Melchsee-Frutt im Aufbruch

Ohne grossen Medienwirbel entsteht auf Melchsee-Frutt ein neues Resort. Wer dahinter steckt und was genau warum entsteht, zeigt ein Besuch vor Ort.

Melchsee-Frutt liegt auf einem Hochplateau auf 1920 Metern über Meer. (ZVG)

Das Gebäude der Frutt Lodge spaltet die Gemüter, seitdem der als grosser Klotz empfundene Hotelbau 2011 seine Tore öffnete. Doch das hält die Gäste nicht davon ab, hier zu übernachten. Die gute Auslastung von über 60 Prozent spricht dafür.

Erbaut wurde das Hotel von der Eberli Generalunternehmung anstelle des abgebrannten Kurhauses. «Toni Eberli und seinem Geschäftsführer Toni Bucher lag es aus privaten Gründen sehr am Herzen, dass der Tourismus auf Melchsee-Frutt wiederbelebt wird», weiss Thorsten Fink, der seit 2014 zusammen mit seiner Frau Melanie Gastgeber in der Frutt Lodge & Spa ist.

Ein Resort der anderen Art

Schon nach einem Jahr wechselte die Liegenschaft die Hand und ging an den chinesischen Investor Yunfeng Gao. Dem Unternehmer aus Shenzhen, Besitzer der Shenzhen Han’s Laser Technology Co., Ltd., gehören weitere Hotels in der Schweiz. In Engelberg lässt er derzeit für 100 Millionen Franken das Hotel Europäischer Hof zum Fünfsternehaus umbauen. Ebenso viel plant er, in das Hotel Palace in Luzern zu investieren, das er Ende 2015 erworben hat. Mit dem Fünfsternehaus an den Gestaden des Vierwaldstättersees besitzt Yunfeng Gao eine Hotelgruppe von drei Häusern in der Vier-Sterne-Plus- und Fünf-Sterne-Kategorie. «Die drei Destinationen repräsentieren für mich die Vielfalt und die Schönheiten der Zentralschweiz», erläutert Gao seine Beweggründe.

Doch auch auf Melchsee-Frutt ist es nicht bei dieser einen Investition im Hotelbereich geblieben. 2015 erwarb Yunfeng Gao die Frutt Family Lodge. Dieses Haus wurde anstelle des im Sommer 2012 abgerissenen Hotels Reinhard erstellt. Im Gegensatz zum Haupthaus fügt sich die kleine Schwester mit einem vierteiligen Ensemble harmonisch in die Landschaft ein. Die Frutt Family Lodge ist keine Konkurrenz zum Ersthaus, sondern eine Ergänzung. «Die Family Lodge hat sich als Drei-Generationen-Hotel positioniert», sagt Thorsten Fink. «Es spricht eine ganz andere Gästegruppe an.»

Modernes Design und alpine Gemütlichkeit prägen das Haus. Die Infrastruktur und der Spa sind auf Familien mit Kindern ausgerichtet. Das Restaurant unter der Federführung von Andreas Appenzeller, der seit 2013 Küchenchef in der Frutt Lodge & Spa ist, hat sich auf die italienische Küche spezialisiert. Die Lodge-Gäste haben die Möglichkeit des Dine Around und können in den Restaurants der Frutt Lodge & Spa speisen.

Das Ersthaus spricht Paare und Einzelreisende an. Küchenchef Andreas Appenzeller bietet in seinen beiden Restaurants eine gehobene regionale Küche.

Mehrere Betriebe mit unterschiedlichem Niveau

Nach den beiden Hauptbetrieben, die beide eine kaufkräftige Kundschaft ansprechen, hat Investor Yunfeng Gao in weitere Betriebe auf Melchsee-Frutt investiert: in das Hotel & Restaurant Gemsy, das Berghotel Bonistock und das Berggasthaus Tannalp. Das Berggasthaus beim Tannensee wird von Stefan Lochmatter und Vendula Karlova geführt.

Beide sind gleichzeitig für das Berghotel Bonistock verantwortlich. Sie sind nicht Pächter, sondern Betriebsführer. «Mir sagt dieses Angestelltenverhältnis zu», meint der gelernte Koch Stefan Lochmatter. «Wir arbeiten nicht auf eigene Rechnung, sind aber dennoch autonom.» Lochmatter ist als Wirtesohn im «Gemsy» aufgewachsen. Als seine Eltern in Pension gingen, kam der von ihnen gepachtete Betrieb zum Frutt Resort hinzu. Zu den Investitionen des Chinesen Yunfeng Gao sagt Stefan Lochmatter: «Wir können froh sein, dass jemand bereit ist, bei uns zu investieren.»

Ziel dieser Akquisitionen ist es, als Frutt Resort gemeinsam auf dem Markt aufzutreten. «Mit dieser Strategie bieten wir für jedes Gästesegment etwas», sagt Thorsten Fink. Zudem können bei den Lieferanten bessere Einkaufsbedingungen ausgehandelt werden.

Entsteht hier ein zweites Andermatt? Thorsten Fink winkt ab. «Nein, es ist nicht im Sinne von Yunfeng Gao, etwas in der gleichen Grössenordnung aufzuziehen.» Er sieht einen deutlichen Unterschied zwischen den beiden Investoren: «Samih Sawiris schliesst mit seinem Andermatter Projekt die ganze Destination inklusive der Skigebiete ein, Yunfeng Gao investiert einzig in die Hotelbetriebe, weil ihm die Schweiz am Herzen liegt. Mit den verschiedenen Betrieben können wir mehr Gäste zu uns locken und ihnen mehr bieten», so Fink.

Wie kommt diese Entwicklung der Betriebsübernahmen durch einen ausländischen Investor bei anderen Betrieben an? Barbara Rohrer, die das Hotel Posthuis in vierter Generation führt, sagt dazu: «Das Frutt Resort zieht eine andere Gästegruppe an, ähnlich jener, die früher im Luxushotel Reinhard und Hotel Kurhaus logierten.» Die Entwicklung auf Melchsee-Frutt findet sie positiv.

Gleich empfindet André Fischer, seit 2004 auf MelchseeFrutt gastronomisch tätig. Ihm gehören das Berghotel Erzegg und seit kurzem das Fischers Alpenhotel, das vormals als «Glogghuis» Gäste beherbergte und in Konkurs ging. «Das Engagement von Yunfeng Gao hat unsere Destination wiederbelebt und einen Ruck in unseren Beherbergungsbetrieben ausgelöst», stellt Fischer fest. «Viele haben ihre Situation überdacht und geben sich wieder mehr Mühe.» Als Konkurrenz sieht er die beiden gehobeneren Häuser nicht, sondern als Ergänzung. «Ich profitiere von den Frutt-Betrieben», so Fischer. Immer wieder könne er im «Erzegg» Apéros oder Fondueessen für «Frutt»- Gäste ausrichten.

Auch Reto Reinhard vom Berggasthaus Distelboden sieht die Entwicklung positiv: «Es gibt eine neue Dynamik in unserer Destination. Wir profitieren von dieser Entwicklung, indem mehr Einzelreisende und Gruppen bei uns einkehren.»

(Ruth Marending)


Mehr Informationen unter:

www.frutt-resort.ch