Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

Seit 135 Jahren im Einsatz für die Gastgewerbler

Die Hotel & Gastro Union ist 1886 gegründet worden. Seither hat sich auf der Welt und im Gastgewerbe sehr viel verändert, aber eines ist bis heute gleichgeblieben: Die Mitglieder der Union unterstützen sich noch immer gegenseitig und setzen sich für die Belange ihrer Berufe ein. Hier ein paar Beispiele aus der Erfolgsbilanz der vergangenen 135 Jahre.

  • Esther Lüscher ist seit 2002 Mitglied der Hotel & Gastro Union. Seit 2015 steht sie der Organisation als Präsidentin vor.

1886: Arbeitnehmer im Gastgewerbe vereinen sich

Am 8. Oktober wird die heutige Hotel & Gastro Union gegründet. Ihr ursprünglicher Name lautet Winkelried-Verein. Die Initiative zur Vereinsgründung kommt vom Concierge Caspar Aschwanden. Er wird der erste Sekretär (Geschäftsführer) der Union. Da es noch keine staatliche Sozialhilfe und Altersvorsorge gibt, ist die Absicherung der Mitglieder ein grosses Thema. Schon damals ist den Gründern klar: «Die Hilfe müssen wir nicht ausserhalb unseres eigenen Kreises suchen, sondern bei uns. Wenn wir uns nicht selber zu helfen wüssten, so hülfe uns niemand.» Und so richtet die Union Helvetia für ihre Mitglieder eine Kranken- und Sterbekasse sowie Alters- und Invalidenkasse ein. Zudem bietet sie zinsfreie Darlehen und sogar eine Brandschutzversicherung an.

1886: Coca-Cola, Maggi und Gotthard-EisenbahnTunnel

Im Gründungsjahr der Hotel & Gastro Union ist viel los. Im Januar beantragt Carl Benz ein Patent für das von ihm gebaute Automobil. Am 8. Mai erfindet Dr. John Stith Pemberton Coca-Cola und genau einen Monat später entwickelt Julius Maggi seine Würzsauce. Der erste Zug fährt am 23. Mai durch den Gotthard-Tunnel. In Zürich wird am 1. September der Grasshopper Club Zürich gegründet. Am 28. Oktober weiht der US-Präsident Grover Cleveland die Freiheitsstatue ein und am 30. November wird in Paris die erste «Les Folies Bergère»-Revue gezeigt.

1919: Der erste Landes-Gesamtarbeitsvertrag tritt in Kraft

Nach harten Debatten, einer Streik­drohung und mit bundesrätlicher Unterstützung kann die Union Helvetia den ersten Landes-Gesamtarbeitsvertrag (L-GAV) für das Gastgewerbe erwirken. Allerdings ist dieser nur bis 1921 gültig und wird danach nicht erneuert. An seiner Stelle gibt es einen Flickenteppich zahlreicher regionaler Vereinbarungen. Die Union überarbeitet ihre Organisation und Verbandsgrundsätze. Neu dürfen auch Frauen und Ausländer, die im Schweizer Gastgewerbe arbeiten, Mitglied werden. Dies allerdings mit eingeschränkten Rechten. Die Union Helvetia bezeichnet sich nun als Zentralverband der schweizerischen Hotel- und Restaurantangestellten.

1919: Prohibition und Grippe

Am 18. Januar beginnt die Pariser Friedenskonferenz in Versailles mit dem Ziel, den 1. Weltkrieg zu beenden. Zwei Tage zuvor wird in den USA die Alkoholprohibition, also das Verbot zu Herstellung, Verkauf und Konsumation alkoholischer Getränke, beschlossen. Am 8. Februar wird «Ligne Farman», die erste Linienflug-gesellschaft der Welt, gegründet. Sie wird 1933 zur Air France. Nach einem Jahr geht die Spanische-Grippe-Pandemie zu Ende.

1920: Fachspezifische Zweigvereine entstehen

Als erster Zweigverein der damaligen Union Helvetia wird der Schweizer Kochverband ins Leben gerufen. Nur ein paar Monate später folgt die Gründung des Schweizerischen Servierpersonal-Verbands. Aus den damaligen Fachvereinigungen entwickeln sich im Laufe der Zeit die heutigen Berufsverbände.

1936: Modern Times

Trotz Nazi-Diktatur werden die Olympischen Spiele in Deutschland durchgeführt. Charlie Chaplins Film «Modern Times» hat am 5. Februar in New York Premiere. Am 4. März absolviert der Zeppelin «Graf Hindenburg» erfolgreich seine Jungfernfahrt. Am 17. Juni beginnt der Spanische Bürgerkrieg. Der britische König Eduard VIII. dankt am 10. Dezember ab, um die bürgerliche Wallis Simpson zu heiraten. Franklin D. Roosevelt wird am 3. November für eine zweite Amtszeit zum Präsidenten der USA gewählt. Herbert Wendler erfindet die Lebkuchen-Spezialität namens Dominostein.

In der Zeit von 1880 bis 1900 verdoppelte sich in der Schweiz die Zahl der Pensionen und Hotels. Besonders in den neu gebauten Jugendstilhotel-Palästen herrschte grosser Personalbedarf. Allerdings gab es in der Schweiz kaum qualifiziertes Personal. Dies nicht nur, weil die Hotellerie und der Tourismus noch sehr junge, aufstrebende Branchen waren, sondern auch, weil die Ausbildungen teuer waren. Wer eine zweijährige Lehre absolvieren wollte – die dreijährigen Lehren gab es damals noch nicht – bekam während dieser Zeit keinen Lohn. Im Gegenteil, er musste dem Ausbildner das so genannte Lehrgeld bezahlen. In einer Zeit, wo der durchschnittliche Monatslohn 80 Franken betrug, waren 500 Franken Lehrgeld eine Summe, die nur wenige aufbringen konnten. Einheimische wurden daher meist als Hilfspersonal eingestellt. Für qualifizierte Arbeiten und leitende, besser bezahlte Stellen wurden Ausländer engagiert. Das stiess einheimischen Angestellten sauer auf. Zumal ihre Arbeitsbedingungen eh schon schlecht waren. Sie arbeiteten mehr oder weniger für Kost und Logis, und ihr Verdienst war das Trinkgeld, das sie einnahmen. Die Arbeitskleidung mussten sie selber mitbringen und reinigen. Es gab für die Angestellten im Gastgewerbe weder Unfallversicherung noch Kran-kenkasse, keine Altersvorsorge und auch keine bezahlten Weiterbildungen. Die Situation der Schweizer Angestellten in Gastgewerbe und Hotellerie zu verbessern, war die Hauptmotivation zur Gründung des Vereins Winkelried, der heutigen Hotel & Gastro Union. Den Gründern war bereits damals klar: «Die Hilfe müssen wir nicht ausserhalb unseres eigenen Kreises suchen, sondern bei uns.» Diese Maxime gilt seit 135 Jahren und ist auch heute noch so aktuell wie damals.

1936: Trinkgeldverordnung tritt in Kraft

Für umsatzentlöhnte Berufe wie Kellner, Etagenpersonal, Concierges und Portiers wird eine einheitliche Trinkgeldverordnung erlassen. Für das Büro- und Küchenpersonal gelten separate, regionale und sogar lokale Regeln. Diese sind in Verträgen gere-gelt, an deren Abschluss die Union beteiligt ist. Die Trinkgeldverteilung bietet immer wieder Grund für Konflikte. 1981 soll die Einführung von «Trinkgeld inbegriffen» das Problem lösen. Doch die Sitte des Trinkgeldgebens und die Diskussionen um faire Verteilung können auch damit bis heute nicht ausgerottet werden.

1944: Kauf des Hotels Montana in Luzern

An bester Aussichtslage auf den Vierwaldstättersee und die Stadt Luzern ersteht die Union Helvetia das Hotel Montana. Es soll ursprünglich als Altersresidenz für pensionierte Köche dienen, wird dann aber als Hotel, Verbandssitz und Standort der verbandseigenen Schule genutzt. Die von der Union Helvetia gegründete SHL Schweizerische Hotelfachschule Luzern ist im Westflügel untergebracht. 1987 kann die Schule in einen Neubau unterhalb des Hotels umziehen. Seither werden die SHL und das Art Deco Hotel Montana separat geführt, dies als Stiftung respektive Aktiengesellschaft der Hotel & Gastro Union.

1944: D-Day und Feuerzangenbowle

Der Zweite Weltkrieg tobt. Am 6. Juni landen die Alliierten Streitkräfte am so genannten D-Day in der Normandie. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz erhält den Friedensnobelpreis. Der Film «Die Feuerzangenbowle» mit Heinz Rühmann kommt in die Kinos.

1950: All Inclusive

Der Club Méditerranée wird als Non-Profit-Organisation gegründet und bietet noch im selben Jahr die ersten All-Inclusive-Ferien an.

1950: Sektion für Spitalköche

Der Schweizer Kochverband schenkt den Spitalköchen mehr Aufmerksamkeit und gründet für sie eine eigene Sektion.

1959 und 1964: Aussenposten gehen ein

1909 wird die SHL eröffnet. Die Ausbildung zeigt Wirkung. Schweizer übernehmen im In- und Ausland führende Posten in der Hotellerie. Um Mitglieder im Ausland zu unterstützen, unterhält die Union in verschiedenen Ländern Zweigstellen. Diese werden nach und nach aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben. 1959 wird der «Landesteil England» und 1964 der «Landesteil Amerika» aufgelöst.

1964: Rolling Stones und Rassentrennung

Der US-Präsident Lyndon B. Johnson unterzeichnet am 2. Juli das Gesetz zur Aufhebung der Rassentrennung. Am 1. Oktober wird in Japan der Shinkansen als erster Hochgeschwindigkeitszug in Betrieb genommen. Die Rolling Stones veröffentlichen am 26. April ihre erste LP. Der Boxer Cassius Clay wird zum ersten Mal Weltmeister im Schwergewicht.

1987: 5-Tage-Woche

Am 1. Juli tritt die im L-GAV für das Gastgewerbe vereinbarte 5-Tage-Woche in Kraft.

1987 Börsencrash

Am 11. Oktober stirbt der deutsche Politiker Uwe Barschel unter mysteriösen Umständen in einem Genfer Hotelzimmer. Am 19. Oktober gibt es einen Börsencrash, bei dem die Kurse um mehr als 20 Prozent einbrechen. Die Unternehmen Moët & Chandon und Louis Vuitton schliessen sich zusammen. Thomas Gottschalk moderiert erstmals die TV-Sendung «Wetten, dass ...?».

1988: Lohngleichheit

Am 1. November werden die Mindestlöhne für alle Beschäftigten im Gastgewerbe eingeführt. Frauen und Männer sind beim Mindestlohn gleichgestellt.

1993 und 1997: Neue Berufsprüfungen

Die Berufsprüfung Gastronomiekoch mit eidgenössischem Fachausweis (FA) wird 1993 ins Leben gerufen. Im selben Jahr startet auch die Berufs­prüfung Restaurationsleiter/-in FA. Vier Jahre später wird für die Mitarbeitenden im Front- und Back-Office die Berufsprüfung Hotelempfangs- und administrationsleiter/-in FA lanciert.

2010: Fast kostenlos Karriere machen

Der L-GAV 2010 bringt den Angestellten wichtige Vorteile. Aus- und Weiterbildungen werden grosszügig subventioniert. Mitarbeitende im Gastgewerbe können ihren Bildungsweg bis zum Nachdiplomstudium HF Hotelmanagement weitgehend kostenlos absolvieren. Zudem stehen den Angestellten neu fünf Wochen Ferien pro Jahr zu.

2010: Ölpest und «Satellite»

Am 4. Januar wird in Dubai das Burj Khalifa als höchstes Gebäude der Welt eingeweiht. Wegen einer Ex­plosion sinkt am 20. April die Bohrinsel Deepwater Horizon. Es kommt zur bisher schlimmsten Ölpest im Golf von Mexiko. Die deutsche Sängerin Lena Meyer-Landrut gewinnt mit dem Lied «Satellite» den 55. Eurovision Song Contest. In Haiti bebt die Erde. 1,3 Mio. Menschen werden obdachlos.

2012: Es gibt Neue Lohnkategorien

Die Lohnklassen für Kaderfunktionen und Dienstjahre entfallen. Ab jetzt orientieren sich die Lohnkategorien im L-GAV des Gastgewerbes ausschliesslich am Stand der beruflichen Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden. Ausserdem haben neu alle Angestellten bereits ab dem ersten Arbeitstag ein Anrecht auf den 13. Monatslohn.

2015: Frauenpower

Esther Lüscher wird als erste Frau in der langen Geschichte der Hotel & Gastro Union zur Präsidentin dieser Organisation gewählt.

(Riccarda Frei)


«Die Union gibt es auch in 50 Jahren noch»


In den 135 Jahren ihres Bestehens hat die Hotel & Gastro Union viel erreicht. Worauf sind Sie stolz?
Errungenschaften, auf die wir alle stolz sein dürfen, sind die Sozialpartnerschaft, die wir mit den Arbeitgeberverbänden pflegen, und der daraus entstandene Landes-Gesamtarbeitsvertrag L-GAV. Mich persönlich freut, dass unter unseren Mitgliedern sowie den verschiedenen Berufen eine grosse Verbundenheit besteht. Und dass unser Netzwerk konstant wächst.

Wo besteht künftig Handlungsbedarf?
Um sich langfristig noch besser für die Branche und die Berufsleute einsetzen zu können, muss die Hotel & Gastro Union an politischer Stärke gewinnen. Voraussetzung dafür ist, dass sich uns möglichst alle Mitarbeitenden in der Gastronomie, Hotellerie und im Bäckergewerbe anschliessen. Zudem gilt es, die Sozialpartnerschaft weiterzupflegen und unser höchstes Gut, den L-GAV, zu halten und weiterzuentwickeln.

Seit ihrer Gründung als «Hülfsverein» hat sich die Hotel & Gastro Union laufend weiterentwickelt. Wird es sie in 50 Jahren noch geben, und wie wird sie dann aussehen?
Ich bin überzeugt: Solange Berufsleute in unserer Branche weiterkommen wollen, wird die Hotel & Gastro Union auch bestehen bleiben. Was ihren Auftritt betrifft, denke ich, wird es eine Konzentration auf wirklich wesentliche Dienstleistungen geben. Mitglieder werden in Zukunft ver-mehrt digital und virtuell unterstützt werden. Gleichzeitig werden persönliche Kontakte und der soziale Austausch unter Berufskollegen noch wichtiger sein als heute. Die Union wird den entsprechenden Raum dazu bieten.