Mehr Geld für die Weiterbildung?

Am 20. Oktober sind National- und Ständeratswahlen. Deshalb haben wir die sieben grössten Parteien zu Themen befragt, die Arbeitnehmer oder unsere Branche betreffen. Die Antworten zeigen, dass die Parteien dazu unterschiedliche Ansichten vertreten.

  • Christian Levrat, SP
  • Regula Rytz, Grüne
  • Petra Gössi, FDP
  • Albert Rösti, SVP
  • Gerhard Pfister, CVP
  • Jürg Grossen, GLP
  • Martin Landolt, BDP

Sind sie für einen Vaterschaftsurlaub? Falls ja, wie lange soll er dauern? 

Travail Suisse hat eine Initiative für vier Wochen Vaterschaftsurlaub eingereicht. Heute haben Mütter 16 Wochen Mutterschaftsurlaub und Väter einen Tag.

Christian Levrat, SP
Das absolute Minimum sind vier Wochen, wie es die Initiative für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub fordert. Die SP Schweiz befürwortet einen Elternurlaub von insgesamt 38 Wochen. Dies wäre ein wichtiger Schritt hin zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.  

Regula Rytz, Grüne
Wir Grüne machen uns stark für eine richtige Elternzeit – und für mindestens acht Wochen Vaterschaftsurlaub. Vaterschaftsurlaub und Elternzeit sind für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie entscheidend. Gute Arbeitsbedingungen und Gleichstellung tragen auch zur Gesundheit und Attraktivität unserer KMU bei. Die Finanzierung könnte über die Erwerbs- ersatzordnung erfolgen.

Petra Gössi, FDP
Der vierwöchige Vaterschaftsurlaub sowie der zweiwöchige Gegenvorschlag sind viel zu starr. Sie zementieren alte Rollenmodelle. Die FDP fordert darum einen flexiblen 16-wöchigen Elternurlaub. Die ersten acht Wochen nach der Geburt sind für die Mutter reserviert, die restlichen acht Wochen können einvernehmlich auf beide Elternteile verteilt werden. Bei Nichteinigung gehen 14 Wochen an die Mutter und zwei an den Vater.

Albert Rösti, SVP
Frau und Mann sollen als gleichberechtigte Partner selber entscheiden, ob und in welchem Masse sie berufstätig sein wollen. Einen staatlich diktierten und bezahlten Vaterschafts- oder Elternurlaub braucht es nicht. Die SVP will eine steuerliche Entlastung für Eltern – und zwar auch für jene, die ihre Kinder selber betreuen.

Gerhard Pfister, CVP
Während der Mutterschaftsurlaub gesetzlich geregelt ist, ist es der Vaterschaftsurlaub bis heute nicht. Die CVP fordert die Einführung eines bezahlten zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubes.

Jürg Grossen, GLP
Die Grünliberalen wollen echte Gleichstellung in der Familienpolitik und auf dem Arbeitsmarkt. Zentral dafür ist eine Elternzeit von 14 Wochen für beide Elternteile bei beidseitiger Erwerbstätigkeit.

Martin Landolt, BDP
Ich bevorzuge einen Elternurlaub, werde aber auch einen Vateschaftsurlaub von zwei bis vier Wochen unterstützen.


Soll die Berufliche Weiterbildung vom Bund mehr unterstützt werden?

Die Hotel & Gastro Union und andere Berufsverbände fordern, dass der Bund Weiterbildungen (z. B. Berufsprüfungen) mehr unterstützt.

Christian Levrat
Die SP ist dafür, dass die berufliche Weiterbildung mehr unterstützt wird. Darum hat sie eine Offensive für Weiterbildung «on the job» lanciert. Berufstätige jeden Alters sollen sich während ihrer aktuellen Beschäftigung weiterbilden oder umschulen können, wenn ihre bisherige Stelle gefährdet ist. Neben Ausbildungskosten müssen auch die Lebenshaltungskosten während der Ausbildung finanziert werden. Ein Fonds aus den Überschüssen des Bundes soll ermöglichen, dass auch Menschen mit wenig Geld, Familienpflichten usw. nötige Weiterbildungen absolvieren können.  

Regula Rytz
Ja, unbedingt! Mit zwei Prioritäten: 1. Mehr Schutz vor Arbeitslosigkeit für ältere Arbeitnehmende mit der Schaffung eines Weiterbildungsfonds. 2. Es braucht eine nationale Strategie für die soziale Umsetzung der Digitalisierung. Alle Arbeitnehmenden sollen Zugang zu den neuen Technologien und ein Recht auf Weiterbildung und Umschulung erhalten, wenn sich Bran-
chen und Berufsprofile ändern. 

Petra Gössi
Weiterbildung und lebenslanges Lernen sollen sich lohnen. Aus diesem Grund setzen wir uns für einen unbegrenzten Steuerabzug für Aus- und Weiterbildungskosten ein.

Albert Rösti
Die Berufsbildung muss gestärkt werden. Die SVP unterstützt das duale Bildungssystem, welches unserem Land Wohlstand und Reichtum gebracht hat. Die zunehmende Verakademisierung ist eine Fehlentwicklung. Sie kostet uns immer mehr Geld, ohne sichtbaren Nutzen. Mehr Bildungsausgaben lehnt die SVP ab. Das Geld muss anders verteilt werden. 

Gerhard Pfister
Ja. Die CVP befürwortet, dass Absolvierende von Kursen, die sich auf eine eidgenössische Prüfung vorbereiten, finanziell vom Bund unterstützt werden. Dank der CVP können Weiterbildungskosten von bis zu 12 000 Franken von den Steuern abgezogen werden. 

Jürg Grossen
Das hängt vom konkreten Vorschlag ab, ich bin offen, dies zu diskutieren.

Martin Landolt
Unbedingt!


Sind Sie für oder gegen die Fair-Preis-Initiative?

Branchenverbände und Konsumentenorganisationen haben eine Initiative eingereicht, die Parallelimporte erlauben soll. Die HGU ist für diese Initiative.

Christian Levrat
Die SP Schweiz befürwortet die Anliegen der Fair-Preis-Initiative. Überhöhte Importpreise schaden nicht nur den Konsumentinnen und Konsumenten, sondern auch den KMU. 

Regula Rytz
Die Grünen können das Anliegen nachvollziehen. Es ist stossend, dass Unternehmen im Vergleich zum Ausland überhöhte Preise verlangen.  Aber Preisvergleiche sind aufgrund höherer Lohn- und Mietkosten in der Schweiz schwierig. Und tiefere Preise können den Druck auf die Löhne und die Arbeitsbedingungen erhöhen. Einen Gegenvorschlag begrüssen wir. 

Petra Gössi
Die FDP teilt das Anliegen, gegen die Hochpreisinselproblematik vorzugehen. Anstatt neue Regulierungen einzuführen, bevorzugt die FDP jedoch liberale Rezepte: Die nichttarifären Handelshemmnisse müssen abgebaut werden. Schliesslich trägt auch die Abschaffung von Industriezöllen zu tieferen Preisen bei

Albert Rösti
Die SVP kann einen gewissen Unmut über die im Vergleich mit dem Ausland zum Teil um einiges höheren Preise nachvollziehen. Allerdings ist die Initiative aus Sicht der SVP der 
falsche Weg, diesem Problem zu begegnen. Eine staatliche Preiskontrolle und -fixierung lehnen wir ab.

Gerhard Pfister
Als gastrofreundlichste bürgerliche Partei unterstützt die CVP die Fair-Preis-Initiative für sichere Arbeitsplätze, tiefere Konsumenten- und faire Beschaffungspreise. 

Jürg Grossen
Unsere Positionierung erfolgt dann, wenn die Initiative im Parlament beraten wird.

Martin Landolt
Ich unterstütze die Fair-Preis-Initiative oder einen indirekten Gegenvorschlag, der mit den Initianten abgestimmt wird.


Wie stehen Sie zum Rahmenabkommen mit der EU?

Arbeitnehmerorganisationen lehnen das neue Rahmenabkommen ab, solange der Lohnschutz nicht gewährleistet ist.

Christian Levrat
Die SP befürwortet ein Rahmenabkommen, das den Lohnschutz garantiert. Europäische Öffnung gelingt nur mit sozialem Fortschritt.  

Regula Rytz
Wir sind für ein enges Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU. Ein Rahmenabkommen ist Voraussetzung für die Weiterentwicklung des bila- teralen Weges. Die Öffnung ist nur mehrheitsfähig, wenn funktionierende flankierende Massnahmen die Personenfreizügigkeit begleiten, die die Löhne in der Schweiz schützen. 

Petra Gössi
Die FDP sagt Ja aus Vernunft zum Rahmenabkommen. Es schafft Rechtssicherheit, garantiert den bilateralen Weg, der den Zugang zum EU-Binnenmarkt sichert und respektiert un-
sere direktdemokratischen Verfahren.  «Wir fordern allerdings Konkretisierungen, wo der Vertragstext Interpretationsspielräume lässt. Danach soll der innenpolitische Prozess starten, damit das Parlament und letztlich das Volk über das Abkommen befinden können.»

Jürg Grossen
Als einzige Partei haben wir das Rahmenabkommen von Beginn weg aus Überzeugung unterstützt. Die enge Vernetzung mit der EU (Wirtschaft, Bildung, Forschung, Kultur) und die Weiterentwicklung der Beziehungen sind für unsere Zukunft zentral.

Gerhard Pfister
Die bilateralen Abkommen sind ein Erfolgsmodell, das durch ein institutionelles Rahmenabkommen weiterentwickelt werden soll. Mit den von der CVP geforderten Präzisierungen und Verbesserungen ist es jetzt am Bundesrat, ein mehrheitsfähiges Abkommen vorzulegen, das die Beziehung zur EU stabilisiert. Wir verlangen: Die Unionsbürgerschaft gehört nicht in den Vertrag. Keine Aufweichung des Lohnschutzes. Das frühzeitige Mitspracherecht der Schweizer Bevölkerung und des Parlaments.  

Albert Rösti
Die SVP lehnt das vorliegende Institutionelle Abkommen mit der EU klar ab. Es würde unsere direkte Demokratie, die Freiheit und den Wohlstand der Schweiz zerstören, weil die Schweiz automatisch EU-Recht übernehmen müsste und im Streitfall der EU-Gerichtshof entscheiden würde. 

Martin Landolt
Ich unterstütze das Rahmenabkommen. Insbesondere wünsche ich mir, dass der Bundesrat den direktdemokratischen Prozess auslöst und damit eine breite Debatte mit anschliessender Volksabstimmung ermöglicht. 


Sind Sie für die Erhöhung des AHV-Alters für Frauen und auch generell?

Die Erhöhung wird von Arbeitnehmerorganisationen abgelehnt, solange Frauen weniger verdienen als Männer.

Christian Levrat
Die SP ist gegen die Erhöhung des Rentenalters für Frauen – da die Lohngleichheit noch immer nicht hergestellt ist – sowie gegen ein höheres Rentenalter. Dies gilt insbesondere, solange die Situation für Menschen über 50 auf dem Arbeitsmarkt derart schwierig ist. Denkbar ist eine Flexibilisierung, die den geleisteten Arbeitsjahren ebenso wie Familien- und Betreuungspflichten Rechnung trägt.  

Regula Rytz
Nein. Frauen haben heute wegen tieferer Löhne und unbezahlter Betreuungs- und Pflegearbeit grosse Rentenlücken – die vorgesehenen Kompensationsmassnahmen reichen nicht aus, um diesen Missstand zu beseitigen. Solange diese Lücke nicht geschlossen wird, kommt eine Erhöhung des Frauenrentenalters für uns nicht in Frage.

Petra Gössi
Ja. Eine erste Anpassung muss bei der AHV-21-Vorlage erfolgen, mit der Angleichung des Rentenalters für Frauen und Männer auf 65 Jahre. In der Übergangsphase muss diese Erhöhung mit angemessenen Ausgleichsmassnahmen für die betroffenen Frauen einhergehen. Bis 2030 ist die Höhe des Rentenalters entweder an die finanzielle Lage der Altersvorsorge (Schuldenbremse) oder an die Lebenserwartung zu koppeln.

Albert Rösti
Für die Sicherung der AHV ist eine Angleichung des Frauenrentenalters an jenes der Männer nötig. Die SVP unterstützt auch eine Flexibilisierung des Rentenalters. Statt einer generellen Erhöhung des Rentenalters fordert die SVP jedoch eine Milliarde der Entwicklungsgelder sowie die Kohäsionsmilliarde an die EU zur Sicherung der Renten der Menschen in der Schweiz zu verwenden. 

Gerhard Pfister
Die schrittweise Angleichung des Rentenalters auf 65 Jahre ist notwendig. Frauen sollen dafür aber nicht die Kosten tragen. Beitragslücken, die beispielsweise durch eine Mutterschaft entstehen, müssen kompensiert werden. Eine Erhöhung des Referenzalters über 65 Jahre steht für die CVP momentan nicht zur Debatte. Generell sollen Menschen in Zukunft selber entscheiden können, wann sie in Rente gehen wollen. Deshalb muss das Rentenalter zwischen 62 und 70 Jahren flexibel ausgestaltet sein. 

Jürg Grossen
Ja. Die Anpassung und Flexibilisierung des Rentenalters sind aufgrund der demografischen Entwicklung und für die langfristige Finanzierbarkeit zwingend. Eine vorübergehende Kompensation für die Erhöhung des Frauenrentenalters ist vertretbar –insbesondere weil die Übergangsgeneration in der zweiten Säule durch den Koordinationsabzug systematisch benachteiligt wurde. Die Kompensation muss aber gezielt und bedarfsgerecht erfolgen.

Martin Landolt
Ich engagiere mich für eine automatische Verknüpfung von Rentenalter und Lebenserwartung. Dies würde in der Folge auch zu einem höheren Rentenalter führen. 


Soll Schweiz Tourismus ST weniger in fernen Ländern für die Schweiz werben?

Wegen des CO2-Ausstosses sollte weniger geflogen werden. 

Christian Levrat
Die SP befürwortet Tourismus grundsätzlich. Er dient der Horizonterweiterung und erhöht das Verständnis für andere Kulturen. Wir wollen Menschen in anderen Ländern nicht vorschreiben, wie sie sich auf individueller Ebene zu verhalten haben. Aber der Tourismus soll unsere Ressourcen schonen und erhalten. Zu fördern sind der Inland- sowie der Ganzjahrestourismus. Die Bundeshausfraktion der SP hat ein mit Fachleuten  erarbeitetes Tourismuspapier verabschiedet.

Regula Rytz
Ja. Bereits heute ist der grösste Markt des Schweizer Tourismus der europäische. Um die Zukunft des Schweizer Tourismus zu sichern, müssen neue Tourismusangebote für alle Jahreszeiten geschaffen werden.

Petra Gössi
ST ist nicht für Umweltverschmutzung verantwortlich, wenn sie die Schweiz als attraktive Feriendestination vermarktet. Die FDP will in keiner Weise das Fliegen verbieten. Viel eher sollte in der Schweiz vermehrt in die Erforschung von neuen Technologien investiert werden, die z. B. ein CO2-neutrales Fliegen ermöglichen. ST kann aber einen wichtigen Beitrag zugunsten der Nachhaltigkeit leisten, indem vermehrt für Tourismus innerhalb des Landes geworben wird.

Albert Rösti
Nein. Das Tourismusland Schweiz, das Gastgewerbe und die Hotellerie sowie viele weitere Gewerbebetriebe leben davon, dass Menschen aus aller Welt hier Ferien machen. 

Gerhard Pfister
Die CVP weiss um die Bedeutung des Tourismus für die Schweiz und macht sich seit jeher für die Anliegen der Branche stark. Sie ist die tourismusfreundlichste Partei der Schweiz. Fliegen ist heute – gerade auch auf kurzen Strecken – oft sehr preiswert. Wir setzen uns für ein griffiges CO2 Gesetz ein mit einer Flugticketabgabe. Wenn wir wollen, dass die Ferien wieder vermehrt in der Schweiz verbracht werden, muss man die Werbemassnahmen dafür verstärken. 

Jürg Grossen
Ich würde das natürlich begrüssen. Dabei setze ich aber vor allem auf Eigenverantwortung der Branche, nicht auf staatliche Vorgaben

Martin Landolt
Es ist gut, wenn sich ST an unseren Destinationen für Nachhaltigkeit einsetzt – oder beispielsweise für eine längere Aufenthaltsdauer der Touristen aus fernen Ländern. Nicht zuletzt auch deshalb soll dort selbstverständlich geworben werden.


Sollen Wirte ihren Hygienebericht veröffentlichen müssen?

Eine Forderung von Konsumentenorganisationen, die von Gastrosuisse und Hotelleriesuisse abgelehnt wird.

Christian Levrat
Die SP befürwortet die Veröffentlichung der Hygieneberichte von Restaurants. Aus Sicht der SP Schweiz liegt dies auch im Interesse der Wirtinnen und Wirte. 

Regula Rytz
Ja, das schafft Transparenz für die Konsumentinnen und Konsumenten.

Petra Gössi
Betriebe, welche bei Kontrollen ungenügend abschneiden, müssen bereits heute Massnahmen ergreifen. Eine systematische Veröffentlichung der Hygieneberichte ginge zu weit.

Albert Rösti
Die SVP setzt sich für Eigenverantwortung und unternehmerische Freiheit ein. Daher soll dieser Entscheid jedem Wirt überlassen bleiben. 

Gerhard Pfister
Die CVP will Bürokratie und Administration für Kleinbetriebe auf das notwendige Mass beschränken. Lebensmittelkontrollen sind wichtig für den Schutz der Konsumenten. Aber das sind Momentaufnahmen und  sollen nicht zu öffentlichen schwarzen Listen führen. Solche Listen könnten auch einen ungerechtfertigten Reputationsverlust nach sich ziehen.

Jürg Grossen
Ich unterstütze grundsätzlich mehr Transparenz. Es darf aber nicht zu einem enormen bürokratischen Aufwand führen. Insgesamt vertraue ich darauf, dass unsere Gastronomie einen sehr hohen Hygienestandard hat.

Martin Landolt
Nein. Weder die Wirte noch die Kundinnen und Kunden müssen vom Staat bevormundet werden.

(Mario Gsell)