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«Gastrosuisse blockiert L-GAV-Verhandlungen»

Im Januar 2019 begannen Verhandlungen für einen neuen L-GAV. Anfang 2021 hätte dieser in Kraft treten sollen. Doch im Mai stoppte Gastrosuisse die Verhandlungen ohne Vorwarnung. Mittlerweils dauert die Blockade ein halbes Jahr. Was ist los? Stefan Unternährer gibt Auskunft.

Stefan Unternährer leitet die L-GAV-Verhandlungen auf Seite der Arbeitnehmerorganisationen. (ZVG)

Stefan Unternährer, warum blockiert Gastrosuisse die Verhandlungen für einen neuen Landes-Gesamtarbeitsvertrag (L-GAV)? 
Stefan
Unternährer: Gastrosuisse stört, dass aktuell in zwei Kantonen Unterschriften für einen Mindestlohn gesammelt werden und die UNIA und die Syna bei den Unterschriftensammlungen mitmachen. Darum läuft seit Mai in Sachen L-GAV-Verhandlungen nichts mehr. Vereinbarte Verhandlungstermine werden von Gastrosuisse einer nach dem anderen kurzfristig abgesagt. 

In Sachen L-GAV läuft zurzeit einiges schief. Auch die Mindestlohnverhandlungen für 2020 sind gescheitert und jetzt vor Schiedsgericht. Steht der L-GAV auf der Kippe?
Gastrosuisse beteuert, zum L-GAV zu stehen. Wie lange diese Beteuerung Bestand haben wird, wissen wir nicht. Sicher ist im Moment nur, dass der L-GAV bis Ende 2020 abgeschlossen ist. Was danach kommt, ist offen. 

Ist es zeitlich noch möglich, auf Anfang 2021 einen neuen L-GAV in Kraft zu setzen? 
Nein. Wegen der langen Verhandlungsblockade durch Gastrosuisse ist die Inkraftsetzung eines neuen L-GAV auf den 1. Januar 2021 nicht mehr möglich. Wir haben deshalb Gastrosuisse vorgeschlagen, beim Bundesrat die Verlängerung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung des aktuellen L-GAV um ein Jahr zu beantragen. Gastrosuisse drückt sich vor der Antwort - sie wollen nächstes Jahr entscheiden. 

Was fordert die Hotel & Gastro Union von Gastrosuisse?
Die sofortige Rückkehr an den Verhandlungstisch! Eine noch länger dauernde Blockade der Verhandlungen ist gegenüber der Branche nicht zu verantworten. Der Fachkräftemangel belastet die Betriebe. Sie brauchen Lösungen, um auf die Herausforderungen am Arbeitsmarkt reagieren zu können. Diese Gespräche sind im Interesse der Branche dringend. Nach Abschluss der Gespräche stehen Gastrosuisse immer noch alle Optionen offen. 

Hat die Hotel & Gastro Union kein Verständnis für die Position von Gastrosuisse?
Dass sich Gastrosuisse über kantonale Mindestlöhne ärgert, ist nachvollziehbar. Aber die kantonale Mindestlohnfrage mit den L-GAV-Verhandlungen zu verknüpfen, ist Unsinn. Die Mindestlohnfrage wird von der Politik entschieden werden. Die Verhandlungsblockade beim L-GAV wird ohne jeden Einfluss auf den Ausgang dieses politischen Entscheides bleiben. Ich vermute daher, dass Gastrosuisse die kantonale Mindestlohnfrage nur vorschiebt, um keine L-GAV–Verhandlungen mehr führen zu müssen.

«Wir fordern, dass Gastrosuisse sofort an den Verhandlungstisch zurückkehrt.»
 

Wie sollen sich in diesen unsicheren Zeiten die Mitarbeiter verhalten? 
Sie könnten nachdenken. Letztlich muss jeder einzelne Gastgewerbler schauen, dass es den Gastgewerblern gut geht. Diese Aufgabe nimmt den Gastgewerblern keiner ab. Das Zusammenstehen in einem starken Verband könnte den politischen Einfluss der Arbeitnehmer stärken. Heute ist der Organisationsgrad aber tief und der Einfluss der Arbeitnehmer in der Berufsbildungs- und Sozialpolitik entsprechend gering. Von nichts kommt halt nichts. 

(Interview Mario Gsell)


Zur Person

Stefan Unternäher ist Stellvertretender Geschäftsleiter der Hotel & Gastro Union und Leiter Rechtsdienst. Seit über 20 Jahren verhandelt Unternährer den L-GAV mit den Arbeitgeberorganisationen (Gastrosuisse, Hotelleriesuisse und Swiss Caterer Association SCA. Er ist der Verhandlungsleiter auf Seiten der Arbeitnehmerorganisationen (Hotel & Gastro Union, Unia und Syna).