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«Bald kann ich Gäste alleine Einchecken – auf Chinesisch»

Seit Dezember arbeitet Dominik Moser als Front Office Trainee im «Grand Hyatt Shanghai». Ein Praktikum, bei dem der Hotelfachschüler mehr lernt als die Grundlagen des Gästeempfangs.

Dominik Moser arbeitet noch bis Juni 2018 in Shanghai. Seine Praktikumsstelle fand er über das Ambassadoren-Programm der Hotel & Gastro Union. (Bilder ZVG)

Dominik Moser, Sie sind gelernter Restaurationsfachmann. Wie kommen Sie nach Shanghai an die Réception?
Dominik Moser: Ich absolviere die Schweizerische Hotelfachschule Luzern SHL und bin im dritten Semester. In diesem geht es ums Front Office. Das entsprechende Praktikum wollte ich unbedingt im Ausland machen.

Sie nutzten dazu das Ambassadoren-Programm der Hotel & Gastro Union.
Ja, und ich bekam Angebote aus Amerika, Singapur, den Malediven und Shanghai. Für China entschied ich mich, weil ich weder die Kultur noch die Sprache kannte und auch sonst kaum etwas über das Land wusste. Ich dachte mir, wenn ich schon ins Unbekannte eintauche, dann gleich richtig!

Und? Ist Ihnen das gelungen?
Ich wollte ins kalte Wasser springen, um möglichst viel zu lernen – und das Wasser ist sehr kalt. Aber das Eintauchen lohnt sich. Ich kann es jedem empfehlen, der über sich hinauswachsen möchte. Das Praktikum in Shanghai ist für mich beruflich wie auch privat eine riesige Erfahrung. Man erarbeitet sich ein neues Leben, baut neue Freundeskreise auf und lernt, Hindernisse zu meistern.

Hindernisse wie die Sprache?
Die ist eine echte Herausforderung. Unser Front Office Manager ist zwar Deutscher, aber 95 Prozent des Teams sind Chinesen. Die Teambriefings finden auf Englisch statt, die Alltagskommunikation jedoch läuft auf Mandarin. Trotz erschwerter Kommunikation haben mich meine Arbeitskollegen sehr gut ins Team aufgenommen. Sie sind alle hilfsbereit und unterstützen mich, so dass ich ein Check-in auf Chinesisch bald alleine abwickeln kann.

Wie ist Ihr Arbeitsumfeld?
Ich arbeite an der Main Reception in der 54. Etage. Meine Hauptaufgabe sind Check-in und Check-out der Gäste unserer 550 Zimmer. Ich habe geregelte Arbeitszeiten, fünf Tage pro Woche zu 8,5 Stunden inklusive 30 Minuten Pause. Meistens kann ich meine Freitage zusammenhängend beziehen, so dass ich Ausflüge aufs Land und in andere Städte machen kann. Lohn gibt es für Praktikanten wie mich nicht. Das ist von der Regierung verboten. Aber es gibt eine Art Spesenkonto in der Höhe von umgerechnet 300 Franken pro Monat. Gegen Abgabe von Quittungen erhalte ich aus diesem Konto ein Taschengeld.

Wie sieht es mit Kost und Logis aus?
Als Unterkunft steht mir ein Standard Twin Room des Hotels zur Verfügung, den ich mit einem anderen Praktikanten teilen müsste. Doch vorläufig habe ich das Zimmer zur Einzelbenützung. Pro Woche stehen mir im Hotel acht Mahlzeiten zu. Diese kann ich in der Mitarbeiterkantine einnehmen. Dort wird ausschliesslich chinesisch gekocht. Als ausländischer Student habe ich zudem das Privileg, im international ausgerichteten Buffet-Restaurant Grand Café essen zu dürfen.

Welche Erfahrungen machten Sie mit der Küche Chinas?
Die Essgewohnheiten der Chinesen sind für mich als Schweizer manchmal etwas speziell. Generell wird von einem Tier alles – Nose to Tail – gegessen. Enthält ein Gericht Schweinefleisch, weiss man aber nicht, welcher Teil des Tieres auf dem Teller liegt, da die Stücke nicht deklariert werden. Auch kocht und isst man Crevetten hier als ganzes Tier – mit Kopf, Fühlern, Füssen und Panzer. Das habe ich probiert, ist aber nicht meins. Auch Hühnerfüsse schmecken mir nicht besonders. Ansonsten ist das Essen in China aber sehr lecker. 

Gibt es auch beim Service kulturelle Unterschiede?
Ja, der Umgang mit den Gästen ist ganz anders als in der Schweiz. In Restaurants muss man die Kellner wortwörtlich an den Tisch rufen, sie kommen nicht von sich aus. Es gibt keine Vorspeisen und Hauptgänge. Alles wird gleichzeitig bestellt und in der Reihenfolge serviert, in der es dann eben gar ist. Wie bei einer Tavolata kommen die Gerichte in die Tischmitte, und jeder bedient sich.

Gibt es noch weitere Beispiele?
Oh ja, viele. Meine Arbeitskollegen waren beispielsweise überrascht, dass ich möglichst jeden Gast beim Vorbeigehen begrüsse. Sie sagten, dass ich das nicht tun müsse. Ich erklärte, dass ich das gern mache, damit sich die Gäste willkommen fühlen. Die Arbeitskollegen beobachteten danach die Gäste und stellten fest, dass diese sich tatsächlich über den Gruss freuten, lächelten und sogar zurück grüssten. Allgemein ist mir aufgefallen, dass die Leute in Shanghai wenig lächeln, sich auf der Strasse anrempeln und sich bei Warteschlangen vordrängen.

Wie ist das mit der staatlichen Zensur?
Die spüren wir im Hotel jeden Tag. Die Zugänge zu Google, Facebook, Instagram, Twitter, Whatsapp und anderen westlichen Online-Diensten sind in China gesperrt. Das ist für unsere internationalen Gäste oft ein Problem. Ich selbst habe mir eine VPN-Adresse (Virtual Private Network, damit kann man anonym im Internet surfen) zugelegt, damit ich trotz der staatlichen Zensur mit meinen Freunden in der Schweiz auf diesen Kanälen kommunizieren kann.

(Interview Riccarda Frei)


Zur Person

Dominik Moser ist 22 Jahre alt. Der SHL-Student ist Mitglied des Berufsverbands Restauration. Zurzeit lebt und arbeitet er in Shanghai. In seiner Freizeit büffelt er mit einer App Chinesisch und erkundet Land und Leute.


Mehr Informationen unter: 

www.ambassadoren.ch