Café, Bar, Restaurant und sogar eine Bäckerei in einem? Am Zürcher Helvetiaplatz geht das. Ein Blick ins Konzept des neuen Betriebs.
Tiefstapeln? Das scheint nicht das Credo der «Bank» zu sein. «Wir wollen, dass die ‹Bank› in vierzig Jahren in einem Atemzug mit Kronenhalle und Odeon genannt wird», erklärt Geschäftsführer Linus Geiges (41) auf der Betriebs-Website schon vor der Eröffnung. Die «Bank»? Sie ist die wohl vielseitigste Neuheit in der Zürcher Gastroszene. Café, Bar, Bäckerei und Restaurant ist sie in einem.
Einst eine Filiale der Volksbank und später der Credit Suisse, gehört das Gebäude heute der Swiss Life, die das Erdgeschoss an den Gastrobetrieb verpachtet. Satte 3,875 Millionen Franken wurden in den Umbau der «Bank» investiert. Je 30 Prozent gehören dem Freddy Burger Management, der Miteinander GmbH sowie der Kultur Café AG um Koni Frei, Urs Mülherr und Yves Spink, je fünf Prozent gehören Linus Geiges sowie Kommunikationsagentur-Inhaber Lukas Meier. Operativ verantwortlich ist die Miteinander GmbH.
In fünf Jahren will Geschäftsführer Geiges die Investition amortisiert haben. Der Absolvent der Schweizerischen Hotelfachschule Luzern ist überzeugt: «Wer an diesem Ort keinen Erfolg hat, macht etwas falsch.» Nebst den 100 Innenplätzen in hip-chicer Atmosphäre – hoher, rustikaler, lichtdurchfluteter Raum, Designermöbel, Blumensträusse, die neueste Kaffeemaschinen-Generation unter der Leitung von Filterkaffee-Guru Benjamin Prager, pink gestrichene, massive Metallsäulen – haben auf dem Boulevard davor weitere 180 Gäste Platz.
«Wir wurden anfangs komplett überrannt», erzählt Miteinander-Partner Mischa Dieterich. Geiges ergänzt: «An einem Samstag lassen unsere Barista 750 bis 1000 Kaffees raus.» Neugierige, Szenis, Künstler, Touristen und alteingesessene Zürcher – alle scheinen ihren Platz zu finden. Alle? Beim Blick auf die Speisekarte kommen Zweifel auf: Die belegten Brote aus der Küche von Jérôme Baschung kosten zwischen 16 und 18 Franken, die Schweinswurst 9.50 Franken. Ein Schritt Richtung Kronenhalle? Kaum. Eher verraten die Preise die Hochwertigkeit der hausgemachten Gerichte. Geiges: «Das Brot ist das beste von Zürich.» Produziert wird es in der Bio-Bäckerei John Baker, die im selben Lokal ihren Platz gefunden hat. Hergestellt in einer Showküche, wird die Backware anschliessend sieben Tage die Woche direkt über den Ladentisch verkauft oder eben der «Bank» geliefert.
Damit das Brot für die Sandwiches stets schön gleichmässig geschnitten ist, leistete sich die «Bank» eine 10 000 Franken teure Maschine. «Sie ist die beste Investition», bemerkt Geiges. «Nicht nur wegen der wichtigen Gleichmässigkeit. Viele Gastrounfälle passieren mit dem Brotmesser. Ich hätte schon mindestens einmal jemanden ins Krankenhaus fahren müssen.» Die Brotanschnitte werden gewürfelt und mit etwas Öl und Kräutern zu Croûtons geröstet, die zum Apéro dazu serviert werden. Für Cocktails sorgt ein Team um Nicolas Schintzig.
Café, Bar, Bäckerei, Restaurant – als wür- de das noch nicht reichen, legt am Wochen- ende ein DJ auf, wobei die Musik Gespräche nicht erschweren soll. Und einmal wöchentlich lädt Journalist und Buchautor Gian Trepp zum Talk, der auch in Live-Übertragung und im Nachhinein auf Youtube verfolgt werden kann.
Mit je fünf Angestellten in den Bereichen Geschäftsleitung, Runner, Cocktail und Barista, zehn in der Küche und dreissig im Service schafft der Betrieb sechzig Arbeitsplätze à durchschnittlich sechzig Prozent. Um die Qualität der Mitarbeiter zu sichern, hat sich Geiges etwas ausgedacht: «Ich führe spontane Quiz-Prüfungen mit 21 Fragen durch. Preise und Wording werden abgefragt.» Bei negativem Ausgang muss beim bald darauf folgenden Quiz eine Leistungssteigerung her. Im besten Fall führt ein Quiz aber zu einer Lohnerhöhung.
Wem «Wording» fremd vorkommt: Es ist Teil des Storytelling, des neuen Gastro-Geheimrezepts. Die gut erzählte Geschichte über das jeweilige Produkt und den Betrieb sorgt beim Gast für Interesse, Lust und Akzeptanz für vermeintlich hohe Preise.