Praktisch oder luxuriös – welche Autos fahren die Gastgeber der Schweizer Hotellerie und Gastronomie?
Darf ein Gastgeber ein tolleres Auto fahren als seine Kunden? Darf der Chef beim Betrieb mit dem Luxusschlitten vorfahren? Die Meinungen in der Schweizer Gastroszene teilen sich.
Andreas Caminada, der Bündner Starkoch (3 Michelin-Sterne, 19 Gault-Millau-Punkte), setzt seit 2008 auf Audi: «Audi ist der perfekte Match für mich, ist Geschwindigkeit, vermittelt Passion und ein aussergewöhnliches Lebensgefühl, hat Rennsportgeschichte geschrieben und sich immer weiterentwickelt.» Sein ehemaliger Schüler Nenad Mlinarevic (2 Sterne, 18 Punkte) mag schnelle Flitzer: Früher fuhr er einen aufgemotzten Renault Clio Sport, mittlerweile einen Maserati Quattroporte S Q4.
Dass ein Gastronom mit teurem Wagen unterwegs ist, findet Spitzenkoch Cornelius Speinle (1 Stern, 16 Punkte) in Ordnung: «Wer hart dafür gearbeitet hat, darf sich etwas leisten.» Er ist noch nicht so weit und fährt einen Hyundai X5. «Ein Range Rover, das wär mal was. Aber so wichtig ist er mir nicht.» Hätte er ein tolles Auto, etwa einen Porsche, würde er ihn ohnehin nur am Wochenende ausfahren und sicher nicht den Mitarbeitern präsentieren.
Auch «Badruttt’s Palace»-Hotelier Hans Wiedemann mahnt zur Bescheidenheit gegenüber Mitarbeitern und Gästen. Ohnehin ist ein Auto für ihn ein Fortbewegungsmittel und kein Statussymbol. «Ich schaue mir gerne schöne Autos an, insbesondere jene unserer Gäste, und fange an zu träumen.» Selbst fahre er einen Audi A8, ein Geschäftsauto.
Immerhin weiss Wiedemann, um welches Modell es sich bei seinem Fahrzeug handelt. Nicht so Michel Péclard. «Es ist ein Lexus, mehr weiss ich nicht», meint der Zürcher Gastrounternehmer lachend. «Ich fahre dieses Auto, weil ich kein anderes habe. Am liebsten hätte ich gar keines, aber dann käme ich nicht vom Fleck.»
Péclard-Stellvertreter Florian Weber ist in Zürich gerne mal im mintfarbenen Land Rover Defender zu sehen. Der legendäre britische Geländewagen darf seit 2016 nicht mehr produziert werden, da er die EU-Richtlinien zum Fussgängerschutz nicht mehr erfüllt. Weber ist froh um die Dienste des Defenders: «Er bringt mich durch den Schnee problemlos bis zu unserer Bergbeiz Alpenblick in Arosa. Zudem hat er reichlich Platz.»
Auch Claudia und Andreas Züllig, die in der Lenzerheide das Hotel Schweizerhof führen, sind auf ein Auto angewiesen, das den Schnee bezwingen kann. «Wir fahren einen VW Passat. Er ist sicher, hat einen 4x4-Antrieb und das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt», erklärt Claudia Züllig, die eigentlich von einem ganz anderen Auto träumt: «Ich hätte gerne ein tolles Elektroauto, ein Tesla wäre was. Das ist der grosse Wunsch von mir und meinen Söhnen. Aber wir konnten meinen Mann noch nicht überzeugen.» Als Hotelleriesuisse-Präsident ist dieser dank SBB-Generalabonnement notabene ohnehin meistens mit dem Zug unterwegs.
Auch Marc Brechtbühl, Mitbesitzer des Zürcher «Kaufleuten», träumt von einer umweltfreundlichen Lösung: «Ein selbstfahrendes Elektroauto von Apple oder Google!» Derzeit fährt er noch einen VW Touran, in dem auch seine beiden Kinder Platz haben, wobei ihm eigentlich Bescheidenheit nicht so wichtig ist: «Ehrlichkeit ist wichtiger.»
Ein spezielles Auto steuert der Zürcher Szenegastronom Marc Blickenstorfer: «Einen Citroën CX25, einen Leichenwagen.» Wieso ausgerechnet dieses Modell? «Damit auch die letzte Fahrt eine schöne ist.»
(Benny Epstein)