Im Restaurant Rosa Pulver sind die Warenkosten tief. Dies, weil Lebensmittelabfälle kaum ein Thema sind.
Michael Dober führt mit seinem Team das Restaurant Rosa Pulver in Winterthur/ZH. Sein Konzept besteht darin, möglichst alles vom Lebensmittel zu verarbeiten. Meistens kauft der Küchenchef ein ganzes Tier und verarbeitet davon alle Teile. «Das machen wir auch beim Fisch und beim Gemüse so», erklärt er. Sie stellen aus den Innereien des Fischs beispielsweise Garum her. Das ist eine Würzsauce, die in der römischen Küche als Standardgewürz galt. Die Innereien werden mit einer Salzlake gemischt und sechs Monate lang fermentiert. «Zum einen können wir so Ressourcen und Kosten sparen und zum anderen schmeckt die Sauce sehr gut», sagt der 32-Jährige. Sie benutzen die Sauce unter anderem, um Fisch-Beurre-blanc herzustellen.
Dass sie auch beim Fisch das ganze Tier verarbeiten, sei zuweilen eine Herausforderung; so zum Beispiel beim Hecht. «Bei diesem Fisch sind wirklich überall Gräten drin, und es ist ziemlich mühsam, alle zu entfernen», sagt Michael Dober. Aus den Gräten, die sie häufig räuchern, stellen sie jeweils einen Fischfond her.
«Nose to Tail ist bei uns kein Lippenbekenntnis», betont Michael Dober. Er und sein Team verwenden wirklich alles vom Tier. Vieles hätte ausprobiert werden müssen, wie es bei den Gästen ankommt. «Mittlerweile wissen wir, was unsere Gäste mögen.» Mit Fermentieren, Räuchern oder anderen Methoden, um Lebensmittel haltbar zu machen, hätten sie sehr gute Erfahrungen gemacht. «Das Noma-Handbuch Fermentation von René Redzepi und David Zilber leistet uns sehr gute Dienste.»
Bei ihnen seien die Warenkosten tief und die Mitarbeiterkosten dafür etwas höher. Die Küche im «Rosa Pulver» ist aufwendig und darum auch personalintensiv. In der Küche arbeiten sechs Personen inklusive eines Lernenden. Im Service sind es drei Mitarbeitende.
Soweit möglich bezieht Michael Dober das Fleisch, den Fisch und das Gemüse aus der Region. Für ihn ist es wichtig, regional und saisonal einzukaufen. Und er und das «Rosa Pulver»-Team versuchen, einen engen Kontakt zu den Produzenten zu pflegen. «Das Ziegenfleisch kaufen wir zum Beispiel im Geissehof in Bäretswil/ZH bei Andrea Zemp.» Rind stehe bei ihnen eher selten auf der Karte. Wenn sie welches kaufen, dann von der Fair-Beef-Ranch in Freudwil bei Uster/ZH. Das Gemüse komme vom Gut Rheinau in Rheinau/ZH. «Falls im Gut Rheinau nicht alles lieferbar ist, beziehen wir es in Bioqualität von Marinello», erklärt der Küchenchef.
Michael Dober ist seit sechs Jahren in Winterthur tätig. Davor arbeitete er unter anderem bei Ivo Adam in Ascona/TI oder im Maison Manesse in Zürich. Als er nach Winterthur kam, war er zunächst Sous-chef im «Fritz Lambada» im «Roten Turm» beim Hauptbahnhof. Das Restaurant befindet sich im 23. Stockwerk des 100 Meter hohen Gebäudes. «Es war zuweilen für die Gäste schwierig, zu uns in die zweitoberste Etage zu finden», erinnert er sich.
Nachdem Simon Schneeberger, der das Restaurant führte, den Betrieb verliess, war Michael Dober alleine für die Küche zuständig. Weil die Lage nicht den gewünschten Umsatz brachte, gaben er und sein Team das Restaurant auf und eröffneten ein Pop-up im Winterthurer Zeughausareal. Sie nannten es «Rosa Pulver».
Dann kam Corona. «Während des Lockdowns haben wir Lockdown-Menüs kreiert, die wir über die Gasse verkauften», erklärt Michael Dober. Finanziell seien sie so gut über die Runden gekommen. Es war auch ein bisschen Beschäftigungstherapie. Auch wenn das Zeughausareal nicht direkt im Stadtzentrum liegt, waren sie meistens gut besucht. «Die Stimmung da war sehr gut, und wir fühlten uns wohl.»
Ende 2020 konnten Michael Dober und sein Team ein Lokal an der Stadthausstrasse übernehmen. Das Restaurant ist nur abends geöffnet. «Unsere Küche ist zu zeitintensiv, um auch noch einen Mittagsservice anzubieten», erklärt Michael Dober. So habe er auch die Möglichkeit, den Mitarbeitenden in der Küche eine Frühschicht anzubieten, bei der sie um 17 Uhr Feierabend haben.
Unter der Woche können die Gäste im «Rosa Pulver» einzelne Gerichte aus der Karte bestellen. Am Wochenende gibt es ein fixes Menü, bei welchem die Gäste zwischen Fleisch und vegetarisch wählen können. Die Gerichte bewegen sich von klassisch bis verspielt. «Im Januar bestand das Menü beispielsweise aus veganem Junkfood.» Viele Gäste empfinden die Kompositionen von Michael Dober manchmal als speziell. Für ihn sind sie das, was er am liebsten isst. «Am Schluss müssen der Aufwand und der Ertrag stimmen», bringt es der Küchenchef auf den Punkt.
(Daniela Oegerli)
Mitarbeitende
9
Sitzplätze
40 drinnen
50 draussen
Öffnungszeiten
Dienstags bis Samstags ab 18 Uhr