Mit gutem Beispiel voran

Um Schadstoffe zu reduzieren, wollen 19 Organisationen die Zahl der Rinder, Schweine und Hühner in der Schweiz senken. Das passt zu den Good Food Cities, die den Fleischkonsum regulieren wollen.

Los Angeles gehört zu den Städten, die bei den Good Food Cities mitmachen und den Fleisch-
konsum in Kantinen reduzieren wollen. (Keystone)

Auf einem Gipfeltreffen des Netzwerks C40 Cities Climate Leadership Group in Kopenhagen vergangenen Herbst haben die Bürgermeister von vierzehn Weltstädten – von Seoul über Lima bis Paris – einen wegweisenden Entscheid getroffen. Sie haben sich dazu verpflichtet, ihre Ernährungspolitik an den Zielen zum Klimaschutz und der Biodiversität auszurichten. Sie wollen sich bis 2030 auf eine Ernährung ausrichten, die im Wesentlichen weniger tierische Produkte beinhaltet. «Diese ‹Good Food Cities› verpflichten sich, in zehn Jahren den Konsum von Fleisch in öffentlichen Kantinen und bei der öffentlichen Beschaffung auf 300 Gramm Fleisch pro Person und Woche zu reduzieren», sagt Philippe Schenkel von Greenpeace Schweiz.

Gibt es in der Schweiz zu viele Nutztiere? 

Greenpeace Schweiz stellte 2018 fest, dass Schweizer Städte das Thema Ernährung in puncto Nachhaltigkeit nicht ausreichend berücksichtigen. «Angesichts der vielen öffentlichen Einrichtungen, die von den Städten betrieben werden, können sie eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung 
einer vielversprechenden Klimapolitik spielen», so Schenkel. 

Einen ersten Anstoss gab Anfang Jahr die Agrarallianz. Sie stellte in einer Mitteilung fest, dass in der Schweiz fast doppelt so viele Nutztiere wie Menschen leben. Rund 16 Millionen sind es, davon 11,5 Millionen Hühner, 1,5 Millionen Schweine und ebenso viele Rinder. Noch vor 20 Jahren war der Bestand mit 11 Millionen kleiner. Diese Tatsache ist den 19 Organisationen, die sich der Agrarallianz angeschlossen haben, ein Dorn im Auge. Dazu gehören Institutionen wie Slow Food Schweiz oder Pro Specie Rara. «Fortschritte bei der Biodiversität, bei den Nährstoffüberschüssen oder beim Ammoniak sind nur möglich, wenn die Tierbestände abnehmen», sagt Christof Dietler von der Agrarallianz. Dies gelte insbesondere für die Ost- und die Zentralschweiz, die agrarökologisch als Problemgebiete bekannt seien.  

Bauernpräsident Markus Ritter ist da anderer Meinung: «Bei gleichbleibendem Konsum führt das nur zu mehr Importen von tierischen Lebensmitteln.» Schon heute betrage der Selbstversorgungsgrad in der Schweiz mit Lebensmitteln bloss 60 Prozent. Die Tierzahl, so Ritter, liege im grünen Bereich. 

Eine ähnliche Meinung vertritt der Lebensmittelhändler Christian Jörg. In einem Interview, das in mehreren Schweizer Tageszeitungen erschienen ist, sagt er: «Trotz Vegi-Trend steht die Menschheit vor einem Fleischboom.» Seiner Ansicht nach sei die globale Landwirtschaft aber trotz Klimaerwärmung und Landverlust fähig, neun Millionen Menschen zu sättigen. Und das, weil die Bauern dazulernen und der Kampf gegen Food Waste immer mehr an Fahrt gewinnen würde.

(Ruth Marending)