Seit dem 11. Mai dürfen Restaurants und Cafés wieder Gäste bewirten. Die HGZ Hotellerie Gastronomie Zeitung hat sich umgehört, wie der Betrieb angelaufen ist und welche Konzepte sich während des Lockdowns bewährt haben und nun weitergeführt werden.
Nach zwei Monaten ohne grössere Einnahmen steigen die Umsätze in vielen Betrieben fast täglich. Bis diese das Niveau von vor dem Lockdown erreichen, wird es noch eine Weile dauern. Doch die Gastronomen blicken positiv in die Zukunft. Sie sind guten Mutes. Wenn im zweiten Halbjahr alles optimal läuft, rechnen viele damit, dass 2020 mit einer schwarzen Null endet. Innovative Gastgeber haben die Zeit genutzt und ihre Konzepte überarbeitet, den Kontakt zu ihren Gästen intensiviert oder die Digitalisierung vorangetrieben. Weitere Stimmen aus der Branche finden Sie auf unserer Webseite.
«Am 16. März hat der Bundesrat die vorübergehende Schliessung der Restaurants angeordnet. In der Nacht haben wir überall Plakate, mit denen das ‹Landhaus› seinen Hauslieferdienst anbot, aufgehängt. Das hat eingeschlagen wie eine Bombe. An Spitzentagen sind zehn Autos und zwei E-Bikes für Auslieferungen im Einsatz gestanden. Trotzdem kamen wir nicht um Kurzarbeit herum. Allen Take-away-Bestellern haben wir einen 20-Franken-Gutschein geschenkt. Seit das ‹Landhaus› wieder offen ist, haben mehr als die Hälfte der Kunden diesen bereits eingelöst. Auch ist unser Betrieb seit der Wiedereröffnung am Mittag und Abend ausgebucht. Tische, die wegen der Distanzvorschrift aus dem Restaurant entfernt werden mussten, stellten wir im Saal bereit, um auch dort Gäste zu bedienen.»
«Wegen der Schutzmassnahmen konnte ich mein Café nur mit begrenzter Platzzahl eröffnen. Allerdings entschied der Stadtrat von Schaffhausen, dass mehr Tische und Stühle ins Freie gestellt werden dürfen, ohne dass jeder Zentimeter berechnet wird. Dafür bin ich dem Stadtrat sehr dankbar. Sicher werden diesen Sommer auch die Schaffhauser vom Angebot im Freien profitieren, da viele Leute wegen Corona nicht ins Ausland in die Ferien reisen werden.»
«Unser Gourmetmenü, das zubereitet, verpackt und gekühlt geliefert oder abgeholt werden konnte, machte Hobbyköche innert 15 Minuten zu Gourmets. Dieses Angebot lief besser als erwartet. Finanziell rentierte es allerdings nicht wirklich. Dennoch hat sich das Angebot gelohnt: So kamen wir vom Pop-up Artists an Gäste, die uns bisher noch nicht besucht hatten. In der ersten Woche nach der Wiedereröffnung war das ‹Artists› gut besucht, darauf folgten zwei ruhige Wochen. Nun zieht es zum Glück wieder an. Im Sommer eröffnen wir das Restaurant Füür & Flamme. An sieben Tagen in der Woche werden wir auf dem Feuerring für unsere Gäste kochen.»
«Seit dem 11. Mai fühlt es sich fast täglich so an wie ein Hochfahren zu Saisonbeginn und einer unmittelbar darauffolgenden Schliessung des Betriebes. Flexibilität, ultrakurzfristige Organisation und noch schnellere Entscheidungen auf die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen verlangen viel von den Gastronomen. Wir werden lernen, damit umzugehen und Wege finden, um unseren Gästen wieder das besondere Erlebnis bieten zu können.»
«Das Zürcher ‹Igniv› eröffnete einen knappen Monat vor dem Lockdown. Die Wiedereröffnung ist erstaunlich gut angelaufen. Viele der gebuchten Reservationen blieben bestehen. Das Mittagsgeschäft könnte jedoch besser laufen. Momentan fehlen noch die Businessgäste. Wegen der Abstandsmassnahmen hat das Restaurant nur fünf Plätze verloren. Die Gäste verstehen die Massnahmen und befolgen diese gut. Wegen der guten Nachfrage werden wir die geplanten Sommerferien verkürzen. Vielversprechend sind auch die Reservierungen gegen das Jahresende und für Weihnachtsessen.»
«Während des Lockdowns haben wir den Gasthof aufgeräumt und den Garten auf Vordermann gebracht. Wir werden auch in Zukunft im Frühling eine Woche schliessen, damit wir den Garten und die Arbeiten rund ums Haus verrichten können. Nach dem Ende des Lockdowns sind unsere Stammgäste wieder wie vorher gekommen. Das ist einfach toll! Unsere Pläne für den Sommer? Wir haben eine wunderschöne Sommerlaube hinter dem Haus sowie eine Gartenbeiz. Da viele Restaurants wieder geöffnet haben, wird die Qualität und die Betreuung der Gäste siegen. ‹Weniger ist mehr›, lautet unser Motto. Unser Angebot ist klein aber frisch, und alles wird im Hause zubereitet.»
«Während des Lockdowns haben wir unsere Gäste fast jede Woche mit einem Newsletter angeschrieben. Nicht etwa nur, um Hotelübernachtungen zu generieren, sondern um zu vermitteln, dass wir auch in Krisenzeiten an unsere Gäste denken und für sie da sind. Die Rezepte unseres Chefs Mattias Roock zum Nachkochen, so unter anderem ein Ostermenü, kamen super an. Dank des ausführlichen Corona-Massnahmenkonzepts verlief die Eröffnung reibungslos. Die Erarbeitung und Umsetzung des Konzeptes waren jedoch arbeitsintensiv. Mit einer detaillierten Schulung der Mitarbeitenden konnten wir erreichen, dass die Massnahmen durch alle Bereiche im Hotel reibungslos durchgezogen werden. Es scheint uns sehr wichtig, dass die Massnahmen dem Gast Sicherheit vermitteln, ihn aber auf keinen Fall einschüchtern oder einengen.»
«Seit dem 1. Mai ist das Hotel an den Wochenenden wieder geöffnet. Nun werden wir den Betrieb langsam auf weitere Wochentage ausweiten. Im Sommer findet neben unserem Hotel jeweils ein grosses Freilichttheater statt, welches wir auf nächstes Jahr verschieben mussten. Mit einem kleineren Schauspielteam und nur 40 Prozent der Besucher wird aber dennoch die Sommernachts-Sexkomödie von Woody Allen gezeigt. Zunächst waren die Buchungen noch verhalten, doch langsam fassen die Gäste Vertrauen in die Lockerungsschritte und fangen an, ihren Sommer zu planen. Derzeit sind viele Buchungen sehr kurzfristig, aber wir hoffen auf einen guten Sommer, um die Verluste in Grenzen zu halten. Auch auf dem Weg der Digitalisierung werden wir weitergehen.»
«Meine Frau Gabj und ich haben unseren Betrieb Mitte Mai wiedereröffnet. Von insgesamt 14 Tischen können wir zwar nur acht anbieten, aber die sind sehr gut besetzt. An Wochenenden müssen wir Gästen wegen Platzmangel absagen. Die Gäste halten sich sehr diszipliniert an die neuen Regeln. Das war schon während des Lockdowns so, als wir auf ein Takeaway-Angebot setzten. Dieses lief übrigens wider Erwarten sehr gut. Buchungen für Bankette bis zwölf Personen sind auch schon eingetroffen. Ich setze aber auch auf Topqualität. Bei Fleisch und Gemüse kaufe ich nur Produkte von regionalen Lieferanten ein. Noch heute habe ich täglich sechs bis zehn Take-away-Bestellungen, die von älteren Leuten kommen, die sich noch nicht ins Restaurant trauen. Das zeigt doch, dass man uns Gastgewerbler wertschätzt.»
Im vergangenen Jahr wurde Daniela Wüthrich von der Wirtschaftszeitung «Bilanz» zur Sommelière des Jahres gekürt. «Während des Lockdowns war ich von zu Hause aus auf meinem Instagram-Kanal ‹Weinblick› aktiv und habe Weinempfehlungen abgegeben. Während gut 40 Tagen habe ich täglich einen Wein aus unserem Hotel vorgestellt und im Rahmen eines Weinspiels verlost. Dadurch schuf ich eine dreifache Win-win-Situation. So konnte ich mein Wissen mit Weinliebhabern teilen, anderen Menschen eine Freude bereiten und gleichzeitig Winzer und Händler unterstützen.»
Die SHL hat die Zeit genutzt, um das Distance Learning über Teams zu initialisieren. «Zwei Wochen Vorbereitungen haben dazu geführt, dass wir mit motivierten Dozierenden, verständnisvollen und aufmerksamen Studierenden und einer tollen Infrastruktur diese herausfordernde Zeit in Angriff nehmen konnten. Die Freude war jedoch gross, wieder an die SHL zu kommen. Von allen Seiten spürte man, dass der zwischenmenschliche Kontakt vermisst wurde. Interessant war zu hören, dass einige Studierende sich auch hätten vorstellen können, das Semester online abzuschliessen.»
«Trotz all der Herausforderungen glauben wir als Firma, dass die Situation sich wieder verbessern wird. Bis zum heutigen Tag mussten wir niemanden coronabedingt entlassen und darauf sind wir stolz.»
Während des Lockdowns haben wir unser Take-Away-Angebot ausgebaut. Da wir letztes Jahr bereits den ersten Boat-Drive-In lanciert hatten, war wir gut vorbereitet. Zusätzlich haben wir einen Lieferdienst für das Menü des Restaurants Sens auf die Beine gestellt. Auch die Möglichkeit, einen unserer Michelin-Köche zu «mieten», kam sehr gut an. Während der unfreiwilligen Auszeit waren wir trotzdem via Social Media und Newsletter aktiv. Dank Live-Streams mit DJs und Musikern sowie spannenden Verlosungen konnten wir den regen Austausch mit unseren Gästen aufrechterhalten. Die Wiedereröffnung ist geglückt und die Gäste erscheinen schon wieder zahlreich. Hier zahlen sich die oben genannten Aktivitäten aus. Auch die stetigen Anstrengungen in Marketing und Imagepflege während der letzten Jahre machen sich vor allem auch in Krisenzeiten bemerkbar. Glücklicherweise können wir auf unsere Stammkundschaft, Fans und Freunde zählen. Ganz klar fehlen uns die Seminare, Hochzeiten und Events – vor allem während einer längeren Regenperiode.
«Während des Lockdowns konnten wir die bereits geplanten Neuerungen wie das Re-Branding und die erste Etappe der Zimmererneuerung realisieren. Wir hatten bei allen beteiligten Firmen und Handwerkern grossen Termindruck gemacht, weil wir eine gewisse Vorahnung hatten. Und wurden praktisch mit einer Punktlandung fertig mit den Zimmern. Re-Branding, Info-Broschüre für die Trägerschaft, neuer Marktauftritt, neue Webseite konnte ich mit unserer Werbeagentur zusammen während der geschlossenen Zeit im Homeoffice sehr gut und ungestört erledigen. Der Mai war vorwiegend Vorbereitungszeit und noch gänzlich ohne Umsatz. Wie der April. Jedoch mussten wir die Online-Buchungsplattformen wieder öffnen und die Réception wieder besetzen für Telefonanrufe und zur raschen Beantwortung von E-Mail-Anfragen. Gegen Ende Mai hatten wir dann einige Gäste. Wir merken derzeit eine sehr kurzfristige Buchungszeit: Zum Beispiel am Mittwoch treffen Reservationen für die nächste Woche ein. Für die Sommermonate Juli und August ist deshalb noch keine realistische Prognose möglich. In der Hoffnung, dass unsere Bevölkerung nun tatsächlich auch hier in der Schweiz Ferien machen wird, werden wir hier in der wunderschönen Zentralschweiz mit den tollen Angeboten bestimmt auch etwas abbekommen.»
Die Wiedereröffnung nach dem Lockdown hat Roxane Badan als sehr positiv empfunden. Sie führt gemeinsam mit Dominique Keller und der Inhaberin Katja Sedgwick das Restaurant Trudelkeller in der Altstadt von Baden/AG. «Die Gäste hatten Freude daran, wieder in Restaurants essen zu gehen und sind gewillt, die Gastronomie zu unterstützen.» War der «Trudelkeller» im Mai erst nur abends offen, bietet das Team seit anfangs Juni auch wieder Mittagessen an. «Wir händigen momentan unsere Menükarten nicht aus. Stattdessen haben wir Tischsets anfertigen lassen, auf denen sich unser Menü befindet», so Roxanne Badan. Die Speisekarte wurde jedoch nicht reduziert. Weggelassen wird einzig die Zusatzkarte «Die Küche empfiehlt». Auf jedem Tisch befinden sich Desinfektionsmittel. Somit ist der Gast zusätzlich geschützt. Dass nicht mehr als vier Personen an einem Tisch sitzen dürfen, habe teilweise zu etwas Unmut bei den Gästen geführt, wurde jedoch trotzdem akzeptiert. «Wir mussten aufgrund des Mindestabstands einige Tische entfernen, da wir durch Trennwände das schöne Ambiente in unserem Restaurant gefährdet sehen», erläutert Roxane Badan. Auf jedem Tisch liegt ein vorgefertigtes Formular zur Registration bereit. Das Ausfüllen ist momentan noch freiwillig, wird jedoch von gut 90 Prozent der Gäste gerne ausgefüllt. Die Daten werden für zwei Wochen abgelegt. Die Gäste nehmen die Regeln insgesamt gut an und zeigen grosses Verständnis.
Eventreihe beginnt im August
Das Team hatte zu Beginn des Jahres ein Konzept für Events kreiert, mit welchen sie im März starten wollten. Die Eventreihe wird nun im August mit einem Pubquiz eingeläutet. Im «Trudelkeller» ist man leider noch nicht auf dem Stand, der Vorjahre. Allgemein merken die Geschäftsleiterinnen, dass Buchungen für Bankette, Weihnachtsessen, Hochzeiten und Geburtstage noch sehr zögerlich eingehen.
Das Restaurant Igniv by Andreas Caminada in der Zürcher Altstadt feierte knapp ein Monat vor dem Lockdown Eröffnung. Trotzdem ist die Wiedereröffnung erstaunlich gut angelaufen, so die Kommunikationsverantwortliche Daniela Heykes. Viele der gebuchten Reservationen blieben bestehen. «Das Mittagsgeschäft könnte besser laufen. Momentan fehlen noch die Businessgäste», erläutert sie. Abends kommen die Gäste jedoch gerne zum Teilen ihrer Sharing Dishes in die Räumlichkeiten des Hotels Marktgasse. Die Gastgeberin und Sommelière Ines Triebenbacher, Küchenchef Daniel Zeindlhofer und Chef de Bar Philipp Kössl mussten ihr Konzept nur minimal umstellen. Um den Mindestabstand zwischen den Tischen einzuhalten, liess das Team Paravents machen, die sich gut ins Restaurantdesign einfügen. Deshalb haben sie nur fünf Plätze verloren. «Die Gäste sind froh, das Restaurant wieder besuchen zu dürfen. Sie verstehen die neuen Regeln und befolgen sie gut», berichtet Daniela Heykes. Das Registrieren erfolgt freiwillig anhand von Karten.
Für die Gäste da
Um für die Gäste da zu sein, wurden die Sommerferien etwas verkürzt. Zwischen 19. Juli und 10. August bleibt das Zürcher «Igniv» geschlossen. Denn die Nachfrage besteht. «Es sieht sehr vielversprechend aus mit Reservationen gegen Jahresende zu und für die Weihnachtsessen», freut sich Daniela Heykes. Sarah Sidler
(Gabriel Tinguely/div)