Ende Februar schockierte der «Eisblume»-Koch Simon Apothéloz mit der Nachricht, er werde den Betrieb Anfang 2019 schliessen. Bereut er den Entscheid schon? Welche Pläne hegt der Berner für die Zukunft?
Hotellerie Gastronomie Zeitung: Nach 15 Jahren schliessen Sie die «Eisblume» in Worb. Weshalb?
Simon Apothéloz: Als wir begannen, war ich knapp zwanzig. Nun bin ich 35-jährig. Ich würde mich gern nochmals irgendwo voll reinstürzen. Wenn ich das jetzt nicht tue, ist es zu spät. Zudem läuft der Mietvertrag aus, und man müsste in Abwassertechnik und Elektronik massiv investieren. Die «Eisblume» ist ein Gewächshaus und nicht als Restaurant angedacht.
Welches ist Ihr erster Gedanke, wenn Sie an die 15 Jahre zurückdenken?
Wahnsinn, 15 Jahre! Das hätten wir damals nie gedacht.
Sie haben einen Michelin-Stern, Gault Millau verleiht Ihnen aktuell 17 Punkte sowie die Auszeichnung «Aufsteiger des Jahres 2018». Und nun hören Sie auf?
Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem es sich vielleicht endlich finanziell lohnen würde. Dennoch haben wir nicht das Bedürfnis zu verlängern.
Fühlten Sie sich durch die Auszeichnungen zu stark unter Druck?
Nein, davon haben wir uns nicht beeinflussen lassen. Ganz im Gegenteil: Gault Millau und der Guide Michelin sind unsere besten Marketing-Plattformen. Darf ich Sie etwas fragen?
Ja, klar.
Finden Sie es verwerflich, dass wir an diesem Punkt die «Eisblume» schliessen?
Nein, wenn Sie Lust auf etwas Neues haben, dann wäre es falsch, Ihre Punkte und den Stern nur noch zu verwalten. Wie hat Gault Millau auf die Ankündigung der Schliessung reagiert? Gab es eine negative Reaktion, weil Sie eben erst zum Aufsteiger des Jahres gekürt wurden?
Nein, wir erhielten keine Reaktion. Aber ich würde es verstehen, wenn die sich vor den Kopf gestossen fühlten.
Wie reagierten die Gäste?
Seit der Bekanntgabe der Schliessung werden wir überrannt. Wir sind viele Wochen im Voraus ausgebucht. Wir hatten noch keine schlechte Reaktion.
Ende Januar 2019 gehen die Lichter aus – wann im Alltag wird Ihnen dies bewusst?
Beim Einmachen. Dann überlegt man sich, wie viel noch Sinn macht.
Wie geht es nach der «Eisblume» für Sie weiter?
Ich bin mit einem Geschäftspartner dran, etwas im Bereich Fast Food aufzubauen. Da wäre ich dann allerdings nicht ständig vor Ort. Doch das alleine befriedigt mich natürlich nicht. Ich will kochen.
Was können Sie uns von Ihrem Fast-Food-Projekt erzählen?
Mein Anspruch ist es, auch beim Fast Food etwas mit Gourmet Touch zu produzieren. Da wird es Pommes frites aus hochwertigen und extra für dieses Projekt angebauten Kartoffeln als Basis geben, dazu Toppings und feine Saucen. Wahrscheinlich Take-away, vielleicht gibt es aber auch ein paar Tische. Die Location ist noch nicht unterschrieben.
Die Kartoffel wurde eigens für Ihre Fast-Food-Idee angebaut?
Uns wurde ein Bio-Bauer oberhalb Worb empfohlen, Jürg Moser heisst er. Dieser hat für uns eine kleine Testmenge angepflanzt. Die Kartoffeln sind eher weisslich, nicht so gelb, wie man das sonst gerne mag. Aber dafür überzeugen sie geschmacklich, sie sind sehr aromatisch.
Sie sagten, das alleine würde Sie nicht befriedigen. Wollen Sie wieder etwas im Stil der «Eisblume» aufbauen?
Ich weiss nicht, ob ich das ohne meine jetzige Mannschaft kann. Das Team ist genial. Menschlich wie fachlich. So etwas wie hier, das gibt es kein zweites Mal.
Lassen Sie sich von einem grossen Restaurant anstellen?
Ich glaube nicht. Da könnte ich allenfalls einen Kollegen mitbringen, und wir müssten uns dann ins Team einfügen. Das will ich wohl eher nicht.
Sondern?
Vielleicht betreibe ich ein kleines Restaurant in Bern. Ich bin hier sehr stark verwurzelt. Zudem passiert in Bern zurzeit viel, aber es hat noch Platz für Innovation.
Ein Restaurant mit einem Stern und 17 Punkten?
Nein, das ist nicht mein Ziel.
(Interview Benny Epstein)
Simon Apothéloz (35) eröffnete die «Eisblume» in Worb/BE mit seinen Kollegen im Jahr 2004 als Übergangslösung. Den Begriff «Pop-up» kannte man damals noch nicht. Die «Eisblume» ist seine erste Station nach der Kochlehre in einem Gasthof in Wabern bei Bern. Er kocht vornehmlich mit Schweizer Produkten. Auf Foie gras und Hummer verzichtet der Berner. Privat unterstützt der frischgebackene Vater mit Herz und Seele den Fussballklub BSC Young Boys Bern.