Schlechtes Wetter, dafür ein günstigerer Tagespass – immer mehr Skigebiete führen dynamische Ticketpreise ein. Dass ein Skipass bei gutem Wetter aber auch teurer wird, verschweigen die Bergbahnen.
Dynamic Pricing – man kennt es vor allem bei Flugbuchungen. Abhängig von der Saison und dem Aufkommen variiert der Preis. Bei vielen Interessenten oder an Wochenenden wird es erfahrungsgemäss teurer. Nun steigen auch Schweizer Skigebiete in das Business ein. Die Geschäftsidee ist clever – bessere Pistenauslastung und Restaurantumsätze an schlechten Tagen sind garantiert. Doch ist der Kunde auch bereit, an sonnigen Wochenenden mehr zu zahlen?
Laax hat es bereits seit fünf Jahren, Pizol und Blatten–Belalp seit letzter Saison – neu spielt auch der Riese Andermatt– Sedrun bei der Skipreis-Lotterie mit. Er wirbt mit Tagespässen ab 37 Franken, an zehn Tagen im Januar sogar mit fixen Preisen von 10 Franken. Da spielt die Erfahrung hinein: Skifahrer im Januar auf die Pisten zu locken, sei schwierig. Mit 10-FrankenTickets decke man zwar nicht die Kosten, garantiere jedoch wenigstens der Gastronomie einige Extra-Umsätze, zumal drei der sechs Restaurants im Skigebiet den Bergbahnen gehören.
Wenn die Preise purzeln können, schiessen sie allenfalls auch mal unerwartet in die Höhe? Ein Tagespass kostete vergangene Saison 63 Franken. Muss man an einem sonnigen Wochenende nun mit mehr rechnen? Durchaus denkbar, wie Stefan Kern, Kommunikationsleiter der Andermatt Swiss Alps AG, bestätigt. Einheitliche Preise werde es nicht mehr geben, sie würden sich aus einer Mischrechnung aus Aufkommen, Wetter und Wochentag zusammensetzen. Wie hoch der Preis maximal werden könnte, gab Kern nicht bekannt.
Pizol, Laax und Blatten–Belalp verzichten derweilen auf undefinierte Höchstpreise. Maximal zahlt man in Laax 78, in Pizol 58 und in Blatten–Belalp 56 Franken – auch wenn die Sonne scheint.
(Anna Shemyakova)
Kommentar von Anna Shemyakova, Redaktorin
Ist es nicht gerade zu heiss, laufen die Schneekanonen auf Hochtouren. Der Wintersportler kann dann zwischen pickelhartem Schnee und sulzigem Matsch wählen. Dazu steigen die Preise – eine Kombination, die der Skifahrer schlecht verträgt. Was also tun, um Menschen ins Skigebiet zu locken? Die Bergbahnen werden kreativ. Ganz vorne mit dabei sind Laax und Andermatt mit ihren flexiblen Preisen. Betriebswirtschaftlich sicher eine tolle Idee, die im Hier und Jetzt funktionieren wird. Doch was passiert langfristig, wenn man dem Skifahren ein Luxusimage verpasst? Man legt den Grundstein dafür, dass Skifahrerzahlen nicht nur sinken werden, sie werden zerfallen. Da wird sich die Familie mit den drei Kindern zweimal überlegen, an einem Wochenende Skifahren zu gehen. Denn ist das Wetter mal gut und hat man als arbeitende Eltern mal Zeit, ist der Preis unberechenbar. Für die Online-Spartickets gibt es nämlich ein Kontingent. Eines, das wahrscheinlich schon drei Monate vorher aufgebraucht ist. So gut plant wohl selbst die durchorganisierteste Familie der Welt nicht. Wenigstens schämt Laax sich nicht zu schreiben: «Für 28 Franken zusätzlich kannst du an der Schlange vor den Liften vorbei.» Das wären dann weit über 100 Franken, die man alleinig für das Tagesticket in die Hand nehmen muss. Und ob es dann wirklich jene Menschen sind, die die Skigebiete erhalten werden, ist die Frage. Wahrscheinlicher ist nämlich, dass die treue Kundschaft sich umdreht und geht.