Der Apfelschaumwein ist mit seiner Spritzigkeit und seinem tiefen Alkoholgehalt das Getränk für Frühling und Sommer.
Cidre kennt man aus Frankreich, konkret aus der Bretagne. Vor etwa 20 Jahren kam der Apfelschaumwein über den Kanton Freiburg in die Schweiz. Dort produzierte der Biologe Jacques Perritaz seinen ersten Cidre. Nun scheint das leicht alkoholhaltige Getränk in der gesamten Schweiz angekommen zu sein. Der Schweizer Obstverband und Agroscope haben Anfang April die besten Schweizer Fruchtsäfte und Cidre prämiert. 14 Cidre wurden eingereicht. Am meisten Punkte erzielte der Apfelschaumwein Hüttwiler Apple Dream der Mosterei Bussinger GmbH in Hüttwilen/TG. Sein Gesamteindruck eines trendigen, leicht süsslichen Cidre mit dezenter Apfelnote machte ihn zum Kategoriensieger. Im Gaumen überzeugte sein süsser Auftakt, seine Ausgewogenheit und Geschmeidigkeit die Jury. Er sei stark perlend und harmonisch im Abgang.
Der Familienbetrieb in dritter Generation hat vor drei Jahren seinen ersten Cidre mit dem Weinbauern Othmar Lampert hergestellt. Die Familie Bussinger liefert dafür den Rohsaft. Dies ist im Falle des Apfelcidre die Sorte Jazz und für den Birnencidre Wasserbirnen. Ihre Cidre sind teilvergoren, verfügen über 4,5 Volumenprozent Alkohol und entwickeln im Drucktank Kohlensäure. «Junge fühlen sich von Cidre angesprochen», stellte Cornelia Hänni-Bussinger von der Mosteria an Degustationen fest. Er sei unkompliziert und leicht. Als unkompliziert beschreibt auch Weinbauer Markus Ruch aus Neunkirch/TG Obstschaumweine. «Cidre sprechen viele Menschen an, die kein Bier trinken. Er wirkt mit seinem tiefen Alkoholgehalt belebend – super für Frühling und Sommer.» Er gründete 2019 mit Beni Oswald die Mosterei Oswald + Ruch und brachte ihre ersten 5000 Flaschen Cidre auf den Markt. Derzeit stehen von ihnen sechs verschiedene Cidre aus Äpfeln und Birnen in rund 19 000 Flaschen zum Verkauf.
Oswald + Ruchs Cidre stammen aus Äpfeln von alten, ungespritzten Hochstammbäumen, sind handgelesen und mit wilder Hefe nach der Méthode Ancestrale vergoren. Bei dieser Methode wird der noch nicht durchgegorene Most in Flaschen abgefüllt, wo er fertig vergärt und sich dabei mit natürlicher Kohlensäure anreichert. So entsteht ein leichter, verspielter Schaumwein. Ihr Cidre 2018 aus den Sorten Bohnapfel, Boskoop, Sauergrauech, Berner Rose und Blauacher wird von «Falstaff» als in der Nase aromatisch, mit Noten von Honig, Rose und reifem Apfel beschrieben. Am Gaumen dicht, geschmeidig, schönes Süsse-Säure-Spiel. Viel Honig, feine Perlage, langer Abgang mit Grip.
Markus Ruchs Ziel ist es, eine Kultur aufzubauen, bei der auf jeder Weinkarte Cidre vorkommen. «Wenn die Gastronomen mitmachen, schaffen wir das in 20 Jahren.» Auch Walter Zweifel, Delegierter des Verwaltungsrats von Zweifel 1898, liegt es am Herzen, Cidre in der Gastronomie zu verbreiten. Sein Bruder Urs Zweifel hat zum 120-jährigen Jubiläum ihres Familienbetriebs einen Apfelschaumwein herausgebracht. Nun überlegen sie sich, einen zweiten reinsortigen und alkoholfreien Cidre herzustellen. «Die Nachfrage nach Getränken mit einer Geschichte dahinter besteht», so Walter Zweifel.
(Sarah Sidler)