Über die Festtage reduzieren die Spitäler den Betrieb auf ein Minimum. Mit Folgen für die Küchen. Wie die Patienten- und Mitarbeiterverpflegung organisiert wird, zeigt das Beispiel «Insel» Bern.
Die Festtage im Spital verbringen: für Patienten eine besonders traurige Geschichte. Für Ärzte, Pflegefachpersonen und die Küche eine Sache von Pflicht und Routine. Im Unterschied zur Gastronomie- und Hotelbranche, in der entweder Hochkonjunktur herrscht oder in der man an Feiertagen den Betrieb schliesst, reduzieren Spitäler ihre Gesamtversorgung auf ein Minimum. Es werden weniger Operationen geplant. Der Notfallbetrieb bleibt aufrechterhalten.
In mit rund 8300 Beschäftigten einer der grössten medizinischen Einrichtungen der Schweiz, dem Inselspital in Bern, stellen etwa die Polikliniken auf einen teilweise halbtägigen Betrieb um. Die Zahl der geplanten Operationen sinkt um 50 Prozent. Weniger Patienten bedeuten weniger Ärzte und Pfleger. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Küche und das gastronomische Angebot.
Laut Beat Blum, Leiter Küchen im Inselspital, werden in den zwei Grossküchen des Hauses täglich normal rund 5500 Mahlzeiten zubereitet, davon allein 3000 für die Mitarbeitenden. An Weihnachten fahre man die Produktion markant zurück. Die Zahl der zubereiteten Essen liege noch bei einem Viertel der normalen Tagesproduktion. «Im grössten Mitarbeiterrestaurant, dem ‹Stella› mit 580 Plätzen, verkaufen wir mittags rund 1000 warme Hauptmahlzeiten, 700 davon unter dem Motto ‹lunch4vitality›. Am Weihnachtstag oder an Neujahr sind es noch rund 200 Hauptmahlzeiten», so Beat Blum. Weniger Gerichte sei aber nicht gleichbedeutend mit weniger Arbeit, vor allem im Vorfeld der Festtage.
Allein die Einsatzplanung der Mitarbeitenden nehme Zeit in Anspruch. Im Grundsatz gelte, wer an Weihnachten frei hat, arbeitet Silvester und Neujahr. Und umgekehrt. «Das Tagesgeschäft hat bei uns immer Priorität», sagt der Leiter Küchen. «Der Ferienplan ist bis Mitte Dezember abgeschlossen und freigegeben für das nachfolgende Jahr. Ansonsten erfolgt die Mitarbeitereinsatzplanung zwei Monate im Voraus.»
Im Bereich Hotellerie des Inselspitals arbeiten unter der Leitung von Vinzenz Meier insgesamt 350 Mitarbeitende, aufgeteilt in die Abteilungen Lebensmitteleinkauf, Küchen, Patienten-Hotellerie, Restauration, Kongresse und Anlässe sowie rückwärtiger Dienst.
Allein in den zwei Hauptküchen Mitarbeiter- und Patientenverpflegung sind unter Beat Blum 120 Mitarbeitende und 21 Lernende tätig. 30 bis 35 Mitarbeitende sind an den Feiertagen im Dienst. Damit bei ihnen ein wenig weihnachtliche Stimmung aufkommt, werden an Weihnachten und am Neujahrstag die Köchinnen und Köche sowie die Mitarbeitenden der Restauration und der rückwärtigen Dienste am Mittag oder am Abend zu einem Jahresend-Apéro eingeladen. «Nichts Grosses, aber dennoch eine Wertschätzung gegenüber unseren Mitarbeitenden», so Beat Blum, der selbst an Weihnachten frei hat.
Auch wenn drei der insgesamt acht Gastrobetriebe auf dem Inselspital-Areal an Weihnachten geschlossen sind, auf ein weihnächtliches Menü müssen Mitarbeiter des Spitals nicht verzichten. In den Restaurants Stella und Giardino wird am 25. Dezember Kalbsbraten an Dörrpflaumensauce mit Kartoffelgratin und Bohnen serviert.
In der Vollkostverpflegung für Patientinnen und Patienten gibt es als Feiertagsmenü Gemüsebouillon, Rinds- und Kalbfleischmedaillons an Morchelrahmsauce, Pommes Duchesse und Gemüsebouquet. Zum Abschluss eine Bûche de Noël.
Da bis zu 32 Kostformen im Spital gefragt sind, gibt es vom Weihnachtsmenü die verschiedensten Ableitungen. So ersetzt ein Gemüse-Tofu-Spiess die Medaillons im Vegi-Hit, bei der Kinderkost wird statt Morchel- eine Rahmsauce serviert und bei der Leichten Vollkost (LVK) gibt es eine Rosmarinsauce zum Fleisch.
Was an Weihnachten und im Übrigen auch an allen anderen Tagen den Patienten aufgetischt wird, denkt sich der Leiter Küchen nicht alleine aus. Das wird im Gremium erarbeitet und entschieden. Neben dem Produktionsleiter und Küchenchef Patienten-Verpflegung unterstützen Ernährungsberater und Mitarbeiter des Bestellbüros die Planung. Die Arbeit an Feiertagen ist im Vergleich zu dem, was vorher in der Adventszeit zusätzlich geplant, organisiert und zubereitet wird, ein Klacks.
Seit Anfang Dezember stehen die Hauptküchen fast täglich unter Volldampf und bereiten neben dem Normalprogramm Häppchen, Fondue und Raclette sowie Gerichte fürs Gala-Weihnachtsdiner auf dem Areal des Inselspitals zu. «Grosskampftage» auch in der Pâtisserie, die Grittibänze sowie acht verschiedene Sorten Weihnachtskonfekt produziert. Verkauft wird alles am Haupteingang des Spitals. Dort wurde auch eine vier Meter hohe Weisstanne aus der Region aufgestellt und üppig geschmückt. Ein Christbaum an einem nüchternen Ort, damit die Spital-Weihnacht für Patienten und Angehörige doch ein wenig besinnlich wird.
(Jörg Ruppelt)