Erfolg misst sich nicht an Perfektion, sondern am Gefühl, willkommen zu sein: der General Manager über seine Philosophie der Gastlichkeit und seinen Einsatz für die Branche.
Herzog will in einer digital beschleunigten Welt ein Heimatgefühl vermitteln. (ZVG)
Raphael Herzog: Die Jury überzeugte, dass wir ein Traditionshaus mit bald 125-jähriger Geschichte in die heutige Zeit geführt haben. Um das Hotel war es still geworden, doch heute lebt es wieder. Das Haus befindet sich in Schweizer Hand, hat eine einzigartige Seelage und einen eigenen Wald. Doch am Ende entscheidet nicht die Hardware, sondern die Software: viele Mitarbeitende sind seit Jahren dabei, manche zurückgekehrt. Diese Stabilität schafft eine ehrliche Atmosphäre. Wer hier arbeitet, darf sich selbst sein.
Ich bin offen und probiere Neues aus. Viele Ideen sind erfolgreich, manche nicht. Wichtig ist, keine Angst vor Experimenten zu haben. Diese Energie prägt den «Vitznauerhof». Klar, in der Hochsaison muss ich Stabilität gewährleisten, aber grundsätzlich bin ich überzeugt: Innovation entsteht, wenn man mutig ist und etwas wagt.
Ich möchte starre Vorstellungen hinter mir lassen. Es gibt kein Handbuch, das vorschreibt, wie vier Sterne auszusehen haben. Wir setzen eigene Akzente und schaffen so eine Gäste-Community, die diesen Stil sucht. Luxus hat heute eine andere Bedeutung als früher. Viele Gäste haben volle Terminkalender, reisen viel, essen gut. Deshalb zählen nicht die formalen Details, sondern das Gefühl, willkommen zu sein. Und das basiert auf Authentizität, nicht auf Perfektion.
Die Saisonalität fordert uns. Der Sommer läuft toll, Herbst und Winter eher weniger. Wir haben die Saison bereits verlängert und haben an Wochenenden oder für Gruppen auch im Winter geöffnet, aber da liegt noch Potenzial. Ein weiteres Thema ist unsere Grösse. Mit 53 Zimmern stossen wir an Grenzen. Für die langfristige Wirtschaftlichkeit wären zusätzliche Zimmer sinnvoll.
Genau. Mir ist wichtig, nicht nur über Probleme zu reden, sondern Lösungen mitzugestalten. Employer Branding ist für uns als Betrieb zentral, und genauso braucht es Engagement auf Branchenebene. Im Zentralvorstand kann ich mein Wissen einbringen und Impulse setzen.
Für mich ist es vor allem eine Frage der Haltung. Wer die Branche liebt, sollte Teil der Gemeinschaft sein, die sich für sie einsetzt. Unsere Vorgänger haben hart für Rechte und Rahmenbedingungen gekämpft, die wir heute als selbstverständlich ansehen. Eine Mitgliedschaft bedeutet nicht, persönliche Vorteile herauszuholen, sondern Verantwortung zu übernehmen. Es geht um Solidarität, auch mit den Schwächeren. Letztlich profitiert die ganze Branche, wenn wir gemeinsam stark sind.
(Andrea Decker)
Seit 2018 ist Raphael Herzog General Manager im «Vitznauerhof». 2023 wurde er zum «Hotelier des Jahres» gekürt.