Zum Zmittag ins Spital

Das Kantonsspital St. Gallen ist der grösste Verpflegungsbetrieb der Region und wohl auch einer der spannendsten. Ein Blick auf die Gastronomie am Standort St. Gallen.

  • Das Kantonsspital St. Gallen ist ein Culinarium-zertifizierter Betrieb. 60 Prozent der Produkte stammen von Bauernhöfen aus der Region und werden im Spital täglich frisch gerüstet. (Bilder Claudia Link)
  • Gepflegter Service, edle Weine: Restaurant und Cafeteria Vitamin.
  • Dolce vita und Italianità geniessen: «Al Terzo».
  • Die multifunktionale Take-away-Bar: «Pick up».
  • Ein Paradies für Vegetarier: Restaurant Seasons.

Wolfgang Pierer ist Leiter Gastronomie. In dieser Funktion zeichnet er für die Verpflegung an allen drei Standorten des Kantonsspitals St. Gallen verantwortlich. Dazu zählen die Spitäler in Flawil und Rorschach. Bald soll auch das Ostschweizer Kinderspital noch dazukommen.

Am Standort in der Kantonshauptstadt allein verpflegt das Kantonsspital St. Gallen täglich über 700 stationäre Patienten und 1500 der insgesamt 5500 Mitarbeitenden. Hinzu kommen die ambulanten Patienten, Besucherinnen und Besucher sowie externe Gäste, die sich auf dem Spi­talgelände verpflegen möchten. Zur Verfügung stehen ihnen zwei Restaurants, ein Take-away und eine italienische Kaffeebar. «Man mag es jetzt kaum glauben», sagt Wolfgang Pierer und lässt seinen Blick durch die noch leere Kaffeebar Al Terzo schweifen. «Aber in etwa 20 Minuten wird hier die Post abgehen.» Dann werde das Lokal voll sein mit Ärzten und Büroleuten, Pflegenden und Patienten. Sie werden für eine Kaffeelänge dem Dolcefarniente frönen und ein bisschen Italianità tanken, bevor der Ernst des Spitalalltags sie wieder einholt.

Hohe Qualität und abwechslungsreiche Konzepte

«Viele Gäste – medizinisches Personal wie Patienten – bestätigen uns immer wieder, wie wichtig es für sie ist, dem Spital-Groove ab und zu etwas zu entfliehen. Selbst wenn es nur für die Dauer einer Mittags- oder Kaffeepause ist», sagt Wolfgang Pierer. Dem Leiter Gastronomie ist es wichtig, seinen Gästen ein qualitativ hochstehendes, authentisches und alle Sinne ansprechendes Genusserlebnis zu bieten. Deshalb legt er grossen Wert auf die Qualität der Produkte, aber auch auf Faktoren wie die Haptik von Geschirr, Besteck und Servietten oder die Ambiance der Gastronomieräume. Wobei hier durch die Art und Grösse des Betriebes sowie die Anforderungen an Hygiene und praktische Arbeitsabläufe natürlich gewisse Grenzen gesetzt sind.

Trotzdem schaffen es Wolfgang Pierer und sein Team, jeder Gaststätte im Kantonsspital ein völlig eigenständiges Gesicht und Gefühl zu geben (siehe gegenüberliegende Seite). Ob elegantes Speisen an schön eingedeckten Tischen oder ein «Birchermüesli über d’Gass», in jedem Betriebskonzept der Gastronomie des Kantonsspitals St. Gallen gibt es mindestens etwas Einzigartiges. Sei es ein Produkt oder eine Dienstleistung. Wolfgang Pierer zählt ein paar Beispiele auf.

  • Im Durchgang zwischen dem «Seasons» und dem «Vitamin» steht der erste Orangensaft-Automat der Deutschschweiz, bei dem man den frisch gepressten Jus über einen Badge bezahlen kann.
  • Im Restaurant Seasons befindet sich der erste Starbucks-Self-Service Corner seiner Art in der Schweiz.
  • Glaces der Marke Sorbetto sind hier im Spital nur im «Seasons» erhältlich.
  • Für den Verkauf im «Pick up» wurden extra Nespressokaffeekapseln mit dem spitaleigenen «Café de St. Gall» entwickelt.

Catering und Küchengeheimnisse

Im Kantonsspital St. Gallen ist Kaffee ein wichtiges Thema. Nicht zuletzt, weil mit Christian Caprez ein versierter Kaffee-Spezialist als Leiter Restaurant und Anlässe im Einsatz ist. Von seinem Know-how rund um die gerösteten Bohnen profitieren auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 2000 Events, die in den Räumen des Kantonsspitals St. Gallen während eines Jahres stattfinden. «Wir machen das Catering für alle Anlässe auf dem Spitalareal. Dafür lehnen wir externe Catering­anfragen prinzipiell ab. Wir wollen keine Konkurrenz für die Gastrobetriebe sein», sagt Wolfgang Pierer. Als grösster Gastronomiebetrieb und -arbeitgeber im Kanton sei das Spital schon genug Wirten ein Dorn im Auge.

Insgesamt umfasst die Spitalgastronomie 200 Mitarbeitende. 90 davon sind Köche, darunter zwei Diätköche und sechs Lernende. Sie unterstehen Daniel Figliuolo, Leiter Küchenbetriebe.In «Küchengeheimnisse» verraten die St. Galler Spitalköche ihre 43 beliebtesten Rezepte – vom Gemüse-Quinoa-Topf bis zum Appenzeller Schweinsfilet an Säntis-Malt-Whisky-Sauce. Das Kochbuch ist im Take-away «Pick up» erhältlich.

(Riccarda Frei)


Die vier Konzepte

Dolce vita und Italianità geniessen

«Al Terzo»

Konzept: Klassische italienische Kaffeebar
Angebot: Erlesene Kaffeespezialitäten vom Barista zubereitet,Snacks und Pâtisserie
Standort: Eingangshalle 03 Süd

Eine sonnengelbe Wand auf der ­einen Seite des Raums, ein farbenfrohes Wandmosaik auf der anderen und dazwischen apfelgrüne Hocker. Kaffeeduft wabert durch den Raum, italienische Canzoni erklingen. Würde nicht der eine Gast an Krücken hereinhumpeln und stünde ein anderer nicht im Arztkittel an der Bar bei den Cimbali-Kaffeemaschinen, könnte man glatt vergessen, dass man sich im Spital befindet. Genau diesen Effekt möchte Wolfgang Pierer im «Al Terzo» erzielen. «Die Gäste sollen für einen Moment ganz ins italienische Lebensgefühl eintauchen.» Deshalb gibt es in diesem Lokal keine Menüs, sondern, wie in einer italienischen Kaffeebar üblich, Snacks und Süssigkeiten. Diese haben es aber in sich. So wird regelmässig ein Praliné entwickelt, das sensorisch genau zum Kaffee des Monats passt. Diesen Monat ist es ein Single Origin aus Ecuador mit dem klangvollen Namen Ecador Galapagos San Cristóbal 1. Das passende Praliné besteht aus weisser Schokolade, Vanille, Karamell, Rahm und feinstem Kakaopulver.

Gepflegter Service und edle Weine

Restaurant und Cafeteria Vitamin

Konzept: Selbstbedienung in der Cafeteria und Fine Dining im Restaurant
Angebot: Saisonale Tagesmenüs und Desserts sowie im Restaurant eine Auswahl erlesener Weine
Standort: Haus 03 B

Das «Vitamin» ist quasi das Hauptrestaurant im Kantonsspital St. Gallen. Es besteht aus der Cafeteria, dem grösseren Teil des Lokals, und dem durch Stellwände abgetrennten Restaurant. Dieses bietet unter dem Namen «Vitamin bleu» Platz für etwa 25 bis 30 Gäste. Geboten wird hier der klassische Service eines gehobenen Speiserestaurants. Stoffserviette, zuvorkommende Bedienung und gut assortierte Weinkarte inklusive. Aufgetischt werden saisonale Menüs, die zu mindestens 60 Prozent aus Zutaten aus der Region bestehen. «Die Gastronomie des Kantonsspitals St. Gallen ist mit drei Kronen von Culinarium zertifiziert. Hauptsächlich regionale Produkte zu verwenden, ist eine Grundvoraussetzung dafür», erklärt Wolfgang Pierer. Hohe Qualität ist dem Leiter Gastronomie sehr wichtig. Darum geht er diesbezüglich auch keine Kompromisse ein. «Lieber bieten wir etwas nicht an als in unbefriedigender Qualität.»

Die multifunktionale Take-away-Bar

«Pick up»

Konzept: Eine Kombination von Kiosk, Take-away und Blumen- und Geschenkboutique
Angebot: Sandwiches, Backwaren und Getränke, Zeitschriften und Bücher, Geschenkartikel, Blumen und spitaleigene Kaffeemischung für unterwegs oder für Zuhause
Standort: Haus 21

Sich rasch verpflegen oder noch kurz ein Mitbringsel kaufen – dazu ist das «Pick up» da. Es ist gleichzeitig ein Take-away, eine kleine Kaffeebar, ein Blumengeschäft, eine Geschenkboutique und ein Kiosk. Wie die anderen Gastronomiekonzepte im Kantonsspital St. Gallen wird auch im «Pick up» Wert auf Qualität und Einzigartigkeit gelegt. Der Kaffee beispielsweise ist eine spezielle Kreation. Sie wurde im Jahr 2015 exklusiv für das Kantonsspital St. Gallen kreiert und trägt den Namen «Café de St. Gall».

Als Renner im Bereich Food gilt das Birchermüesli. Während dieses in der Spitalküche hergestellt wird, stammen die Sandwiches von einer lokalen Bäckerei. «Wir brauchen täglich so viele belegte Brötchen, dass ihre Produktion unsere Kapazitäten übersteigt», sagt Wolfgang Pierer. Im «Pick up» selber hergestellt werden dafür die aussergewöhnlich kreativen Blumensträusse.

Ein Paradies für Vegetarier

Restaurant Seasons

Konzept: Selbstbedienungsrestaurant, von Fachleuten betreut
Angebot: Gesundheitsbewusste, saisonale, hauptsächlich vegetarische Speisen, erfrischende Wellness­getränke und frische Säfte
Standort: Haus 03 B

Bis 2017 das erste «Tibits» in St. Gallen eröffnet, ist das «Seasons» im Kantonsspital das Restaurant in der Stadt mit dem grössten vegetarischen Buffet. Gäste, Patienten und Spitalmitarbeitende bedienen sich an den ­kalten und warmen Buffets selber. Bezahlt wird nach Gewicht der  befüllten Keramikteller oder Take-away-Schälchen. «Fürs Bestücken der Buffets ist ganz bewusst ein Koch und keine Servicean­gestellte verantwortlich», sagt Wolfgang Pierer. Er begründet: «Der Koch kann bei Bedarf sofort fachkundig Auskunft über die Speisen und ihre Zusammensetzung ­geben. Das ist uns bei der steigenden Zahl an Gästen mit ­Lebensmittelunverträglichkeiten sehr wichtig.»

Obschon im «Seasons» die fleischlose Küche zelebriert wird, müssen Flexitarier nicht auf tierisches Eiweiss verzichten. Es gibt für sie ein kleines separates Buffet. Dort wird täglich eine andere Fleisch- oder Fischkomponente angeboten.