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Lehrabgänger wollen mehr Wertschätzung

Fast 2000 Lernende aus der Gastrobranche haben an der Umfrage der Hotel & Gastro Union teilgenommen. Erfreulich: Die meisten sind mit ihrer Lehre zufrieden. Und: Weniger als auch schon wollen die Branche verlassen.

  • Ergebnisse des Lehrlingsbarometers 2020 im Vergleich zur ersten Lernendenbefragung im Jahr 2004.

Die meisten Lernenden sind zufrieden mit ihrer Ausbildung. So geben 93 Prozent an, dass die Qualifikation des Ausbildners genügend bis sehr gut ist. Mit der Zeit, die sich der Lehrbetrieb für die Ausbildung nimmt, sind 86 Prozent zufrieden. Auch das Arbeitsklima beurteilen 87 Prozent als sehr gut bis genügend. Umgekehrt heisst es aber auch, dass 13 Prozent das Arbeitsklima als ungenügend beurteilen. Und gerade dieses ist ein wichtiger Punkt, ob jemand in der Branche bleibt oder nicht. Die Zahl jener, die in der Branche bleiben wollen, steigt. So gibt mehr als ein Drittel der Befragten an, selbstverständlich in der Branche zu bleiben. Letztes Jahr war es nur ein Viertel. Das sind gute Zeichen. Denn gute Fachkräfte werden in unserer Branche nach wie vor gesucht. Auch wenn kurzfristig, coronabedingt, die Nachfrage etwas abklingen wird. Doch wenn Restaurants und Hotels nicht reihenweise schliessen werden, bleibt der Fachkräftemangel mittelfristig bestehen. Deshalb ist es wichtig, dass man Lehrabgänger in der Branche halten kann. Bislang ist es so, dass vier Jahre nach der Lehre die Hälfte der Ausgebildeten der Branche den Rücken kehrt. Doch was ist nötig, damit sich das ändert? 

So würden Lernende in der Branche bleiben

Die Antworten der Umfrage zeigen es glasklar. Drei Sachen müssten sich ändern: An erster Stelle steht die Wertschätzung. Fast jeder Zweite findet, diese müsse sich verbessern. Für rund je einen Drittel müsste sich die Planbarkeit verbessern und die Löhne müssten steigen. Letzteres dürfte wegen der Corona-Krise zurzeit schwierig sein. Es gibt sogar Arbeitgeber, die fordern, dass die Löhne sinken sollten. Für Roger Lang, stellvertretender Leiter des  Rechtsdienstes der Hotel & Gastro Union und Teilnehmer bei den Lohnverhandlungen, ist das ein Unding. «Die Löhne sind heute schon nicht marktkonform. Deshalb verlassen ja viele die Branche.» Mittelfristig müssten die Löhne steigen, damit mehr Fachkräfte in der Branche bleiben. Doch Lohnerhöhungen durchzusetzen, sei immer schwierig. «Da müssten sich mehr Mitarbeitende bei uns organisieren». 

Die Lohnfrage ist also schwierig. Da bleiben noch die beiden anderen Punkte. Es liegt am Chef, wie das Arbeitsklima im Betrieb ist und ob die Mitarbeitenden Wertschätzung erfahren. Schon ein Lob zur richtigen Zeit kann Wunder wirken. Des Weiteren muss die Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit verbessert werden. In erster Linie müssen Arbeitspläne so lange wie möglich im Voraus erstellt werden. Gemäss dem Landes-Gesamtarbeitsvertrag (L-GAV) sind es mindestens zwei Wochen, bei Saisonbetrieben mindestens eine Woche. Aber hier liegt vieles im Argen, wie der Lehrlingsbarometer zeigt. So erhält jeder Zehnte überhaupt keinen Arbeitsplan und nur zwei Drittel der Befragten erhalten den Arbeitsplan immer oder fast immer rechtzeitig. Das lässt sich einfach verbessern. Auch gilt es, die Mitarbeitenden in die Planung einzubeziehen und auf ihre Situation Rücksicht zu nehmen. Junge arbeiten oft gerne am Abend und an Wochenenden, Familienväter verbringen das Wochenende und die Abende lieber mit der Familie. Grosse Wertschätzung nutzt allen.  So sagt Stefanie Federer vom Hotel Einstein in St. Gallen: «Wertschätzung erhöht die Motivation im Team und spornt die Mitarbeiter an, Höchstleistungen zu erbringen. Dies spiegelt sich auf Bewertungsplattformen und Gästefragebögen wieder. Zudem senkt es die Fluktuation, was wiederum die Rekrutierungskosten auf ein Minimum reduziert.»

(Mario Gsell)


Was ist der Lehrlingsbarometer?

Seit 2004 ermittelt die Hotel & Gastro Union, wie zufrieden die Lernenden der Hotel- und Gastrobranche mit ihrer Ausbildung sind. Es ist die einzige Umfrage zum Thema. Dieses Jahr haben fast 2000 Lernende teilgenommen. Ausgewertet hat die Umfrage das Forschungsinstitut Ipsos in Root. Die Umfrage ist repräsentativ. 


Stimmen aus der Branche

Was tun Sie für die Wertschätzung Ihrer Mitarbeitenden?

Stefanie Federer
Human Resources Manager Hotel Einstein, St. Gallen

Heutzutage kann man nicht mehr nur mit Lohn oder Arbeitszeiten trumpfen. Wertschätzung wird immer wichtiger. So profitieren unsere Mitarbeiter von Vergünstigungen wie Hotelübernachtungen, Fitness-Abo, Rabatten im «Einstein» und Partnerbetrieben. Wir feiern die Geburtstage und Weihnachten zusammen, bieten vergünstigt Mittag- und Abendessen an und verfügen über einen Tischtennistisch im Pausenraum. Unsere Wertschätzung beginnt beim Eintritt, bei dem es ein Onboarding mit Infos, Give-away, Führung und Kennenlernen gibt. Wir machen regelmässig Mitarbeitergespräche, in denen wir nicht beurteilen, sondern die Stärken und Chancen aufzeigen. Wir bieten Weiterbildungen von Computerkursen über Marketing bis zur Weinschulung an. Mitarbeitende dürfen während der Arbeitszeit an internen Schulungen teilnehmen, die sie persönlich interessieren. Unsere Lernenden dürfen im zweiten Lehrjahr einmal die Rolle als Gast übernehmen und so die andere Seite ihres Berufs kennenlernen. Zudem gibt es für sie jährlich einen Ausflug.


Patrick Hauser
Mitinhaber Hotel Schweizerhof, Luzern

Wir pflegen eine offene und transparente Kommunikation mit geeigneten Instrumenten. Wir verfügen über ein einzigartiges Lohnsystem, welches eine monatliche Beteiligung am Betriebserfolg gewährt. Unsere Mitarbeitenden profitieren von Vergünstigungen im Hotel und bei Partnern. Wir unterstützen Weiterbildungen grosszügig. Wir honorieren runde Geburtstage und Jubiläen und laden monatlich zu einem Nachtessen für alle Geburtstagskinder. Jede Abteilung drückt monatlich ihre Wertschätzung für eine besondere Leistung eines Mitarbeitenden des Hotels aus. Wir führen jährlich eine anonyme Mitarbeiterbefragung durch und informieren über die Resultate. In der aktuellen Corona-Krise bezahlen wir allen Mitarbeitenden, welche in Kurzarbeit sind, weiterhin 100 Prozent ihres Lohnes aus. Wir richten jährlich einen Alumni-Anlass mit ehemaligen Mitarbeitenden aus. Für unsere Lernenden führen wir zusätzlich beim Ausbildungsstart einen Apéro mit Eltern und Ausbildungsverantwortlichen und jährlich einen Tagesausflug durch.