«Entdecken wir gemeinsam längst vergessene Geschmäcke und Aromen»

Die Stiftung ProSpecieRara und Tobias Zihlmann suchen für das Projekt Raronautik Menschen, welche die gastronomischen Schätze alter Gemüsesorten und Tierrassen erhalten möchten. Machen Sie mit!

  • Randen aus dem Pro-Specie-Rara-Sortiment und die alte Tessiner Karotten-
    Sorte Gniff stehen im Fokus der ersten Raronautik-Events in diesem Herbst. (ZVG)
  • Spitzenkoch Tobias Zihlmann: «Alte Sorten sind inspirierend für die Küche.» (ZVG)

HGZ: Tobias Zihlmann, der Begriff Raronaut klingt verheissungsvoll. In ihm steckt das Wort rar, also selten. Und er erinnert ein wenig an Astronaut. Was genau ist ein Raronaut?

Tobias Zihlmann: Ein Raronaut ist ein genussaffiner Mensch, der auf der Suche nach neuen Geschmäcken, Farben, Formen und Texturen die Vielfalt unserer heimischen Lebensmittel erkunden will. Dabei stösst er zwangsläufig auf rare Sorten und Arten, die es zu erhalten gilt.

Sie hegen seit Langem eine Leidenschaft für diese Thematik. Kann man sagen, Sie sind der erste Raronaut?

Nein. Es gab hierzulande schon vor mir Köche, die sich stark mit diesen Themen auseinandergesetzt haben. Freddy Christandl, Albi von Felten, Stefan Wiesner,  Meret Bissegger, um nur einige zu nennen. Ich hoffe, dass ich durch meine Zusammenarbeit mit ProSpecieRara Köche für alte Sorten und Arten und für die Arbeit der Stiftung begeistern kann.

Nun suchen Sie mit ProSpecieRara möglichst viele neue, begeisterte Raronauten. Wen sprechen Sie genau an?

Menschen, jung und alt, die erkennen, dass eine grosse Biodiversität nicht nur essentiell für eine überlebensfähige Natur ist, sondern auch, dass die Vielfalt höchste Genussmomente in sich trägt. Ganz klar zielen wir aber mit diesem Projekt auf die Gastronomie, in der ich mich auskenne, auf gute Kontakte zählen darf und mich nach wie vor verankert fühle. Meiner Meinung nach kann niemand besser die speziellen Eigenschaften rarer Sorten und Arten erkennen, verstehen, damit umgehen und schlussendlich zu einem Moment der Freude und des Genusses machen als ein Koch.

Was genau ist das Ziel des neuen Projekts?

Wir möchten einerseits der Gas­tronomie und weiteren Interessierten die unglaubliche Vielfalt  mit dem Fokus auf den Geschmack vorstellen, diese gemeinsam entdecken und die wertvollen Inputs von Gastronomen und auch Laien abholen. Aber auch zeigen, wie reich der Tisch gedeckt ist und wie spannend, inspirierend und herausfordernd es sein kann, vergessene Geschmäcke wiederzuentdecken. Auf diese Weise fördern wir die Nutzung der seltenen Sorten und Rassen ganz konkret – und dies wiederum dient ihrer Erhaltung! Andererseits sollen neue Verarbeitungstipps entstehen, man entdeckt Charaktere in den Lebensmitteln, die bisher unbeachtet blieben. ProSpecieRara ihrerseits nutzt diese Erkenntnisse, um ihre Produkte für Gastronomen und deren Gäste schmackhafter zu machen.

Am Montag, 31. Oktober, findet das erste Raronautik-Treffen statt. Welches Produkt steht zunächst im Mittelpunkt?

Bei diesem ersten Event geht es um die Karottensorte Gniff. Eine alte lokale Sorte aus dem Tessin. Auffallend ist vor allem ihre Optik: violetter Rand, weisses Herz. Wir gehen aber tiefer in die Materie und setzen uns auch mit Aroma, Form, Konsistenz und anderen Aspekten auseinander.

Wie läuft der Tag in groben Zügen ab?

Der Event findet beim Saatgutbetrieb Sativa Rheinau statt, welcher Sorten biologisch-dynamisch züchtet und Saatgut vermehrt. Es gibt eine Feldbegehung mit Amadeus Zschunke (Geschäftsführer von Sativa). Dort erfährt man mehr über die Abläufe bei der Züchtung. ProSpecieRara stellt das Karottenprojekt vor. Danach werden verschiedene Anbaureihen der Sorte Gniff  gesichtet also begutachtet und degustiert. Dabei wird eruiert, welche Reihe den Wünschen der Gastronomen und Konsumenten am besten entspricht respektive, auf welche Selektionskriterien der Fokus gelegt werden soll. Diese Erkentnisse werden in der weiteren Projektarbeit berücksichtigt.

Um «Entdecken und Geniessen» geht es in der zweiten Veranstaltung am Montag, 14. November. Welches Gemüse nehmen Sie an diesem Tag unter die Lupe?

Im Fokus stehen Randen. Die deutsche Bezeichnung lässt vermuten, dass es nur eine rote Sorte gibt. Doch weit gefehlt. Gelbe, rot-weiss geringelte oder gar weisse Randen werden präsentiert. Natürlich werden rote Randen nicht fehlen, diese aber gleich in zwei Varianten. Wir beschäftigen uns mit den jeweiligen spezifischen Eigenschaften. Welche Sorte eignet sich wofür am besten? Wie gehe ich mit den jeweiligen Eigenschaften um? Wie bringe ich sie am besten zur Geltung? Wir liefern dabei Hinweise und arbeiten mit Experten auf den Gebieten der Fermentation, Essigherstellung, des Räucherns und Trocknens zusammen.

(Interview: Jörg Ruppelt)


Tobias Zihlmann (27)

Der gelernte Koch (u. a. im «Mesa», Zürich, und «Focus», Vitznau) gründete 2015 sein eigenes Unternehmen Diversitas. Dieses versteht sich als Bindeglied und Vermittler zwischen Produzenten und Köchen.Tobias Zihlmann leitet im Auftrag von «Salz & Pfeffer» die Gourmesse in Zürich, betreut das Raronautik-Projekt von ProSpecieRara und arbeitet an einem B2B-Webtool zur Vermarktung von Nischenprodukten.<link http: www.diversitas.ch>
www.diversitas.ch


Fakten zu ProSpecieRara

ProSpecieRara ist eine Schweizer Non-Profit-Stiftung. Sie wurde 1982 gegründet, um gefährdete Nutztierrassen und Kulturpflanzen vor dem Aussterben zu bewahren. Heute setzt sich die Stiftung für die Erhaltung von 1860 Obst- und 400 Beerensorten, 1300 Garten- und Ackerpflanzensorten, 300 Zierpflanzensorten und 32 Nutztierrassen ein. Dies passiert in Zusammenarbeit mit einem Netzwerk aus über 3500 Aktiven, also ehrenamtlich arbeitenden Tierzüchtern und Sorten-erhaltern. Über 10 000 Personen unterstützen die Stiftung als Gönnerinnen und Gönner finanziell.<link http: www.prospecierara.ch>
www.prospecierara.ch


Jetzt anmelden für die Raronautik-Expedition!

Infos & Anmeldung:

Tel. 061 545 99 11<link http: www.prospecierara.ch de projekte raronautik>
www.prospecierara.ch/de/projekte/raronautik
E-Mail: <link>info@prospecierara.ch


Achtung:

Die Teilnehmerzahl ist beschränkt.

Mission 1

«Sichten und verbessern»: Die fast vergessene Tessiner Karottensorte Gniff

Wann: 31. Oktober 2016
Wo: Sativa Rheinau AG, Klosterplatz 1, 8462 Rheinau
Leitung: ProSpecieRara
Teilnehmer: Köche, Sensoriker, Privatpersonen mit Flair für Kulinarik
Thema: Degustation zum Bestimmen der geschmacklichen Selektionsziele für die Karottensorte Gniff  

Mission 2

«Entdecken und experimentieren»: Die Vielfalt der Randen entdecken und kulinarisch ausreizen

Wann: 14. November 2016


Wo:

Restaurant Jakob, Hauptplatz 11, 8640 Rapperswil
Leitung: Tobias Zihlmann
Teilnehmer: Köche, Sensoriker
Thema: Experimentieren mit verschiedenen Randen, Erforschen von verschiedenen Verarbeitungs- und Zubereitungsmethoden