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Serie: Schweizer Spirituosen (Teil 10) Grappa – Abfallverwertung der ersten Stunde

Den Trester, der bei der Weinproduktion anfällt, wussten unsere südlichen Nachbarn mit der Herstellung von Grappa früh zu verwerten.

Der Trester der Pinot-Noir-Trauben ist die Basis der «Alten Traube» von Stefan Fraefel. (Adobe Stock)

Grappa ist beliebt. Das hat auch Stefan Fraefel, Brenner aus Henau/SG, festgestellt. «Unsere Brennerei ist eigentlich auf Zwetschgenwasser und Kirsch spezialisiert», sagt der 38-Jährige, der das Familienunternehmen in fünfter Generation führt. Vor gut zehn Jahren hat er begonnen, sich auch Tresterbränden zu widmen.

Als Stefan Fraefel sich mit der Herstellung des Destillats auseinandersetzte, fragte er bei einem befreundeten Weinbauern, Jürg Obrecht aus Jenins/GR, an, was er denn mit seinem Trester mache – dem Kuchen, der bei der Weinherstellung übrig bleibt. Obrecht war sofort interessiert und begann fortan den Trester seiner Pinot-Noir-Trauben an Stefan Fraefel zu liefern. «Heute beziehe ich bis zu vier Tonnen gepressten Traubentrester von Obrecht», sagt Fraefel. Daraus entsteht der Traubentrester Alte Traube.

Auf den Namen Alte Traube ist Fraefel nicht zufällig gekommen. «Nur die Tessiner, die italienisch sprechenden Graubündner und die Italiener dürfen ihre Tresterbrände Grappa nennen», so der Brenner. Doch weil diese gerne als Grappa Riserva bezeichnet werden, hat er für seinen Brand die ungefähre deutsche Übersetzung «Alte Traube» gewählt.

«Unseren Traubentrester dürfen wir nicht Grappa nennen.»

Stefan Fraefel, Geschäftsführer Getränke Fraefel, Henau

 

Nachdem er für diesen Tresterbrand von Distisuisse früher schon einmal die Silbermedaille bekommen hatte, erhielt er mit dem Jahrgang 2019/20 an der kürzlichen Prämierung von Distisuisse die Goldmedaille. Die Jury schrieb in der Beurteilung: «In der Nase eine frische, gut eingebundene Tresternote. Vanille und etwas Heu. Breiter Körper, leicht pfeffrig, komplex, vielschichtig und mit langem Abgang.» Stefan Fraefel führt diesen Erfolg auf die sorgfältige Herstellung und die lange Lagerung von zwölf Monaten in alten Cognacfässern zurück. «Bei diesen Fässern spare ich nicht, für mich sind sie das A und O eines guten Brandes.»

Die Geschichte des Grappas

Mit Beginn der Kreuzzüge im elften Jahrhundert brachten Gelehrte die Destillationstechnik nach Italien. Aus jener Zeit stammen erste Dokumente, in denen die Destillation von Wein beschrieben wird. Grappa wurde erstmals 1451 erwähnt: Im Friaul listete der Notar Everardo da Cividale in einem Nachlassverzeichnis einen Destillierkolben zur Herstellung von «acquavitem» auf, das an einer anderen Textstelle als «grape» bezeichnet wird.

Der Name Grappa, abgeleitet vom Wort Grappolo für Traube, setzte sich nur zögernd durch. Bis Ende des 19. Jahrhunderts war vorwiegend von «acquavite» und «acquavite di vinaccia», dem Brand der Traubenreste, die Rede.

Vor allem die Bauern aus den abgelegenen Tälern des Friaul, Trentino, Piemont, der Lombardei und dem Veneto stellten aus den Kernen, Schalen und Stängeln der Trauben Schnaps her. Die meisten von ihnen besassen keinen eigenen Brennhafen und liessen sich ihre Spirituose von den übers Land ziehenden Lohnbrennern herstellen. Weil das Brennen in jener Zeit über offenem Feuer stattfand, brannten die Feststoffe schnell an und die so entstandenen Fehltöne waren im fertigen Schnaps gut zu riechen.

Dann aber brach ein neues Grappa-Zeitalter an. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts wurde viel in die Verbesserung des Herstellungsprozesses investiert. Das zuvor unbekannte Produkt eroberte die Spitzengastronomie. Die italienischen Hersteller versäumten es nicht, die Bezeichnung Grappa zu schützen. So gibt es heute den Grappa di Lombarda, den Grappa di Barolo oder den Grappa di Marsala und einige andere mehr.

Nach dem Brennvorgang ist das Destillat klar, transparent und farblos. Verschiedene Farbnuancen von Bernstein bis zu Rotbraun entstehen durch die Fasslagerung. Getrunken wird Grappa pur aus einem Grappakelch, der unten bauchig ist und sich nach oben hin verengt. Ist das Glas zu voluminös, bekommt der Ge­niesser vor allem Alkoholdämpfe in die Nase.

(Ruth Marending)


Interessante Adressen

Getränke Fraefel AGHenau/SG Traubentrester Alte Traube der Sorte Pinot Noir.

www.getraenke-fraefel.ch


Cave Colline de Daval Sierre/VS

Der Familienbetrieb Colline de Daval bietet Wein- und Tourismus-Aufenthalte im Castel de Daval an. Neben Wein produziert die Familie Spirituosen, Fruchtsäfte, Früchte und Spargeln. Ihr Eau-de-vie Davalgnac hat bei der Distisuisse-Prämierung Gold geholt. Er überzeugte die Jury mit seiner aus-gewogenen Blauburgunder-Tresternote.

www.collinededaval.ch


Cave et Distillerie de la Ruelle, Milvignes/NE

Ursprünglich war das 1910 gegründete Unternehmen Beyeler eine fahrbare Küferei-Brennerei. Heute setzt das Familienunternehmen, in vierter und fünfter Generation von Claire und Daniel Beyeler sowie deren Sohn Jonathan geführt, auf den Wein und die Destillation. Gold an der Distisuisse für den Vieux Marc de Pinot Noir, einem Tresterbrand mit süsslichem Antrunk.

www.domainebeyeler.ch


Delea Vini e DistillatiLosone/TI

Angelo Delea schuf 1983 die Basis für Delea Wines & Distillates, ein Unternehmen, das heute mehr als 100 Mitarbeitende beschäftigt und in zweiter Generation von David und Cesare geführt wird. Mit Leidenschaft produziert das Familienunternehmen Wein und mit dem Trester intensive Grappas, die in der Cantina Delea hergestellt werden.

www.delea.ch


Schwarzenbach Weinbau Meilen/ZH

Gold an der Distisuisse für den Completer, dem fruch­tigen Tresterbrand aus der Traubensorte Completer.

www.schwarzenbach-weinbau.ch