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Gesund und schön dank gutem Essen

Die Ansprüche an die Gastronomie steigen: Essen soll nicht mehr nur gut schmecken und möglichst regional, saisonal sowie nachhaltig sein – es soll auch Gesundheit und Schönheit fördern. Was heisst das für die Praxis?

Die Bereiche Ernährung, Gesundheit und Schönheit fliessen immer mehr zusammen. Davon zeigte sich GDI-CEO Lukas Jezler bei der diesjährigen International Food Innovation Conference überzeugt, die Mitte Juni im Gottlieb Duttweiler Institut GDI stattfand. Es entstehe derzeit ein neues, dynamisches Wachstumspotenzial: «Wer es versteht, diese Bedürfnisse gesamthaft anzusprechen und in konkrete Angebote zu überführen, verschafft sich Zugang zu einem neuen Markt.»

Der Mensch als Projekt

Dieser neue Markt entstehe, weil es den Menschen beim Essen längst nicht mehr nur ums Überleben gehe: «Ernährung, Gesundheit und Schönheit verschmelzen, weil der Mensch sich selbst zunehmend als Projekt versteht, das es zu optimieren gilt.» Insbesondere ein Blick nach Asien, zum Beispiel in Länder wie Südkorea, zeige, wie fortgeschritten diese Entwicklung in einigen Teilen der Welt bereits sei. Integrierte Angebote sind dort Alltag: Essen wird als Mittel zu mehr Schönheit von innen verstanden. Eine Entwicklung, die sich mehr und mehr auch in Europa und der Schweiz niederschlägt.

Wellness als Lifestyle

Auch Christine Schäfer, Senior Researcher am GDI, stellt eine steigende Nachfrage nach kombinierten Angeboten fest: «Diese lange voneinander getrennten Industrien verschmelzen immer mehr miteinander – die Konsumenten sehen Ernährung, Schönheit und Gesundheit als Teil ganzheitlichen Wohlbefindens. Wellness wird so zu einem Lifestyle.» Spannende Innovationen an den Schnittstellen dieser Branchen seien beispielsweise funktionelle Lebensmittel, personalisierte Ernährung oder die Nutrikosmetik, bei der eine gezielte Nahrungsergänzung als kosmetische Massnahme zum Einsatz kommt.

Diese Entwicklung habe sich schon seit Jahren abgezeichnet. Bereits in den 1990er-Jahren gab es erste Überschneidungen der Branchen, als zum Beispiel probiotische Joghurts auf den Markt kamen, welche die Darmgesundheit fördern sollten. Die Corona-Pandemie habe die WellnessÖkonomie dann nochmals stark vorangetrieben. «Zum Beispiel ist der Gesundheitstourismus zum Mainstream geworden unter anderem mit Longevity-Kliniken und Detox-Urlauben.» Longevity heisst zu Deutsch Langlebigkeit – der Begriff beschreibt den Wunsch, möglichst lange zu leben und dabei gesund und fit zu bleiben.


«Essen wird heute auch als Medizin und als Schönheitsmittel verstanden.»

Lukas Jezler, CEO GDI


Der Markt reflektiert diese zunehmende Verschmelzung von Ernährung, Gesundheit und Schönheit: «Die globale Wellness-Ökonomie ist nach der Pandemie rasant gewachsen», stellt Christine Schäfer fest. Im Jahr 2023 betrug das Marktvolumen 6,3 Billionen US-Dollar, die Prognose sagt für 2028 ein Volumen von 9 Billionen Dollar voraus. Und ein Abflachen dieses Trends sei nicht in Sicht: «Die jährliche Wachstumsrate beträgt 7,3 Prozent, was überproportional ist.» Treiber dieses Wachstums seien unter anderem die alternde Gesellschaft, steigende Gesundheitskosten und ein vermehrtes Bewusstsein für die Selbstverantwortung der Menschen. Auch technische Hilfsmittel wie Smartwatches führten dazu, dass die Menschen immer mehr Daten zu ihrem eigenen Gesundheitszustand haben – und diesen auch direkt selbst beeinflussen wollen.

Kooperationen sind ein Muss

Was heisst das nun für die Lebensmittel-, Gesundheits- und Schönheitsbranche? «Es wird immer mehr branchenübergreifende Kooperationen geben», so die Trendforscherin. «Wer in seinem Silo-Denken verbleibt, verpasst ein grosses Potenzial an neuen Kunden.» Es werde künftig mehr hybride und multifunktionale Produkte geben. Das heisst: Die Gäste kaufen zum Beispiel nicht mehr nur einen Fruchtsaft, sondern gleichzeitig ein Versprechen von mehr Schönheit und Gesundheit. Das können Gastronomieunternehmen für sich nutzen, indem sie ihr Marketing anpassen und die enthaltenen Vitamine und Nährstoffe hervorheben. Oder gar, indem sie das Produkt mit zusätzlichen Stoffen wie etwa Collagen anreichern – einem Protein, das gut für Haut und Gelenke sein soll (siehe Boxen).


«Wer nicht branchenübergreifend denkt, verpasst eine grosse Chance.»

Christine Schäfer, Trendforscherin


Mehr bieten als Essen und Trinken

Eine weitere aktuelle Entwicklung, die man im Bereich Lebensmittel und Gastronomie nicht verpassen darf, ist gemäss Toby Clark vom Marktforschungsinstitut Mintel die rasant steigende Verschreibung und Nutzung von Abnehmspritzen wie Wegovy und Mounjaro. «Die Verwendung solcher Medikamente beeinflusst, was und wie viel die Menschen essen und trinken», zeigte er sich an der Konferenz überzeugt. «Die Auswirkungen auf die Hospitality-Branche könnten enorm sein.» Denn wenn mehr Menschen aufgrund von Abnehmspritzen nur noch wenig essen und weniger Alkohol konsumieren, braucht es neue Angebote. Ansonsten könnten künftig nicht nur diese Gäste fernbleiben, sondern auch ihre Freunde und Familien, die sich dann lieber einen gemütlichen Abend zuhause machen. «In England gibt es beispielsweise immer mehr Pubs, die auf Aktivitäten wie Billard-Turniere setzen, statt nur auf den Verkauf von Essen und Trinken.»

Die fünfte International Food Innovation Conference des GDI zeigte: Wer vom Trend der Verschmelzung von Ernährung, Gesundheit und Schönheit profitieren will, der sollte sich über neue Produkte und Angebote, aber auch über ein angepasstes Marketing bereits bestehender Angebote Gedanken machen. Das Potenzial ist gross. Das Schnitzel mit Pommes frites wird seine Berechtigung behalten – aber der Trend zeigt: Das Interesse der Gäste an der Auswirkung des Essens auf ihre Gesundheit steigt, und ein Ende dieser Entwicklung ist derzeit nicht abzusehen. Mehr Tipps, wie die Branche darauf reagieren kann, finden sich in den Boxen.

(Angela Hüppi)


Mehr Informationen unter: 

gdi.ch


Neue Angebote

Weniger ist mehr

Der Trend geht weg von riesigen Portionen und Kalorien- und Zuckerbomben hin zur Reduktion: kleinere Portionen, weniger Zucker, weniger Alkohol. Das heisst nicht, dass man nur noch halbe Portionen anbieten sollte – das könnte Gäste eher vergraulen. Aber die Möglichkeit, diese zu einem fairen Preis zu bestellen, sollte gegeben sein. Das spricht auch ältere Menschen an, die weniger Appetit haben. Bezüglich Zucker sind die Gäste ebenfalls sensibler geworden. Wieso also nicht einen hausgemachten Eistee ganz ohne Zuckerzusatz anbieten? Oder als Dessert eine Schüssel voll mit frischen Früchten, dazu optional etwas Rahm? Und für Gäste, welche keinen oder weniger Alkohol trinken möchten, sollten gesunde Alternativen angeboten werden. Also keine süssen Säfte oder Mocktails, sondern erfrischende Alternativen wie hausgemachter Kombucha, kalter Tee oder Schorlen mit hohem Wasseranteil.


Functional Food

Essen mit Funktion

Einfach nur essen – das reicht für viele Menschen heute nicht mehr. Sie wollen wissen, was der Verzehr eines Lebensmittels ihrer Gesundheit und Schönheit bringt. Und das soll mehr sein, als das ursprüngliche Produkt kann. Ein Smoothie voller wichtiger Vitamine und Mineralstoffe ist für sie nicht genug. Das Getränk kann daher beispielsweise mit Collagen angereichert werden – zu einem entsprechenden Aufpreis. Auch ein Birchermüesli kann aufgepeppt werden, beispielsweise, indem es mit probiotischem Joghurt zubereitet wird. Das Unternehmen Nuritas arbeitet an der Entwicklung von verschiedenen Peptiden, also Molekülen, die im Körper verschiedene Prozesse wie die Schlafqualität oder die Regeneration unterstützen können. Diese können verschiedenen Lebensmitteln zugesetzt werden. Künftig wird es immer mehr Möglichkeiten geben, unser Essen für verschiedenste Zwecke zu optimieren.


Marketing

Klug verkaufen

Man muss nicht die komplette Speisekarte umkrempeln um den Bedürfnissen von gesundheits- und schönheitsbewussten Gästen entgegenzukommen. Oft hat man bereits Passendes im Angebot, könnte es aber noch besser vermarkten. So wird das Fischmenü beispielsweise zum «Omega-3-Menü», der Quinoa-Salat mit Gemüse zum «Ballaststoff-Paket» und der Orangensaft zum «Vitamin-C-Booster». Ebenfalls interessant fürs Wording: Die Gäste setzen heutzutage nicht mehr unbedingt auf «weniger» (weniger Zucker, weniger Fett, Low-carb etc.), sondern auf «mehr»: mehr Proteine, mehr Ballaststoffe, mehr Gemüse und Früchte, mehr Vitamine und Nährstoffe. Der Fokus liegt auf gesundem Genuss, nicht auf Verzicht. Und diesen lassen sich viele auch gerne etwas kosten. Wenn Gäste wissen, dass sie Qualitätsware wie Bio-Gemüse aus der Region bekommen, bezahlen viele den dafür nötigen Aufpreis gerne.


K-Food

Korea ist in

Wer einen Film- und Serien-Streamingdienst abonniert hat, kommt an ihnen nicht vorbei: sogenannte K-Dramas, also TV-Serien aus Korea. Die Beliebtheit dieser Serien führt zu einer aktuellen Popularität von allem, was aus Korea kommt: seien das koreanische Beauty-Produkte, Popbands oder natürlich koreanisches Essen. Gemäss Jieun Kiaer, Professorin für koreanische Linguistik an der Universität Oxford, hat die koreanische Kultur noch nie einen grossen Unterschied zwischen den Bereichen Essen und Gesundheit gemacht: «In Korea gilt seit jeher der Grundsatz: Du bist, was du isst.» Ein typisch koreanisches Gericht, welches sich mittlerweile auch in Europa grosser Beliebtheit erfreut, ist Kimbap – mit verschiedenen Zutaten gefüllter warmer Reis. Für Kiaer das perfekte Slow-Food-Take-away-Gericht: Man kann es ohne Besteck und Teller essen, es lässt sich gut mitnehmen und ist zudem warm und gesund.


Zahlen und Fakten

32 Prozent der Teilnehmenden an einer Mintel-Befragung im Vereinigten Königreich gaben an, dass ihnen ein tiefer Zuckergehalt von Lebensmitteln wichtig ist.

Vertrauen ist alles: Wer mit Gesundheit wirbt, muss das auch belegen können.

66 Prozent wahrscheinlicher ist es gemäss einer Mintel-Studie, dass Konsumenten ein Convenience-Produkt kaufen, wenn dieses als gesund wahrgenommen wird.

Dank KI werden neue Zutaten wie funktionelle Peptide viel schneller entdeckt.

16 Mia. US-Dollar soll der globale Collagenmarkt bis 2030 wert sein. Nur ein Beispiel von schönheitsfördernden Inhaltsstoffen, die vermehrt auch in Lebensmitteln verwendet werden.

Mithilfe von Gentechnik könnten Pflanzen mit besseren Nährwerten gezüchtet werden.

39 neue Abnehmmedikamente sind derzeit weltweit in der Entwicklung, die eine ähnliche Wirkung wie Wegovy haben sollen.