Der Gourmet-Brunch im Park Hotel Vitznau setzt neue Massstäbe. Hier wird Luxus nicht nur über Kaviar und Trüffel definiert, sondern auch mit bewusster Integration von Produzenten aus der nahen Umgebung.
Auf dem Stanserhorn und dem Buochserhorn wehrt sich der letzte Schnee noch erfolgreich gegen die Sonne. Deren Strahlen lassen den Vierwaldstättersee funkeln. Die Szenerie an diesem herrlichen Frühlingstag als wunderschön zu bezeichnen, wäre untertrieben. Malerisch ist sie, richtig kitschig. Ein Espresso und eine warme Brioche, später vielleicht ein Cüpli, würden reichen, um sich an der ruhigen Seepromenade in Vitznau LU glücklich zu fühlen.
Doch dafür alleine kommen die Gäste am Sonntag nicht ins Park Hotel. Wer sich den Gourmet-Brunch für 115 Franken leistet, wird hochgradig verwöhnt. «Es kann doch nicht sein», findet Executive Chef Christian Nickel, «dass unsere Gäste am Abend auf höchstem Niveau essen und am Morgen nicht.» Mit dem «Focus» (Patrick Mahler, 2 Sterne) und dem «Prisma» (Philipp Heid, 1 Stern) finden sich gleich zwei Restaurants des Hotels im Guide Michelin wieder. Das Fünfsternehaus hat sich als Gourmet-Adresse in der Schweiz etabliert.
Auf den Brunch-Tisch kommt als Erstes eine schmucke, zweiteilige Holzbox, die sich das Hotel von der österreichischen Werkstatt Sterling anfertigen liess: oben die frische Backware von der Bäckerei Wehrens in Weggis, unten hausgemachte Konfitüren. Die grossen Brote auf dem Buffet stammen vom «Eigenbrötler». Sie schweben in einer eigenen Liga, sind schlicht Weltklasse. Doch das Buffet spielt im Park Hotel nur eine Nebenrolle. Beim Gourmet-Brunch darf sich der Gast sitzend bedienen lassen. Christian Nickel: «Das ist Teil unserer Philosophie. Der Gast soll am Morgen wie ein Kaiser brunchen.»
Dazu gehört auch, dass die Küche für Intoleranzen, Unverträglichkeiten und Diäten gleichwertige Alternativen bereithält. «Das gehört heute einfach dazu. Wir beachten auch die Herkunft der Gäste, um ihre Vorlieben zu erkennen. Keiner unserer Köche rollt mit den Augen, wenn ein Gast Sonderwünsche hat.»
Nach dem Einstieg folgt eine Eierspeise, mal ein Rührei mit Morcheln, mal ein Egg Benedict. Daraufhin werden zweimal zwei Gerichte gleichzeitig serviert. «Zum Beispiel ein Filet von der Lachsforelle mit Crème und Kräutern, ein Spargelsalat oder ein Rindstatar, dann ein Bärlauchsüppchen.» Im Hauptgang setzt die Küchencrew auf Schmorgerichte wie etwa Brasato-Ravioli.
Dabei profitiert der Brunch-Koch oft vom Menü der beiden Spitzenrestaurants. Christian Nickel erklärt: «Wir arbeiten mit einem Tool, auf dem alle Köche einsehen können, welche Gerichte in welchem Restaurant produziert werden. Plant Philipp Heid also, für sein ‹Prisma›-Menü 50 Spareribs zu grillieren, so bitte ich ihn, stattdessen gleich 70 Portionen vorzubereiten. So kommen auch unsere Brunch-Gäste in den Genuss seiner Spezialitäten.»
Dass Gäste im Park Hotel dann zweimal dasselbe essen, kommt kaum vor. Das Publikum beim Gourmet-Brunch, der von 12 bis 15 Uhr serviert wird, stamme praktisch ausschliesslich von extern. «Für unsere Übernachtungsgäste macht der Gourmet-Brunch nicht wirklich Sinn. Sie wissen, dass sie sich ihr Frühstück zum Brunch machen lassen können.» Denn wer die stolzen Zimmerpreise (im Winter ab 750 Franken, im Sommer ab 1000 Franken für die Juniorsuite) berappt, dem liest das Servicepersonal beim Frühstück jeden Wunsch von den Lippen. Ob Kaviar oder Trüffel – einzig alkoholische Getränke, vom offenen Schaumwein abgesehen, werden zusätzlich verrechnet.
Doch Luxus bedeutet im Park Hotel Vitznau ohnehin nicht nur ein Angebot an üblichen Luxusprodukten wie Trüffel, Kaviar oder Austern. Christian Nickel: «Wir wollen den Trend der absoluten Regionalität nicht mitgehen, aber die Umgebung bietet so viel Tolles, das wir auf unsere kulinarische Reise gerne mitnehmen.»
So gehören dem Park Hotel Vitznau drei Rinder und ein Kalb auf dem biologisch zertifizierten Bergbauernhof der Familie Camenzind auf der Südseite der Rigi, gleich oberhalb von Vitznau. Das Fleisch der Tiere könne dereinst in den Gourmet-Brunch oder auch ins hochwertige Personalessen integriert werden, so Christian Nickel: «Das Nierstück wäre spannend für den Brunch, unsere Mitarbeiter wiederum würden sich über ein Ragout sehr freuen.»
Auch die Eier bezieht das Fünfsternehotel aus nächster Nähe. «Wir kriegen sie täglich von Frau Zimmermann, einer Bäuerin aus Vitznau, angeliefert. Auch ihr Grauvieh wurde bei uns schon verwertet. Wir profitieren sehr von der idyllischen Umgebung. Also sollen auch die Betriebe, die diese Natur pflegen, von uns profitieren. Wir stehen in der Verantwortung.»
Der lokale Fisch stammt von Robert Hofer aus Meggen. Honig und Gemüse beziehen Christian Nickel und seine Köche bei Salvador Garibay. Der mexikanisch-stämmige Bio-Agronom arbeitet in Weggis nach Demeter-Vorschriften. Er belieferte bereits Nenad Mlinarevic, der 2016 als «Focus»-Küchenchef von Gault Millau zum Koch des Jahres gekürt wurde, ehe er den Betrieb ein Jahr darauf verliess. Maximal 45 Gäste, meistens sind es zwischen 20 und 35, gönnen sich an den Sonn- und Feiertagen den Gourmet-Brunch. Bei gutem Wetter wird auch draussen aufgetischt. Laut Christian Nickel verfügt das Hotel über ein grösseres Stammpublikum. «Einige Brunch-Gäste kommen zwei Mal im Monat zu uns.» Zwar ergäben sich daraus kaum Übernachtungen, doch manch einer reserviere später auch fürs Dinner im «Focus» oder im «Prisma».
Für Christian Nickel ist der Brunch nur eines von vielen Puzzle-Teilen für ein unvergleichliches Erlebnis in Vitznau. Der österreichische Unternehmer Peter Pühringer, der das Luxushotel vor zehn Jahren kaufte, heckt mit der operativen Führung weitere Pläne aus, um das Haus noch stärker zu positionieren. Ja, die Aussichten am Fusse der Rigi sind malerisch.
(Benny Epstein)