Schon bald steht Weihnachten vor der Tür und damit die Hochsaison für das Gutscheingeschäft. Dieses bietet für Hotel- und Gastrobetriebe eine spannende zusätzliche Einnahmequelle, ein Marketinginstrument und eine Möglichkeit zur Kundenbindung.

Illustration Sonja Demarmels.
Was schenkt man jemandem, der schon alles hat? Oft landet in diesen Fällen ein Couvert mit einem Geschenkgutschein unter dem Weihnachtsbaum. Für ein Abendessen, einen Tag im Spa oder eine Übernachtung im Hotel. Mit wenigen Klicks online bestellt und ausgedruckt. Für viele Betriebe im Gastgewerbe sind Gutscheine eine bedeutende Einnahmequelle.
«Gutscheine sind für uns ein wichtiges Instrument, um neue Gäste zu gewinnen und Wiederbesuche zu fördern», sagt Sandra Brack, Gastgeberin im Restaurant Equitable in Zürich. Der Betrieb bietet ausschliesslich Wertgutscheine an, die zum Beispiel über die Website bestellt und in physischer Form per Post versandt werden. «Viele Gäste empfinden dies als persönlicher und hochwertiger als eine rein digitale Lösung.» Die Ausstellung und den Versand übernehmen die Mitarbeitenden selbst. «Auf diese Weise können wir individuell auf jede Bestellung eingehen und den Gutscheinen eine persönliche Note verleihen.»
Auch das Hotel Hof Weissbad in Appenzell Innerrhoden macht positive Erfahrungen mit Gutscheinen. «Wir generieren einen sehr guten Umsatz mit dem Verkauf und verzeichnen auch viele neue Besucher», sagt Direktorin Susanne Leu. Ausserdem eröffneten Gutscheine die Chance eines attraktiven und nachhaltigen Auftritts – beispielsweise bei Gewinnspielen im Radio oder an Netzwerkanlässen, Fachtagungen sowie sonstigen Events.
Für den Gutscheinverkauf und die Verwaltung Gutscheine nutzt das Hotel Hof Weissbad das E-Guma Gutschein- und Ticketsystem. Das Schweizer Unternehmen spezialisiert sich seit 2005 auf das Gutschein-Management und betreut über 1500 Kunden. «Die Nachfrage nach Gutscheinen ist ungebrochen», sagt Martin Gerber, Co-Founder und Managing Partner. Und das Geschäft sei nicht auf die Feiertage begrenzt. «Zwar werden in der Weihnachtszeit die höchsten Umsätze verzeichnet, doch Gutscheine werden das ganze Jahr gekauft.» Sei es für Geburtstage, Hochzeiten, Mitarbeitergeschenke oder einfach als Dankeschön zwischendurch.
Das Unternehmen stellt in den letzten Jahren eine klare Tendenz hin zu Erlebnisgutscheinen fest. «Die Menschen möchten ihre Zeit vermehrt gemeinsam verbringen und legen daher grossen Wert auf Erlebnisse, die verbinden», so Martin Gerber. Solche Erlebnisgutscheine wirken laut dem Co-Founder kreativer – der Preis stehe nicht im Vordergrund und das Geschenk werde nicht als Geldwert, sondern als persönliche Aufmerksamkeit wahrgenommen. Dennoch bleiben klassische Wertgutscheine weiterhin wichtig. Gerber rät, beides anzubieten. «Viele Partnerbetriebe, die ursprünglich nur Wertgutscheine in ihrem Sortiment hatten, ergänzen ihr Angebot inzwischen um spezifische Erlebnisse – und können dadurch ihren Gutscheinumsatz teilweise verdoppeln oder gar verdreifachen.»
David Giess, Bäckerei Maier
So handhabt es auch das Hotel Hof Weissbad. Im Gutscheinshop kann man zwischen Wertgutscheinen oder spezifischen Gutscheinangeboten wählen – wie einem Frühstück, einer Wellness- oder Kosmetikbehandlung oder einem Übernachtungspaket.
Dass Gutscheine im Gastgewerbe ein grosses Thema sind, zeigt auch das neue Angebot von Orderbird. Der Anbieter von cloudbasierten Kassensystemen für die Gastronomie lancierte jüngst ein integriertes Gutscheinsystem. Damit können Wertgutscheine direkt über das Kassensystem erstellt und auch verwaltet werden. «Gutscheine sind für Gastronominnen und Gastronomen eine wertvolle Möglichkeit, ihr Umsatzpotenzial zu steigern und Gäste langfristig zu binden», sagt der Head of Product Lukas Haslbeck.
Eine weitere Möglichkeit für das Ausstellen und Verwalten von Gutscheinen nutzt die Bäckerei Maier, die mit zehn Filialen in den Kantonen Aargau und Solothurn vertreten ist. «Wir bieten eine kombinierte Kunden- und Geschenkkarte», sagt David Giess, Leiter Administration. Diese kann als klassischer Gutschein verschenkt oder auch als Prepaid-Karte für regelmässige Einkäufe genutzt werden.
Als Geschenk besonders beliebt seien Beiträge zwischen 40 und 100 Franken. Für höhere Aufladungen ab 100 Franken erhalten die Kunden ausserdem Treuerabatte. Wer 100 Franken auflädt, erhält 105 Franken gutgeschrieben, wer 200 Franken auflädt 212 Franken, und so weiter. «Viele Gäste kommen durch Geschenkkarten erstmals mit uns in Kontakt und werden dadurch zu regelmässigen Kunden», so David Giess. Da sich die Kundenkarten auf das ganze Sortiment bei der Bäckerei Maier anwenden lassen, komme es sehr selten vor, dass verschenkte Karten nicht eingelöst würden. Ausserdem haben aufgeladene Kundenkarten kein Ablaufdatum.
Neben den eigenen Gutscheinen ist die Bäckerei Maier auch in regionalen Zwei-für-eins-Gutscheinbüchern vertreten. «Dies ist ein reines Marketing-Instrument und dient dazu, neue Kunden und Kundinnen zu gewinnen», sagt David Giess. Das Ziel des Booklets ist laut den Anbietern, Regionalität zu fördern, indem Betriebe ihre Spezialitäten einem breiten Publikum präsentieren können. Das Booklet wird für 35 Franken verkauft, jeweils im November und Dezember. Partnerbetriebe können die Gutscheinbücher auch verkaufen und erhalten zehn Franken pro verkauftem Buch.
Auch das Restaurant Equitable setzt auf Gutschein-Kooperationen. Zum einen ist es in der Fine-Dine-Box Zürich, zum anderen im Gutscheinbuch «Essen gehn! Zürich» vertreten. Erstere umfasst zwölf Restaurant-Gutscheine mit verschiedenen Beträgen, das Buch umfasst derweil eine kostenlose Hauptspeise in einer Gruppe ab zwei Personen.
Die Erfahrungen sind laut Gastgeberin Sandra Brack insgesamt gut: «Beide Kooperationen tragen dazu bei, unsere Sichtbarkeit zu erhöhen und Gäste auf uns aufmerksam zu machen, die ansonsten möglicherweise nicht zu uns gefunden hätten.» Über die Fine-Dine-Box erreiche man vor allem Gäste, die gezielt nach einem hochwertigen Fine-Dine-Erlebnis suchen und bewusst neue Restaurants kennenlernen möchten. Das Buch «Essen gehn!» spreche hingegen verstärkt ein jüngeres Publikum an. «Dieses früh zu gewinnen, betrachten wir als besonders wertvoll.»
Sandra Brack, Gastgeberin «Equitable»
Wertvoll ist für Gastronominnen und Hoteliers auch der Effekt, den ein Gutschein auf das Konsumverhalten der Gäste ausübt. «Oft erleben wir, dass Gäste den Gutschein als Teil eines besonderen Erlebnisses betrachten. Viele konsumieren darüber hinaus, da ein Teil des Betrags bereits geschenkt ist», sagt Sandra Brack vom «Equitable». David Giess von der Bäckerei Maier stellt Ähnliches fest: «Viele nutzen den Gutschein als Anlass, sich etwas Besonderes zu gönnen – beispielsweise ein Frühstück oder Dessert, das sie sonst vielleicht nicht gewählt hätten.»
Diese Beobachtungen werden durch Martin Gerber von E-Guma bestätigt: «Gäste mit Gutscheinen konsumieren oftmals überdurchschnittlich viel», sagt dieser. «Sie gönnen sich eher Upgrades oder zusätzliche Leistungen, da sie das Gefühl haben, ihr Erlebnis sei bereits bezahlt.»
Das grosse Gutschein-Angebot bedeutet aber auch grosse Konkurrenz, gerade im Weihnachtsgeschäft. Es gilt, die Gäste rechtzeitig anzusprechen. Die Bäckerei Maier tut das zum Beispiel über Flyer und Aushänge in den Filialen oder über Weihnachtsund Muttertagsaktionen. Das Restaurant Equitable macht im Newsletter darauf aufmerksam. Doch auch nach Weihnachten wird das Gutscheingeschäft relevant sein. Es lohnt sich, hier am Ball zu bleiben und neue Angebote zu testen.
(Alice Guldimann)
4 Mal so hoch wie im restlichen Jahr sind die Gutscheinverkäufe laut E-Guma im Monat Dezember.
75 Prozent der Gutscheine werden heute digital gekauft.
Am beliebtesten sind laut einer You-Gov-Umfrage Shopping-, Restaurant- und Wellnessgutscheine.
40 Prozent der Befragten geben in der gleichen Umfrage an, dass sie schon einmal einen Gutschein verfallen liessen.
Gutscheine sind laut Martin Gerber von E-Guma im Grunde bezahltes Marketing. Anders gesagt: eine bezahlte Weiterempfehlung. Jeder verschenkte Gutschein bringt potenziell neue Gäste ins Haus, die häufig mehr konsumieren, als der Gutscheinwert abdeckt. Zudem sind Gutscheine aus finanzieller Sicht spannend, da sie sofortige Liquidität schaffen.
Die Menschen verschenken heute gerne Erlebnisse. Es lohnt sich, ein Angebot zu haben, das unterschiedliche Gästegruppen und -bedürfnisse abdeckt. Für eine Hochzeit braucht es ein anderes Arrangement als für einen Geburtstag.
Obwohl ein Grossteil der Gutscheine heute digital gekauft wird, schätzen viele Kunden noch einen physischen Gutschein – in einem hochwertigen Couvert, mit einer persönlichen Note. Auch hier sollte man beide Bedürfnisse abdecken können.
Hier muss man unterscheiden zwischen Wert- und Leistungsgutscheinen. Ist eine fixe Leistung vordefiniert – wie ein Menü oder eine Gesichtsbehandlung –, fällt die Mehrwertsteuer beim Verkauf des Gutscheins an. Wertgutscheine hingegen haben den Charakter eines Zahlungsmittels, losgelöst von einer bestimmten Leistung. Diese sind bei der Einlösung des Gutscheines zu versteuern.
Laut dem Obligationenrecht sind Gutscheine je nach Leistung zwischen fünf und zehn Jahren gültig. Für kleinere Waren, zu denen auch Restaurantbesuche gezählt werden, sind es fünf Jahre, bei Gutscheinen für Reisen oder Hotelübernachtungen sind es zehn Jahre. Martin Gerber rät, bei abgelaufenen Gutscheinen kulant zu sein. «Ein Gutschein wurde bezahlt, und ein freundlicher, flexibler Umgang sorgt für ein positives Gästeerlebnis.»
Ja, das ist zulässig. Zum Beispiel die Einschränkung, dass ein Gutschein nur ab einem bestimmten Betrag (Mindestkonsum) eingelöst werden kann. Auch die Ausnahme bestimmter Warengruppen oder im Gastgewerbe bestimmter Wochentage ist möglich. Dies muss auf dem Gutschein klar ersichtlich sein.
Betriebe sind nicht verpflichtet, Restbeträge eines Gutscheins auszuzahlen. Der Restbetrag kann auf dem Gutschein notiert oder ein neuer Gutschein mit dem entsprechenden Betrag ausgestellt werden.
Wer einen bestehenden Betrieb mit allen Verpflichtungen übernimmt, übernimmt auch die offenen Gutscheine. Wird eine neue Firma gegründet, verlieren die Gutscheine der vorherigen Betreiber die Gültigkeit.
Hier eine allgemeine Aussage zu treffen, ist schwierig. Denn die Zahl variiert je nach Betrieb stark. Martin Gerber stellt jedoch klar: «Gutscheine sind definitiv ein lukratives Geschäft, da es immer einen nicht unwesentlichen Anteil gibt, der nicht eingelöst wird. Diese können Betriebe am Ende als Reingewinn verbuchen.»