«Unser Modell braucht Vertrauen und Demut»

Seit vier Jahren wird die Firma Hug von einer Co-Geschäftsleitung geführt. Ein Modell, welches viele Vorteile mit sich bringt.

Anna Hug und Marianne Wüthrich Gross, Sie stehen gemeinsam an der Spitze der Hug AG. Wie kam es dazu?
Anna Hug: Die Idee wurde eigentlich aus der Not geboren. Als Mitglied der fünften Generation der Hug-Familie wollte ich mehr Verantwortung übernehmen, aber gleichzeitig genug Zeit für meine Familie haben. So übernahm ich gemeinsam mit meinem Onkel Andreas Hug im Jahr 2020 die Co-Geschäftsleitung, und seit 2022 ist Marianne an meiner Seite.

Marianne Wüthrich: Für mich ist es natürlich eine grosse Ehre, als Nicht-Familienmitglied an der Spitze dieses Unternehmens zu stehen. Unser Beispiel zeigt, dass eine Co-Leitung funktioniert – mittlerweile erhalten wir regelmässig Anfragen von Unternehmen, die nach unseren Erfahrungen und Tipps fragen.


«Ego-Tiere sind in einer Co-Leitung fehl am Platz.»


Gab es innerhalb des Unternehmens Skepsis gegenüber dem neuen Modell?

Anna Hug: Vielleicht gab es die anfänglich, mittlerweile ist sie aber verflogen. Ein Vorteil ist sicher, dass wir unsere Zuständigkeiten aufgeteilt haben: Ich kümmere mich um Märkte und Personal, Marianne um Operations und Produktion. So wissen alle, an wen sie sich wenden müssen.

Marianne Wüthrich: Ein Vorteil der Co-Leitung ist, dass wir uns gegenseitig beraten können. Es ist sehr bereichernd, gewisse Dinge zu zweit besprechen zu können. Man hat immer einen Sparring-Partner.

Welche Vorteile gibt es noch?
Anna Hug: Ich bin überzeugt, dass wir bessere Entscheidungen fällen, da wir verschiedene Perspektiven einbringen. Und das Ausfallrisiko für den Betrieb ist kleiner, da immer jemand da ist, der übernehmen kann.

Und was sind die Nachteile der Co-Leitung?
Marianne Wüthrich: Dadurch, dass Entscheide nicht alleine getroffen werden, muss man natürlich auch ab und zu zurückstecken. Zudem stellt sich die Frage der Effizienz: Wir arbeiten derzeit beide 70 Prozent. Ziel ist, unser Pensum auf je 60 Prozent zu reduzieren. Aber auch das ist natürlich mehr als eine 100-Prozent-Stelle.

Was braucht es, damit eine Co-Leitung funktioniert?
Marianne Wüthrich: Es braucht auf jeden Fall ein gutes Grundvertrauen in die andere Person. Anna und ich kennen uns schon seit vielen Jahren, das ist sicher ein Vorteil. Man muss zudem herausfinden, wie man sich am besten regelmässig austauscht.

Anna hug: Wir haben zum Beispiel alle zwei Wochen einen Jour fixe, der uns sehr wichtig ist. Wenn möglich tauschen wir uns zudem jede Woche kurz über das Wichtigste aus – das erspart uns viele Telefonate. Was es ebenfalls braucht: Demut. Mit Ego-Tieren, die alles alleine entscheiden wollen, funktioniert eine Co-Leitung natürlich nicht. Kritik- und Kompromissfähigkeit sind ein absolutes Muss.


«Co-Leitungen können helfen, mehr Frauen in Führungsetagen zu bringen.»


Und was passiert, wenn Sie sich einmal nicht einig sind?
Anna Hug: Dann hilft nur eines: Reden, reden und nochmals reden. Bei uns ist zum Beispiel das Thema Nachhaltigkeit sehr wichtig, aber auch komplex: Was ist möglich, was können wir uns leisten? Hier gilt es, gemeinsam einen Konsens zu finden.

Marianne Wüthrich: Manchmal dauert das eine Weile. Aber es gibt immer eine Lösung, mit der wir beide leben können.

Anna Hug und Marianne Wüthrich Gross führen die Hug AG gemeinsam. (zvg)

Glauben Sie, Co-Führungen sind das Modell der Zukunft?
Anna Hug: Der Trend geht sicher in diese Richtung. Viele grosse Schweizer Firmen haben heute eine Co-Führung oder beschäftigen sich mit der Möglichkeit.

Marianne Wüthrich: Teilzeitmodelle haben auf jeden Fall Zukunft. Die junge Generation hat andere Ansprüche, was die Vereinbarkeit von Beruf und Persönlichem angeht.

Anna Hug: Teilzeitmodelle sind zudem unerlässlich, um Frauen stärker in Führungsetagen einzubinden. Auf CEO-Stufe sind immer noch mehrheitlich Männer tätig. Unser Beispiel zeigt, dass es auch anders geht.

Als Familienunternehmen legen Sie grossen Wert auf Langfristigkeit. Wo sehen Sie Hug in fünfzig Jahren?
Anna Hug: Wir werden immer im Bereich Gebäck tätig sein – aber noch nachhaltiger und digitaler. Ich sehe ein modernes Unternehmen, das am Puls der Zeit bleibt und eine gute Arbeitgeberin ist.

Marianne Wüthrich: Genau. Wir wollen flexibel sein und auf neue Entwicklungen stets rechtzeitig reagieren. Ausserdem wollen wir Freude an dem haben, was wir tun, und auch immer wieder Neues wagen.

(Angela Hüppi)


Über die Hug-Familie

Die Hug AG beschäftigt an den Standorten Malters/LU und Willisau/LU rund 440 Mitarbeitende. Mit den vier Marken Hug, Wernli, Darvida und Hug Food Service bietet das Unternehmen eine breite Produkt­palette an. Neben den Retail-Produkten wie Guetzli und Darvida führt Hug ein umfangreiches Gastronomie-Sortiment mit hochwertigen Backwaren wie zum Beispiel den Hug-Tartelettes.


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hug-familie.ch