Tiktok: überbewertet oder unterschätzt?

Die Video-Plattform Tiktok mausert sich langsam zum Marketinginstrument. Spannend – für grössere Firmen.

Laut Dominic Stöcklin möchte Schweiz Tourismus mit Tiktok lernen, wie Storytelling mit hochformatigen, kurzen Videos am besten funktioniert. (ZVG)

Vor ein paar Wochen machte Schweiz Tourismus auf den «vielleicht tollsten Job der Welt» aufmerksam. Bei diesem Job handelte es sich um eine Anstellung als professionelle Tiktokerin beziehungsweise um die Anstellung als professioneller Tiktoker. Damit möchte Schweiz Tourismus vor allem die junge Generation ansprechen. «Also quasi die Gäste von morgen», sagt Dominic Stöcklin, Leiter Social Media bei Schweiz Tourismus. Ein weiterer Punkt, der bei Schweiz Tourismus für die Verwendung der chinesischen Video-App Tiktok gesprochen haben dürfte, ist die mögliche internationale Reichweite. 

App erlebt Generationenwechsel

2018 war Tiktok laut der amerikanischen Medienagentur Ad Age die am meisten heruntergeladene App weltweit. Mittlerweile zählt Tiktok gut 800 Millionen Nutzende, wobei 500 davon aus China stammen. Die meisten Nutzerinnen und Nutzer sind laut Ad Age zwischen 16 und 24 Jahre jung. 

Laut Thomas Hutter von der Marketingagentur Hutter Consult zeigten die Zahlen jedoch auch, dass Tiktok mittlerweile selbst bei Menschen über 24 Jahre schnell wachse. «Entsprechend ist Tiktok für verschiedene Marketingaspekte spannend – von der Personalrekrutierung im Bereich der Lernenden über Branding und Awareness bis hin zum Verkauf», sagt Thomas Hutter. 

Möglichkeiten im Gastrobereich

Ähnlich sieht dies auch Daniel Koss von der Influencer-Marketingagentur Yxterix. Er räumt jedoch ein, dass Tiktok zu Werbezwecken eher für grössere Betriebe interessant sein dürfte: «Tiktok lohnt sich für Schweizer Hotellerie-Brands im Luxussegment, die einen relevanten Teil der Gäste im Ausland haben. Bei kleineren Betrieben hingegen würde ich mir gut überlegen, ob ich auf Tiktok setze.» 

Grund dafür sei beispielsweise das Geotargeting: «Ich kann meine Beiträge nicht nur im Umkreis von sagen wir zwanzig Kilometern senden. Via Ads geht das problemlos. Diese spezifische Option gibt es für den Schweizer Markt aber noch nicht. Und wer reist schon vier Stunden an, um zu Abend zu essen?» Komme hinzu, dass es für Tiktok wie bei anderen Kanälen auch genügend Ressourcen für eine zielgerichtete Bewirtschaftung brauche. Diese Ressourcen fehlten jedoch häufig bei kleineren Betrieben. Entscheide man sich dennoch für Tiktok, solle man die Bewirtschaftung auf zwei, drei Personen aufteilen. Daniel Koss erläutert: «So kann man es abwechslungsreicher gestalten und macht sich zudem nicht von einzelnen Personen abhängig, sollten diese die Firma verlassen.»  

(Désirée Klarer)


Tiktok

Die Video-Plattform wurde 2016 von der Firma Bytedance gegründet. Sie funktioniert ähnlich wie Instagram, nur dass anstelle der Bilder selbstgedrehte, kurze Videos hochgeladen werden. Diese können mit Musik von bekannten Songs oder Filmszenen unterlegt werden. Die Videos sind meistens auf eine Länge von 10 Sekunden limitiert.