Foodblogger Harrys Ding: «Ich bin unbestechlich»

Harry Meier führt mit seiner Frau Carrie den einflussreichsten Foodblog Zürichs. 50'000 Besucher informieren sich bei «Harrys Ding» jeden Monat über Gastrobetriebe.

Beeinflussen die Zürcher Gastroszene: Carrie und Harry Meier. (Isabel Sacher)

HGZ: Harry Meier, Sie seien aus reinem Zufall Foodblogger geworden, schreiben Sie auf Ihrer Website. Weshalb sind Sie sechs Jahre später immer noch Blogger?

Harry Meier: Weil es so spannend ist. Heute darf jeder kommentieren. Die Epoche, in der nur ausgewiesene Experten ihre Meinung abgeben konnten, ist vorbei. Früher bewerteten Fachleute eine Sauce genau nach Schulbuch und nach der Tradition grosser Köche. Heute wird jeder Gast zum Kritiker. Während meine Frau eine Hotelmanagementschule absolviert hat, bin ich ursprünglich nicht vom Fach.

Manchen Gastronomen passt genau das gar nicht.

Richtig. Sie denken: «Was hast du denn schon für eine Ahnung? Du kannst doch meine Gerichte gar nicht beurteilen.» Dabei vergessen sie, dass sie nicht für ihr Wohlgefallen produzieren, sondern für jenes des Gastes.

Was ist Ihnen beim Restaurantbesuch wichtig?

Das Lokal soll hübsch, der Service freundlich und aufmerksam, das Essen lecker und der Preis nachvollziehbar sein. Und das Ganze soll in einem sinnvollen Konzept daherkommen. Diese Komponenten führen zum Resultat. So bilde ich mir meine Meinung.

Ihre Berichte sind meist sehr positiv. Entsprechen sie tatsächlich der Wahrheit?

Absolut. Unser Ziel ist es, die Leute zu inspirieren. Sie sollen Lust kriegen. Was wir bewusst vermeiden möchten, ist, den Leuten zu sagen: Geh hier nicht hin, geh da nicht hin. Wenn wir einen Ort weniger mögen, erscheint er nicht auf dem Blog. Wenn wir aber etwas zu bemängeln haben, schreiben wir das.

Wenn es schlecht war, dann schreiben Sie einfach nicht darüber. Ist das ehrlich?

Ja. Es ist unser Ziel, Appetit zu machen. Wir haben nicht vor, sämtliche Gastrobetriebe zu testen und jeden zu beschreiben. Wir gehen an Orte, die wir mögen und schreiben darüber, wenn es gut war – das erwarten unsere Leser.

Fragen Restaurants Sie für einen Besuch an?

Ja. Unser Besuch garantiert aber noch keinen Eintrag auf «Harrys Ding». Wir möchten unabhängig sein und bleiben.

Kam es schon vor, dass Sie so enttäuscht wurden, dass Sie von einem Bericht absahen?

Ja, einmal. Da mussten wir dem Chef erklären, dass wir derart unzufrieden waren, dass wir lieber nicht darüber schreiben. Das war bereits die zweite Chance für sein Lokal. Nachdem schon bei unserem ersten Besuch die Qualität ungenügend war, wurde auch das zweite Mal völlig verpatzt. Dann verzichteten wir auf einen Artikel. Schliesslich tragen wir eine Verantwortung gegenüber unseren Lesern, die uns vertrauen.

Wer bezahlt die Rechnung nach dem Essen?

Das Restaurant bezahlt die Rechnung bis zu einem im Voraus festgelegten Betrag. Wir haben einen Standardbetrag definiert, der für alle Restaurants gilt – ob Fine Dining oder Fast Food. Damit wollen wir verhindern, dass wir jedes Mal den Betrag mit dem Wirt neu aushandeln müssen. Bleibt die Rechnung unter dem Maximum, hat der Wirt einen geringeren finanziellen Aufwand. Ganz klar und indiskutabel: Wir nehmen von Gastronomen kein Geld an, wir sind unbestechlich.

Wie oft gehen Sie auswärts essen?

Jeden Tag. Teils sogar dreimal am Tag. Denn da gehören auch Cafés dazu oder Restaurants, in denen Carrie vom Licht her am Tag besser fotografieren kann.

Haben Sie nie genug vom Auswärtsessen?

Doch, der Donnerstag ist unser Abend. Da essen wir zuhause.

Werden Sie als Restauranttester bevorzugt behandelt?

Nein. Wir buchen unseren Tisch unter falschem Namen und unsere Gesichter kennt man noch nicht so. Und Fotos von den Gerichten machen heute ja viele Menschen.

Wie gross ist Ihr Einfluss?

Die Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Klar ist: Die Reichweite und das allgemeine Interesse an unserem Angebot sind hoch und es nimmt weiter zu. Daraus aber Einfluss abzuleiten, wäre zu undifferenziert. Aber man merkt schon, dass man etwas bewegen kann.

Wie denn?

Ich erzähle Ihnen eine lustige Geschichte: Wir lieben Matcha Latte, doch bis vor drei Monaten gab es den in Zürich in keinem Café. Da schickte uns eine Firma ein Matcha-Pulver zu. Wir legten es zur Seite, weil wir nicht glaubten, dass ein Schweizer Unternehmen guten Matcha hinkriegt. Irgendwann hat Carrie dann doch einen Matcha Latte damit gemacht und das Produkt war grossartig. Daraufhin ging sie mit Pulver und Schwingbesen in ein Café, liess sich einen Matcha Latte machen, fotografierte ihn hübsch und lud das Bild auf Instagram hoch. Die Reaktionen waren überwältigend. Alle wollten wissen, wo es den Matcha Latte gibt. Mittlerweile gibt es das Getränk in vier, fünf Cafés. Ist doch schön, wenn man so etwas bewirken kann.

(Interview Benny Epstein)


Zur Person

Bevor Harry Meier mit dem Bloggen begann, arbeitete er im Bereich Kommunikation. Zu Beginn fotografierte er noch selbst, allerdings mit mässigem Erfolg. Mittlerweile macht dies seine aus Singapur stammende Frau Carrie und brachte die Plattform so auf ein neues Level. Geld verdienen die beiden mit ihrem Blog nicht – sie sehen ihn aber als Schaukasten für potenzielle Auftraggeber im Bereich von Fotografie, Content Marketing und Social Media. Der Foodblog hingegen soll stets unabhängig bleiben.

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