An der Riviera von Solothurn

Die Bar The Dock ist seit Herbst offen und kann bereits auf eine schöne Stammkundschaft zählen. Dies dank Head Bartender Matthias Keiser. Der HGZ verrät er drei Sommerdrinks.

  • Für den Drink «Der Aufmunternde» verwendet Matthias Keiser Cold Drip Coffee. Diesen hat er mit dem neuen Dripster selbst hergestellt. (Bilder Claudia Link)
  • Das «Dock» liegt am Unteren Winkel 1, gleich neben der Wengibrücke und dem «Alten Spital».
  • Der Erfrischende:
    3 cl Montenegro Amaro
    2 cl G&V (Gin und Vermouth)
    1,5 cl Rhabarbersaft
    8 cl South Beans Ginger Ale

    Alle Zutaten bis auf das South Beans Ginger Ale in den Shaker geben und kräftig shaken. Danach in ein Weinglas abseihen und mit dem South Beans Ginger Ale auffüllen. Mit einem Minzeblatt und einer getrockneten Erdbeere garnieren. Zusätzlich passt ein Gurkenrädchen.
  • Der Aufmunternde:
    4 cl Select Aperitivo
    4 cl Cold Drip Coffee
    6 cl Tonic Swiss Mountain Spring
    3 Dashs Kaspar Bitter

    Aperitivo und Cold Drip Coffee im Rührglas kalt rühren, danach in ein Longdrinkglas auf Eiswürfel abseihen, mit Tonicwater auffüllen und ein paar Tropfen des Bitter darübergeben, damit der Geschmack als Erstes in die Nase steigt. Mit einer Zitronenzeste dekorieren.
  • Der Rosige:
    1,5 cl Limettensaft, frisch gepresst
    1,5 cl Grapefruitsaft, frisch gepresst
    1,5 cl Mezcal
    3 cl Italicus Rosolio di Bergamotto

    Den Glasrand mit einer Limone befeuchten und in einer selbst hergestellten Oliven-Meersalz-Mischung wenden. Danach alle Zutaten in den Shaker geben, kräftig shaken und in eine Coupette abseihen.
  • Bevor der 40-jährige Matthias Keiser ins «Dock» wechselte, arbeitete er im nahe gelegenen «Solheure»

Die Aare ist in Aufruhr. Feine Regentropfen klatschen pausenlos auf die Wasseroberfläche. Die Silhouette der Solothurner Altstadt mit der dominanten St.-Ursen-Kathedrale versteckt sich hinter einem Nebelschleier. Und trotzdem kommt auf der Terrasse des «Dock» so etwas wie Ferienfeeling auf. «Es ist ein genialer Arbeitsplatz», sagt Matthias Keiser. Seit Oktober ist der Bartender im «Dock» an Bord, das seit letztem September offen ist. «Wir sind eine Bar mit qualitativ hochstehenden Getränken, das ist heute auch bei einem jüngeren Publikum im Trend.» Die Gästeklientel bewegt sich altersmässig zwischen 30 und 50 Jahren.

Neben Cocktails und Longdrinks läuft vor allem Bier gut. So geht ein Drittel des Umsatzes auf das Konto des Bierkonsums. Angeboten werden im Offenausschank die Marken «Boxer» aus Yverdon, «Chopfab» aus Winterthur und «Hoegaarden» aus Belgien. «Das sind coole Marken», so Keiser.  

Dazu gibt’s Fingerfood. Derzeit stehen italienische Spezialitäten auf dem Programm mit Parmesan, Salami, Oliven und Bresaola. Im «Dock» gibt es weder klassische Nüssli noch Pommes Chips, sondern Kochbananenchips. «Das ist für unsere Gäste ungewöhnlich», sagt Matthias Keiser mit einem Schmunzeln. «Aber das ist unsere Geschäftsstrategie: ungewöhnliche Produkte zu servieren.» Das wird deutlich bei einem Blick auf das Spirituosenregal. Die bekanntesten Marken fehlen, dafür stehen eher unbekanntere da. «Wir verwenden bewusst diese originellen Zutaten und nicht solche, die jeder kennt», so Keiser. Ins Auge sticht vor allem die Linie The Seventh Sense, eine Produktlinie aus Allschwil/BL, kreiert vom ehemaligen Barkeeper Michael Schneider. Dieser war schon immer fasziniert davon, klassische Drinks neu zu interpretieren und neue Cocktails zuzubereiten. Anlässlich des Finals des Bartenderländerwettbewerbs GSA (Germany Switzerland Austria) von Mixology in Basel entstand die Idee einer Bitter-Reihe. Weil der Anlass im Basler Grandhotel Les Trois Rois stattfand, benannte Schneider seine Bitters nach den Heiligen Drei Königen. Das war die Geburtsstunde von «Kaspar 1681», der Bestandteil einer der drei Sommerdrinkrezepte von Keiser ist (siehe Spalte rechts). 

Der neue Klassiker in der Barszene ist aber der G & V Frucht- und Gewürzlikör von «The Seventh Sense». Er basiert auf Gin und Vermouth, worauf auch die Abkürzung im Namen zurückzuführen ist. Diese Basis wird mit Früchten und Gewürzen, Himbeere, Rhabarber, Hopfen und weiteren Zutaten veredelt. Der Likör überrascht mit seinem harmonischen Duft und seiner Balance von Süsse und Würzigkeit. 

Auch beim dritten Rezept verwendet Keiser eine aussergewöhnliche Spirituose: «Italicus Rosolio di Bergamotto», ein Likör aus Bergamotten. Der Ursprung dieser Zitrusfrucht liegt bis heute im Dunkeln. Sie stammt vermutlich von der Bitterorange ab, gilt aber als eine eigene botanische Sorte. Giuseppe Gallo, Begründer von «Italicus», möchte mit seinem Getränk vor allem die Spirituosen-Kategorie des «Rosolio» wieder in die Bars bringen. «Rosolio» ist allgemein ein Rosenblüten-Likör aus Italien, der besonders im Piemont und im Süden des Landes verbreitet ist. Es gibt keine gesetzlichen Bestimmungen, was sich «Rosolio» nennen darf. Doch oft scheint der Ausdruck schlicht für Likör zu stehen. Wortherkunft und die meisten Produkte und Rezepte lassen darauf schliessen, dass die Rose als Zutat essenziell ist. Auch beim «Italicus» ist sie in Form gelber Rosen vorhanden, wenn auch nicht tonangebend. 

Eine andere Art Kaffee

Beim Kaffee geht das «Dock» ebenfalls ungewöhnliche Wege. Während andere Bars aufs Espressogeschäft setzen, fehlt eine solche Maschine im «Dock» gänzlich. «Das Kaffeegeschäft ist aufwendig. Es ist ja nicht nur mit der Maschine getan. Es braucht das Porzellan für alle Varianten, von der Espressotasse über das Glas für die Latte macchiato bis zu den  Cappuccino- und Kaffeetassen», sagt Matthias Keiser. Zudem wolle sich das «Dock» lieber auf die Spirituosen konzentrieren. «Wir sind Bartender und keine Baristas», fügt Keiser an. 

Doch ganz ohne Kaffee kommt das «Dock« nicht aus. «Er ist eine tolle Komponente für Drinks.» Deshalb haben die Inhaber des «Dock», Markus Moerler und
 

«Wir setzen bei den Spirituosen auf Nischenprodukte.»


Wolfgang Aeberhard, einen Dripster Cold Brew angeschafft. «Keine andere Bar hat ein solches Gerät», freut sich Matthias Keiser. Mit dem Dripster kann er nun eigenen fruchtig süssen Cold Brew herstellen. Anders als herkömmliche Cold-Brew-Zubereitungen funktioniert der Dripster mit der 
Cold-Drip-Methode. Das heisst: Das Wasser sickert sehr langsam durch das Kaffeepulver und wird tröpfchenweise in einem Behälter aufgefangen. «Um diese Zutat in einem Rezept verwenden zu können, muss ich den Kaffee im Voraus zubereiten.» Zwölf Stunden braucht es, bis eine Wasserfüllung in Kruggrösse durchgelaufen ist. Dafür ist das Ergebnis bis zu zehn Tage im Kühlschrank haltbar.

Solothurn liegt (fast) am Meer 

Das «Dock» komplementiert mit seinem Angebot die Ausgehmeile Solothurns entlang der beiden Aareufer. In den letzten Jahren hat sich die Barockstadt immer mehr ein mediterranes Flair zugelegt. Rund 20 Bars, Pubs und Restaurant-Lounges befinden sich in Solothurn. Über ein halbes Dutzend sind direkt am Aareufer.

Das «Dock» ist die neueste Adresse. Die Bar verströmt Wärme und Gemütlichkeit, und die beiden Terrassen laden bei schönem Wetter zum Verweilen ein. Drinnen gibt es vorwiegend Stehplätze sowie ein paar Sitzgelegenheiten auf den Fensterbänken. «Wir hatten schon mal einen Apéro für 120 Gäste. Die passten alle rein.» 

Spannend ist übrigens die Geschichte des historischen Hauses, welches das «Dock» beheimatet. Es ist das alte Bürgerhaus von 1890. Einst wurde der Bürgerwein auf dem Wasserweg vom Bielersee nach Solothurn verschifft und bei der Rampe zum Bürgerhaus wieder an Land gebracht. 

So kommt es, dass das «Dock» einen eigenen Bootsanleger hat. In Solothurn geht die Legende um, dass es der letzte vor der Nordsee sei. Dazu passt das Buch «Solothurn liegt am Meer» von Franco Supino, 2009 erschienen. Seitdem schmückt sich die Barockstadt gerne mit diesem Zusatz, dass es fast am Meer liege. 

An einem schönen Sommerabend, wenn die Gäste des «Dock» bis zu den Knien im Wasser stehen und ihr Bier geniessen, dürfte das so manch einem auch so vorkommen.

(Ruth Marending)