Unterschätztes Superfood

Pilze sind im Trend. Dies nicht nur, weil sich mehr Menschen vegetarisch oder vegan ernähren, sondern weil Pilze ein auf mehreren Ebenen spannendes Lebensmittel sind.

  • In der Schweiz wachsen Sommertrüffel, Burgundertrüffel und Wintertrüffel in freier Natur. Zusätzlich werden in Plantagen auch Frühlings- und Périgord-Trüffel angebaut. Ob aus Wald und Feld oder aus der Plantage – alle Trüffel müssen mithilfe von trainierten Hunden aufgespürt werden. (Keystone-SDA)
  • Blick in die Produktionshalle, wo auf den Regalwagen Pilze wie Pom-Pom frisé und Enoki wachsen. (Kernser Edelpilze)

Die Nachfrage nach Speisepilzen ist in der Schweiz in den letzten fünf Jahren stetig gestiegen. Das zeigt der «Marktbericht Speisepilze», den das Bundesamt für Landwirtschaft BLW im Dezember veröffentlichte. Mit dem Beginn der Covid-Pandemie haben die Absätze im Detailhandel einen besonders grossen Sprung gemacht.

Das kann daran liegen, dass die Menschen während der Lockdown- und Homeoffice-Zeit häufiger zu Hause gekocht und neue Rezepte ausprobiert haben. Der höhere Pilzkonsum kann aber auch daran liegen, dass die Menschen mehr auf gesunde Ernährung (siehe Infobox rechts), nachhaltige Produktion und pflanzenbasierte Lebensmittel achten.

Doch auch die Fleischesser haben ihren Beitrag zum Pilzaufschwung geleistet. Patrick Häcki, Geschäftsführer der Kernser Edelpilze GmbH, hat diesbezüglich beobachtet: «Essen die Leute bewusster Fleisch, also weniger häufig und dafür aber von besserer Qualität, wirkt sich das direkt auf den Pilzkonsum aus.» Sei es, weil sie die Edelpilze als Beilage zum Fleisch oder in einer Sauce servieren, sei es, weil sie daraus leckere Gerichte für ihre fleischlosen Tage zaubern.

Städter essen mehr Pilze

Patrick Häcki hat zudem festgestellt, dass die Nachfrage nach Edelpilzen je nach Wohnort variiert. «In den Städten werden mehr Pilze gegessen als auf dem Land.»

Zu diesem Schluss kommt der Pilzproduzent, weil nicht nur die Absatzzahlen in den Städten höher sind, sondern auch die Nachfrage nach weniger bekannten Pilzsorten grösser ist. «Die Städter sind etwas offener für neue Pilzsorten», sagt Patrick Häcki. Zu exotisch und speziell dürften die Pilze für den Verkauf im Detailhandel jedoch nicht sein. «In den Köpfen der meisten Menschen hat ein Pilz einen Hut und einen Stiel. Entspricht ein Pilz nicht diesem klassischen Bild, können die meisten Konsumenten nichts mit ihm anfangen», weiss Patrick Häcki aus Erfahrung.

«Bewusster Fleischkonsum hat Auswirkungen auf den Pilzabsatz.»

Patrick Häcki, Geschäftsführer der Kernser Edelpilze GmbH


Es erstaunt daher nicht, dass der Kräuterseitling, der optisch an Steinpilz erinnert, bei Herrn und Frau Schweizer besonders beliebt ist. Neben Kräuterseitling züchten Patrick Häcki und sein Team noch viele weitere Pilzsorten,
darunter Shiitake und Pleurotus, auch Austernpilz genannt. Etwa 80 Prozent ihrer Produktion verkauft die Kernser Edelpilze GmbH im Detailhandel. Die restlichen 20 Prozent gehen in die Gastronomie und zwar meist als Mischpilzpackungen zu ein oder zwei Kilo.

Eine Koralle mit Waldaroma

«Speziell fürs Gastgewerbe züchten wir Exoten wie beispielsweise den Pom-Pom frisé, der wie eine Koralle aussieht», beschreibt Patrick Häcki den weissen Pilz. Mit seinem intensiven Wildpilzgeschmack eignet sich der Pom-Pom frisé gut für Suppen. Angebraten harmoniert er perfekt mit Wildgerichten und ist auch über einen Salat gestreut lecker. «Mit diesem Zuchtpilz könnte man Wildpilze, die hauptsächlich aus Weissrussland importiert werden, geschmacklich ersetzen», sagt Patrick Häcki.

Obschon er weiss, wie vielseitig sich Pilze zubereiten lassen, war Patrick Häcki überrascht, als ihm Ken Stolter, Küchenchef im Jugendstil-Hotel Paxmontana in Flüeli-Ranft/OW, ein Pilzdessert auftischte.

Schoggimousse mit Pilzgeschmack

Ken Stolter verwendete für das Pilzdessert Kräuterseitlinge aus Patrick Häckis Zucht. «Ich habe den Pilz getrocknet und mit Staubzucker zu einem Pulver
verarbeitet. Dieses Pulver kommt in einem weissen Schokoladenmousse sehr schön zur Geltung», verrät Ken Stolter. Dekoriert hat der Küchenchef das Dessert mit Chips, die er ebenfalls aus Kräuterseitlingen hergestellte.

Während Seitling, Shiitake und Co sich relativ einfach züchten lassen, sind Eierschwämmli, Steinpilz und Morchel kaum züchtbar. «Sie brauchen Bäume, genauer gesagt, die Wurzeln von Bäumen, damit sie wachsen können. Um diese Pilze zu züchten, ist deshalb eine grosse Landfläche nötig», erklärt Patrick Häcki. In der Schweiz wären solche Pilzplantagen aus Platz- und Rentabilitätsgründen kaum umsetzbar. Es sei denn, man baut Trüffel, den König der Pilze, an.

Edel und anspruchsvoll

In der Schweiz haben in den 1990er-Jahren einige Landwirte angefangen, Trüffel anzubauen. Sie haben dazu Bäume gepflanzt und deren Wurzeln mit Sporen des Burgundertrüffels und des Wintertrüffels geimpft. Weil Fachwissen und Erfahrungswerte fehlten, fielen die Erträge teilweise schlecht aus. Das hat sich mittlerweile geändert.

Gemäss Stefan Spahr, Präsident des Vereins Trüffelproduzenten Schweiz, werden inzwischen auf 50 bis 80 Hektaren sechs Trüffelsorten angebaut. «Weltweit gibt es rund fünfzehn Trüffelarten, die geniessbar sind», sagt Spahr und fügt an: «In der Schweiz gibt es wilde Vorkommen von fünf Trüffelarten. Mit dem Klimawandel kommen zunehmend auch mediterrane Sorten in die Schweiz.»

«Der richtige Umgang mit Trüffeln ist selbst in der Spitzengastronomie so gut wie unbekannt.»

Stefan Spahr, Präsident des Vereins Trüffelproduzenten Schweiz


Trüffel kommt in vielen Restaurants zum Einsatz, um Speisen eine edle Note zu verleihen. Allerdings, so Spahr, wüssten viele Gastgewerbler nicht, wie man richtig mit Trüffel umgeht, damit er sein volles Potenzial entfaltet (siehe Artikel rechts). Als Kompensation würden fast immer minderwertige künstliche Aromen eingesetzt. Trüffelöl sei nur eine Variante davon. Stefan Spahr ergänzt: «Der richtige Umgang mit diesem Pilz ist meist nur Wirten oder Köchen bekannt, die selber Erfahrung mit der Trüffelsuche haben.»

(Riccarda Frei)


Nährstoffbombe

Pilze sind ein Superfood. Sie enthalten kaum Fett und Kohlenhydrate, dafür viel Eiweiss, die Vitamine B1, B2, B6, B12, C, D2 und D3 sowie Niacin, Pantothensäure und Folsäure. Hier ein Vergleich verschiedener Pilzsorten (Nährwerte per
100 Gramm).

Shiitake
25 kcal,
Eiweiss 2,7g,
Kohlenhydrate 1,5g

Kräuterseitling
31 kcal,
Eiweiss 3,5g,
Kohlenhydrate 2,8g

Pleurotus
29 kcal,
Eiweiss 3,7g,
Kohlenhydrate 1,7g

Champignon
22 kcal,
Eiweiss 2,3g,
Kohlenhydrate 0,6g

Steinpilz
32 kcal,
Eiweiss 3,6g,
Kohlenhydrate 0,5g

Eierschwämmli/Pfifferling
11 kcal,
Eiweiss 1,6g,
Kohlenhydrate 0,2g


Zahlen und Fakten

6859 Tonnen Champignons wurden im Jahr 2021 in der Schweiz produziert.

In den letzten fünf Jahren ist die Nachfrage nach Speisepilzen stetig gestiegen.

2021 wurden bis Oktober mehr Eierschwämme, Seitlinge und Shiitake verkauft als in den ganzen Jahren 2018 oder 2019.

1,84 Kilo Speisepilze kaufte ein durchschnittlicher Schweizer Haushalt im Zeitraum November 2020 bis Oktober 2021.

Der Preis von konventionell produzierten weissen Champignons fiel letztes Jahr erstmals unter die 10 Franken/Kilo-Marke.

3714 Tonnen Champignons wurden 2021 aus dem Ausland importiert.

Speisepilze kommen vor allem bei Teenagern und älteren Paaren auf den Tisch.

Quelle: Bundesamt für Landwirtschaft BLW


So behandelt man Trüffel richtig

Damit der «König der Pilze» sein volles Aroma entfaltet, gilt es, einige Grundregeln einzuhalten.

Trüffel sollten möglichst frisch genossen werden. Ist das nicht möglich, kann man Trüffel bei konstanter Temperatur von zwei Grad Celsius ein paar Tage lagern. Dazu werden sie in Haushaltpapier gewickelt und in einem geschlossenen Gefäss in den Kühlschrank gelegt. Weil das Papier die Feuchtigkeit des Pilzes aufnimmt, muss es täglich gewechselt werden.

Trüffel sind wasserscheu und hitzeempfindlich

Wasser und Sauerstoff beschleunigen den Zerfall der Aromen. Deshalb darf man Trüffel nur kurz unter kaltem, fliessendem Wasser abreiben. Besser ist es aber, die Trüffel trocken sauber zu bürsten. Wer Bedenken gegen den rohen Verzehr hat, reibt den Trüffel am besten mit einem Schleifpapier der Körnung 120 sanft ab.

Die meisten Trüffelsorten wollen kalt (max. 40 Grad) oder höchstens lauwarm (max. 60 Grad) genossen werden. Périgord-und Wintertrüffel kann man bis 80 Grad erhitzen. Nur der Teertrüffel darf gekocht werden.

Hobeln oder raffeln?

Beim Raffeln entstehen feine Späne. Das vergrössert die Oberfläche und führt dazu, dass Duft und Aroma sich besonders üppig entfalten. Geraffelte Trüffel eignen sich für Saucen, Füllungen, Parfaits, Rührei oder Butter.

Zu Dekorationszwecken wird Trüffel gehobelt. Damit sein Geschmack optimal zur Geltung kommt, wird die Hobelstärke auf die jeweilige Trüffelsorte abgestimmt. Für Sommer-, Burgunder- und Périgord-Trüffel empfiehlt sich eine Hobelstärke von 0,5 Millimetern. Weisse Trüffel, grossporige Trüffel und Frühlingstrüffel schmecken hauchdünn gehobelt (Hobelstärke 0,1 Millimeter) am besten.

Aroma für später sichern

Durch Einfrieren lassen sich Geschmack und Geruch der Trüffel konservieren. Es ist möglich, dass aufgetaute Trüffel intensiver sind als frische. Allerdings sollten die Pilze vor dem Einfrieren gehobelt werden. Beim Auftauen werden sie gummig. Auch müssen sie sofort vakuumiert und eingefroren werden. Bei minus 16 Grad sind sie sechs Monate haltbar.

Legt man Eier und frische Trüffel – 20 Gramm pro Ei – in ein verschliessbares Gefäss und stellt es für 24 Stunden bei zwei bis sechs Grad Celsius in den Kühlschrank, dringt das Trüffelaroma durch die Eierschale. Es konzentriert sich im fetthaltigen Eigelb. Die getrüffelten Eier können für verschiedene Speisen, zum Beispiel Rührei, verwendet werden. Mit weissen Trüffeln erzielt man bei dieser Methode übrigens den besten Effekt.

(rif)


Informationen

trufficulteurs.ch
champignons-suisses.ch
kernser-edelpilze.ch