Wer Freude an seinem Beruf hat, möchte sein Fachwissen und seine Leidenschaft früher oder später weitergeben. Lernende auszubilden ist eine bereichernde und sinnvolle Tätigkeit, die mit Rechten und Pflichten versehen ist. Hier Antworten auf Fragen der Ausbildner.
Ob Lernende nach ihrer Grundbildung im Gastgewerbe bleiben oder nicht, hängt zu einem grossen Teil von deren Ausbildnern ab. Diese haben es in der Hand, wie Lernende den Einstieg ins Berufsleben und ihre Ausbildung erleben; ob sie sich unterstützt und gefördert oder allein gelassen und ausgebeutet fühlen.
Die meisten Lernenden sind bei Lehrbeginn 15 oder 16 Jahre alt. Sie befinden sich daher gerade mitten in einer Lebensphase, in der sie zwischen Kindheit und Erwachsensein meandern. Es ist für die meisten eine Zeit der Suche und des Findens, der Neuorientierung und des Etablierens, aber auch des Hinterfragens und Zweifelns. Kurz, es ist eine herausfordernde, intensive und bewegte Zeit – für die Jugendlichen selbst, aber auch für ihre Eltern sowie für ihre Ausbildner. Denn die berufliche Ausbildung und persönliche Entwicklung sind untrennbar miteinander verknüpft. Das stellt die Ausbildenden vor die komplexe Aufgabe, sowohl konsequente Vorgesetzte wie auch empathische Vertrauenspersonen zu sein. Ein Spagat, der menschlich nicht immer einfach ist und durchaus auch rechtliche Fragen aufwerfen kann.
René Haas ist Mitarbeiter des Rechtsdienstes der Hotel & Gastro Union. Er beantwortet auf dieser Seite einige dieser Fragen. Gleichzeitig weist er darauf hin: «Viele Problemstellungen entstünden gar nicht, wenn bereits vor Unterzeichnung des Lehrvertrags ungeschönt, klar und verständlich mit den Lernenden kommuniziert würde.»
(RIF)
Als Ausbildner hat man je nachdem auch ausserhalb der Arbeitszeit eine besondere Verantwortung für seine Lernenden. Etwa wenn die Lernenden jünger als 16 Jahre alt und nicht urteilsfähig sind und deren Erziehungsberechtigte nicht in der Nähe weilen. In der Praxis trifft das zum Beispiel zu, wenn 15-jährige Lernende während der Ausbildung wegen der Distanz zum Lehrbetrieb nicht im Elternhaus wohnen können, sondern in einer vom Betrieb gestellten Unterkunft – Mitarbeiterhaus oder Lehrlingswohnung – untergebracht sind. Für den Ausbildner respektive Ausbildungsbetrieb gilt die sogenannte Garantenstellung. Das heisst, dass Gefahren für den Lernenden im betrieblichen und wohnlichen Verantwortungsbereich erkannt, verhindert und/oder gemindert werden müssen.
Personen unter 18 Jahren sind beschränkt handlungsfähig (Art. 12 bis 19 ZGB). Deshalb können Lernende zwar gewisse Geschäfte selbständig abschliessen, für Verpflichtungen, die über diese Ausnahmen hinausgehen, brauchen sie jedoch die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertretung (Eltern/Beistand). Weisungen und Regeln, die direkt aus dem bereits von den Eltern genehmigten Lehrvertrag folgen oder zu seinem Vorteil sind, darf der Lernende unterschreiben. Die Zustimmung der Eltern ist hingegen nötig, wenn ein Lehrvertrag abgeschlossen oder abgeändert werden soll.
Gemäss der Jugendschutzverordnung ist der Umgang mit Spirituosen und Rauchwaren für Minderjährige grundsätzlich eingeschränkt. Allerdings gibt es eine Ausnahme für Schulung, die während der Berufsbildung erfolgt, sofern diese im Rahmen der Ausbildung wirklich notwendig ist. Die Aktivität muss so gestaltet sein, dass keine Risiken für die Gesundheit der Lernenden bestehen und diese unter fachkundiger Anleitung erfolgt. Auch muss klar sein, dass es keine allgemeine Freigabe für den Umgang mit Alkohol ausserhalb dieser Ausbildung gibt. Der Ausbildner muss zudem Massnahmen treffen, um den Jugendschutz zu gewährleisten. Zum Beispiel durch Aufklärung über die Risiken dieser Genussmittel und den verantwortungsbewussten Umgang damit.
Rechtlich kann Ihre Lernende gegen sie vorgehen, wenn sie Ihnen eine Pflichtverletzung nachweist. In der Praxis ist das selten erfolgversprechend. Besonders wenn Sie Ihre Ausbildungsarbeit dokumentiert und nachweislich sorgfältig geleistet haben. Um Ihre Rechtssicherheit zu stärken, sollten Ausbildner den Bildungsplan korrekt anwenden, Feedback- und Beurteilungsgespräche sowie Hinweise auf Leistungsdefizite protokollieren, sich regelmässig mit ÜK-Leitern und Berufsfachschule austauschen und bei Problemen frühzeitige Interventionsmassnahmen ergreifen.
Lernende, die Bäcker-Konditor-Confiseur EBA oder EFZ lernen, dürfen höchstens fünf Nächte pro Woche arbeiten. Was den Arbeitsbeginn betrifft, gibt es altersmässige Unterschiede. Für Lernende ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist der Arbeitsbeginn ab vier Uhr früh sowie vor Sonn- und Feiertagen ab drei Uhr erlaubt. Lernende, die das 17. Altersjahr vollendet haben, dürfen bereits ab drei Uhr sowie vor Sonn- und Feiertagen ab zwei Uhr früh eingesetzt werden. Was die Arbeit am Sonntag betrifft, dürfen 16-Jährige höchstens einmal im Monat und über 17-Jährige maximal zweimal im Monat eingeteilt werden.
Grundsätzlich ja, sofern die Kosten im Lehrvertrag gültig vereinbart sind – gemäss OR und L-GAV – und sie mit den Mindestansätzen (AHV/Steuer) übereinstimmen. Lernende sind in verschiedenen Kantonen aber zusätzlich durch kantonale Weisungen geschützt. Ohne anderweitige Vereinbarungen, die im Lehrvertrag klar aufgeführt sein müssen, gelten die AHV-Ansätze für Frühstück, Mittag- und Abendessen. Es dürfen den Lernenden nur die effektiv konsumierten Mahlzeiten berechnet werden. Verpflegungspauschalen sind allerdings erlaubt, sofern sie Ferien-, Schul- und Ruhetage berücksichtigen.
Ja, auch Lernende in Betrieben mit zwei Schliessungstagen unter der Woche haben das Anrecht auf freie Sonntage. Pro Quartal steht ihnen mindestens ein freier Sonntag zu. Dies exklusiv der Sonntage während Ferien. Fällt der Besuch der Berufsfachschule oder der Besuch von überbetrieblichen Kursen auf einen der beiden Schliessungstage, stehen Lernenden mindestens zwölf Sonntage pro Jahr exklusive Feriensonntage zu.
Im Rahmen Ihrer persönlichen Arbeitsleistungen sind Sie an die Weisungen Ihres Arbeitgebers gebunden. Sie können sich daher nicht ohne Weiteres weigern, den ihnen zugewiesenen Lernenden auszubilden, ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen zu riskieren. Statt sich zu verweigern, sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Chef suchen und das Problem mit dem Lernenden ansprechen. Formulieren Sie Ihre Schwierigkeiten klar und dokumentieren Sie die Probleme. Schlagen Sie alternative Lösungen vor, zum Beispiel eine andere Betreuungsperson oder spezielle Unterstützung.
Lohn- oder Ferienkürzungen zur Strafe sind rechtlich nicht zulässig. Greifen Sie stattdessen zum Werkzeug der formellen Abmahnungen. Weisen Sie den Lernenden und seine Eltern darauf hin, dass Sie, wenn sich das Verhalten nicht bis zu einem bestimmten Termin geändert hat, die Auflösung des Lehrvertrags unter Einschaltung der kantonalen Behörde in Erwägung ziehen.
Es gibt keine allgemeine 24-Stunden-Garantenstellung. Deshalb haftet ein Arbeitgeber nur für Handlungen von Lernenden ausserhalb des Betriebs- und Wohnbereichs, wenn er pflichtwidrig keine – oder nur ungenügende – Aufsichtsmassnahmen getroffen hat.
Die Reichweite dieser Pflicht umfasst verschiedene Bereiche. So müssen Sie dafür sorgen, dass Lernenden sichere, hygienische, altersgerechte Wohnräume sowie ausreichende Verpflegung zur Verfügung stehen. Auch angemessene Aufsicht zählt dazu. Gesundheit und Sicherheit (Unfall- und Brandschutz) müssen nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch in den Wohn- und Gemeinschaftsräumen gewährleistet sein. Eine weitere Pflicht im Rahmen der Garantenstellung betrifft den Schutz der Privat- und Intimsphäre der Lernenden. Ausbildner müssen die ihnen Anvertrauten vor sexuellen Übergriffen, Suchtmitteln und unzulässigen Beschäftigungen schützen. Sie müssen zudem sicherstellen, dass die Arbeits- und Wohnbedingungen den Schulbesuch, das Erledigen von Hausaufgaben sowie die Erholung ermöglichen. Zudem stehen die Ausbildner den Eltern oder Beiständen gegenüber in einer Informationspflicht.
Wichtige Nachschlagewerke sind die Vereinbarung für Lernende im Schweizer Gastgewerbe sowie die Gesamtarbeitsverträge für das Gastgewerbe und das Bäcker-, Konditor- und Confiseur-Gewerbe. Alle drei sind unter hotelgastrounion.ch kostenlos downloadbar. Tauchen komplexere Fragen oder Probleme mit den Lernenden oder ihren Erziehungsberechtigten (Eltern oder Beistand) auf, erhalten Mitglieder der Hotel & Gastro Union kostenlos Unterstützung durch den Rechtsdienst.
Telefon 041 418 22 22
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