Ausbildung gut, Image gut

Der Ruf der Gastroberufe sei schlecht, sagen viele. Der Lehrlingsbarometer der Hotel & Gastro Union zeigt nun, dass die Lernenden dies anders beurteilen. Trotzdem wollen viele weg.

  • (Grafik Solange Ehrler)
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  • (Grafik Solange Ehrler)

Das Positive vorneweg: Die grosse Mehrheit der Lernenden in der Gastronomie äussert sich positiv über die Lehre. Sie betrachten die Qualifikation ihres Lehrmeisters als gut. Der Betrieb nimmt sich genügend Zeit für die Ausbildung, und das zwischenmenschliche Klima ist in der Regel  gut. Auch das Image der Branche beurteilen die Lehrlinge positiv. Nur 14 Prozent sagen, das Ansehen sei ungenügend oder schlecht. Ebenso erfreulich ist die grosse Zahl der teilnehmenden Lernenden. Über 4000 ausgefüllte Fragebogen hat die Hotel & Gastro Union erhalten – die Hälfte aller Lernenden hat somit geantwortet. Die Ergebnisse sind dementsprechend aussagekräftig und stichhaltig. Alles paletti also? Nicht ganz. Denn auf die Frage, ob sie in der Branche arbeiten wollen, gibt nur rund die Hälfte an, dass sie selbstverständlich oder vermutlich in der Branche bleibt.

Fehlende Fachkräfte

In der Gastrobranche gibt es zu wenig Fachkräfte. Einer der Gründe: Die Hälfte aller Lernenden verlässt die Branche. Experten halten dies für verheerend. «Das ist eine Investition ohne Return», sagt dazu Max Züst, Direktor der Hotel & Gastro formation. Also eine Investition ohne Nutzen. Die Branche bildet Lehrlinge aus und wenn sie gut ausgebildet sind, springen sie in andere Sektoren ab.

Die Gründe dafür sind laut dem Ökonom Rudolf Strahm der tiefe Lohn und die Arbeitsbedingungen. Dem kann sich Stefan Unternährer, stellvertretender Geschäftsleiter der Hotel & Gastro Union, nur anschliessen. Unternährer leitet die Verhandlungen zum Landes-Gesamtarbeitsvertrag (L-GAV) auf Seiten der Mitarbeiterorganisationen. «Wenn die Löhne in der Gastro- und der Bäckerbranche gegenüber anderen Branchen zu tief sind, ist das mit ein Grund, dass die guten Mitarbeitenden eine andere Arbeit suchen. Wir setzen uns deshalb für marktgerechte Löhne ein, damit uns die Fachkräfte erhalten bleiben. Das bringt die ganze Hotellerie und Gastronomie weiter.»

Jugendliche wollen ins Ausland

«In kaum einer anderen Branche gibt es die Möglichkeit, überall im Ausland zu arbeiten», sagt Luc Liebster. Er hat gerade seine Kochlehre abgeschlossen und kandidiert für die Swiss Skills. Dort hofft er auf den Sieg. Danach beabsichtigt er, ins Ausland zu gehen. Das will auch die Mehrheit der befragten Lernenden. Zwei von drei möchten im Ausland Berufserfahrungen sammeln. Bei den Kaufmännern/-frauen (Réception, Büro) ist der Wert mit 90 Prozent sogar noch höher. Der Kochverband hat deshalb ein Ambassadoren-Modell entwickelt, um den Jungen bei der Jobsuche im Ausland zu helfen. Aktuell gibt es weltweit 27 Ambassadoren. Mitglieder der Union können sich an den Kochverband wenden, er vermittelt die Adressen.

Lernende sind offen für eine Weiterbildung

Neben dem Arbeiten im Ausland beabsichtigt jeder dritte Lernende, später die Berufsprüfung abzulegen. Weitere 50 Prozent sind nicht abgeneigt, dies zu tun. Das freut Urs Masshardt, Geschäftsleiter und Bildungsverantwortlicher der Hotel & Gastro Union: «Wir setzen uns dafür ein, dass mehr Junge die Berufsprüfung absolvieren. Denn uns ist es wichtig, dass die fachliche Qualifikation der Ausbildner besser wird.» Ein Grund für diese hohe Weiterbildungsmotivation ist bestimmt bei den Kosten zu finden. In vielen Berufen sind Weiterbildungen für die Studenten sehr kostenintensiv. In der Gastronomie werden diese Kosten grossmehrheitlich durch den L-GAV übernommen. Deshalb sind Weiterbildungen attraktiv. Masshardt: «Das ist den Mitgliedern der Hotel & Gastro Union zu verdanken. Ohne sie wäre die Berufsprüfung viel teurer.»

(Mario Gsell)


Zahlen und Fakten

70 % der Lernenden möchten gerne mal im Ausland arbeiten.

Die grosse Mehrheit ist mit der Ausbildung und dem Arbeitsklima zufrieden.

4000 Lernende haben an der Umfrage teilgenommen.Die Umfrage wurde vom Forschungsinstitut gfk ausgewertet.

Nur die Hälfte aller Lernenden will nach der Lehre in der Branche bleiben.

26 % der Bäcker planen, eine Berufsprüfung zu machen (in der Gastronomie sind es 36 Prozent).

Frauen beurteilen ihre Ausbildung kritischer als Männer. Bei der Frage nach der Qualifikation des Lehrmeisters geben die Männer eine Durchschnittsnote von 5,1 und die Frauen von 4,8 an.

Zwei Drittel der Umfrage-Teilnehmenden sind weiblich.

59 % all jener, die eine Zusatzausbildung gemacht haben, wollen «selbstverständlich» in der Branche bleiben. Von allen Lernenden sind es nur 35 Prozent.


Arbeiten im Ausland? Der Schweizer Kochverband hilft!

Ambassadoren

Wer im Ausland arbeiten will und Mitglied der Hotel & Gastro Union ist, kann sich an den Schweizer Kochverband wenden. Er vermittelt Adressen. Mehr Infos dazu: <link http: www.ambassadoren.ch>www.ambassadoren.ch