«Es braucht mehr als Pflästerlipolitik»

Vor vier Jahren wurde das Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit gegründet. Romy Bacher zieht ein erstes Fazit.

Romy Bacher ist Leiterin Nachhaltigkeit beim STV. (Sandra Blaser)

Romy Bacher, was war der Auslöser, als das Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit Kona vor vier Jahren ins Leben gerufen wurde?

Das Thema Nachhaltigkeit im Tourismus wurde damals immer präsenter. Wir wollten den Tourismussektor unter anderem in der Umsetzung der Tourismusstrategie des Bundes unterstützen. Dafür wurde mit dem Kona eine zentrale Anlaufund Vermittlungsstelle geschaffen, welche die Kräfte entlang der gesamten touristischen Wertschöpfungskette bündelt.

Was waren die grössten Gewinne der letzten Jahre?

Mir fällt auf, dass das Thema Nachhaltigkeit im Tourismus heute einen anderen Stellenwert erhalten hat. Das hat natürlich nicht nur mit unserer Arbeit zu tun. Aber ich hoffe, dass wir einen Beitrag dazu leisten. Heute ist das Thema in fast jeder grösseren Destination in gewissen Stellenprozenten sowie in der Strategie verankert. Dank unserer Vernetzungsgefässe sind zudem viele Kooperationen entstanden, die es sonst wohl nicht gegeben hätte. Zu diesen Gefässen gehören die Sustainable Tourism Days, die 2025 bereits zum dritten Mal durchgeführt werden konnten.

Wo gibt es Luft nach oben?

Unter anderem beschäftigt uns derzeit das Thema Wirkungsmessung. Wir wollen daran arbeiten, die Wirkung von Projekten und Massnahmen besser messbar zu machen und so Entwicklungen aufzeigen zu können.

Und aufseiten der Leistungsträger?

Die Nachhaltigkeit könnte noch ganzheitlicher betrachtet werden. Spezifische Lösungen sollten immer aus ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Perspektive angeschaut werden. Zudem muss die Nachhaltigkeit integraler Bestandteil jedes Unternehmens werden – es braucht mehr als Pflästerlipolitik mit einzelnen Massnahmen. Nachhaltigkeit muss in der Unternehmensstrategie von Anfang an mitgedacht werden und sich auf alle Bereiche auswirken.

Und auch von allen mitgetragen werden?

Genau. Wir beobachten oft, dass das Thema von der Geschäftsleitung oder der verantwortlichen Person stark vorangetrieben wird, aber das Team nicht mitzieht. Nachhaltigkeit ist aber eine Teamaufgabe: Jeder Mitarbeitende muss seine Rolle wahrnehmen. Hier braucht es eine gekonnte Sensibilisierung sowie starke Führungskompetenzen.

Gibt es etwas, was Sie in den vergangenen vier Jahren überrascht hat?

Mich überrascht immer wieder, dass es trotz der Relevanz und Aktualität des Themas noch Unternehmen gibt, die meinen, sich nicht damit auseinandersetzen zu müssen. Dabei gibt es ganz viele Belege und Studien, die klar aufzeigen, dass Betriebe wettbewerbsfähiger sind, wenn sie das Thema Nachhaltigkeit ernst nehmen. Unser Ziel muss sein, nicht mehr über das «ob» diskutieren zu müssen, sondern nur noch über das «wie».

Um auf dem niedrigsten Level des Nachhaltigkeisprogramms Swisstainable einzusteigen, müssen nur wenige Vorgaben erfüllt weren. Wieso ist das Programm trotzdem effektiv?

Die Niederschwelligkeit ist bewusst gewählt, um auch kleine Betriebe abzuholen. Sind sie erst einmal im Programm, können wir dabei unterstützen, weitere Massnahmen zu ergreifen. Die Zahlen geben uns recht: Bisher sind rund 20 Prozent aller teilnehmenden Betriebe ein Level aufgestiegen.

Welche Themen beschäftigen das Kona im nächsten Jahr?

Wir wollen die bestehenden Projekte weiterentwickeln. Zum Beispiel wollen wir im Swisstainable-Programm einen kontinuierlichen Mehrwert für die Teilnehmenden schaffen. Zudem möchten wir das bereits angesprochene Thema der Wirkungsmessung aufnehmen und noch gezielter in unsere Arbeit integrieren. Generell befindet sich unser Sektor in einem steten Wandel – darum müssen wir flexibel bleiben und stets möglichst schnell auf die Bedürfnisse des Marktes reagieren.

(Angela Hüppi)


Mehr Informationen unter:

stv-fst.ch


Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit Kona

Das Kona fördert als nationale Anlauf- und Vermittlungsstelle gemeinsam mit seinen Partnern aktiv die nachhaltige Entwicklung des Schweizer Tourismus. Seit 2022 wird es unter dem Dach des Schweizer Tourismus-Verbands STV aufgebaut.