Kochen vor dem Gast: Damit dies zum schönen Erlebnis wird, muss im Team viel stimmen. Laute Töne liegen nicht drin.
Sven Wassmer, was ist im letzten halben Jahr passiert?
SvenWassmer: Wir haben viel gekocht und experimentiert. Das war nicht immer einfach. Im Winter die Sommergerichte auszuprobieren, stellte uns vor Herausforderungen. Zum Glück hatten wir gewisse Produkte eingekocht und konnten so Geschmackskombinationen testen, obwohl wir keine frischen Produkte hatten.
Und ausserhalb der Küche?
Ich musste mich mit der Küchenplanung auseinandersetzen und schauen, dass die Pläne richtig umgesetzt wurden. Finale Entscheidungen fällen, Anpassungen machen, den Auftritt unserer Marke mitgestalten, ich war an allen Fronten beschäftigt. Die Zeit verging plötzlich sehr schnell.
Wie verlief die Arbeit mit dem Innenarchitekten?
Hier arbeitete ich eng mit Claudio Carbone zusammen, ein toller Interior Designer aus Wolfhalden/AR. Wir verstanden uns von Beginn weg sehr gut. Er begriff meine Vision von Natürlichkeit, Stein, Holz. Ich wollte greifbare, fühlbare Materialien. Nichts sollte glänzen und poliert sein. Und doch sollte es etwas hermachen. Das Resultat ist stimmig.
Ihr Highlight?
Besonders schön ist, dass wir das Parkett des Hotels aus dem Jahr 1869 restaurieren und verwenden konnten. Die Deckenmalereien stammen vom letzten Umbau im Jahr 1991. Und nun feiert das Haus dieses Jahr sein 150. Jubiläum, und wir können hier mehrere Epochen verknüpfen – genial.
Bei Ihnen isst der Gast quasi in der Küche. Welche Herausforderungen birgt dies?
Wir müssen sehr gut organisiert sein. Wir sind acht Köche, die im gleichen Raum arbeiten, in dem die Gäste essen. Chaos liegt nicht drin. Andererseits soll die Geschichte echt sein. Da kann auch mal ein Teller herunterfallen oder ein Küchengerät zu hören sein. Geschrei liegt nicht drin.
Der zweite grosse Name neben Ihnen in der Küche ist Pâtissier Andy Vorbusch.
Als er mich anrief, erwartete ich, dass er mir einen Pâtissier vermitteln möchte. Ich konnte es kaum glauben, als er mir erklärte, dass er selber ins Team wolle. Wir harmonieren sehr gut, denken auf der gleichen Ebene. Wir tauschen uns oft aus, kritisieren uns gegenseitig konstruktiv.
Wo sieht man Sie am Abend?
Überall. Ich liebe Action während des Service. Die Saucen, das Anrichten, die Präsentation vor dem Gast.
Kein Wagyu, kein Hummer – wird der Gast den Preis des Menüs verstehen?
Luxus ist für mich nicht Hummer. Luxusprodukte sind für mich all die sorgfältig ausgesuchten lokalen Produkte. Sie haben Charakter, bieten Geschichten. Ich mache mir keine Sorgen, dass der Gast das nicht versteht. Rechnet man den Menüpreis auf die Gänge herunter, ist man bei weniger als 30 Franken pro Gang. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.
(Interview Benny Epstein)
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