-Gruppe (u. a. Arthouse-Kinos, Restaurants Commihalle, Mère Catherine, Commercio, Collana, Bistro Park Stadelhofen). Daneben begeistert er sich für Architektur: «Wie aus einer Idee im Kopf ein Haus werden kann, fasziniert mich.» Er arbeitet täglich von 8 bis 20 Uhr, der Sonntag ist ihm heilig.