Der 29-jährige Genfer, Gewinner des Goldenen Kochs 2023, ist am 11. Mai bei einem Lawinenunglück im Oberwallis ums Leben gekommen. Ehemalige Kollegen erinnern sich.
Vergangene Woche erfuhren mehrere Westschweizer Gastronomieprofis, die mit ihm gearbeitet hatten, die traurige Nachricht: Shaun Rollier ist bei einer Skitour am Lagginhorn im Oberwallis ums Leben gekommen. Der junge Genfer wurde laut Informationen seines Tourenpartners, welche die Zeitung Blick veröffentlichte, von einer Lawine erfasst. Als aufstrebende Figur der Schweizer Gastronomie hatte er 2023 den prestigeträchtigen Titel Goldener Koch gewonnen.
In Crissier, wo er seine Ausbildung absolviert hatte, erschütterte die Nachricht die gesamte Brigade. «Er schickte mir regelmässig Nachrichten von seinen Bergabenteuern», erzählt Franck Giovannini, Küchenchef im Restaurant de l’Hôtel de Ville. «Ich sagte ihm ständig, er solle auf sich aufpassen. Er war ein super Lehrling, sehr talentiert und glücklich in der Küche. Er war wie ein Clown, voller Energie. Es ist einfach nur traurig.»
Nachdem er in mehreren Sternerestaurants gearbeitet hatte – unter anderem in der «Vague d’Or», im «Geranium» in Kopenhagen (DK), bei Prima in Megève und im «Valrose» in Rougemont –, hatte Shaun Rollier bereits mit 27 Jahren einen beeindruckenden Werdegang vorzuweisen. Anlässlich seiner Teilnahme am «Goldenen Koch» trat er mit viel Selbstbewusstsein und einem reifen kulinarischen Stil auf. Im Finale überzeugte er die Jury mit einem ehrlich-frischen Gericht, das raffiniert, aber ausgewogen war – ganz wie seine Persönlichkeit. «Es war ein Teller, der ihn wirklich widerspiegelte. Er konnte auf seinen Chef und seine Kollegen hören, hatte aber immer eine klare Vorstellung davon, was er wollte», fasst ein Vertrauter zusammen.
Wer mit ihm gearbeitet hat, spricht von einem entschlossenen, gewissenhaften und zutiefst menschlichen Menschen. Mit ansteckender Energie brachte er Leben in jede Brigade. Er konnte mit allen Menschen und unter allen Umständen eine Verbindung aufbauen. «Er liebte die Menschen, ihre Geschichten, den Austausch. Er hörte immer zu, sprach aber mit beeindruckender Reife für sein junges Alter.»
Bergsteigen, wie das Kochen, war seine grosse Leidenschaft. Wer ihn auf Bergtouren begleitete, beschreibt ihn als erfahren, achtsam und respektvoll gegenüber den Risiken. Die Skitour, bei der er starb, galt nicht als besonders gefährlich. Und obwohl er die Risiken des Hochgebirges gut kannte, hätte er nicht auf seine Touren verzichtet – er lebte für die Berge. Ob Sommer oder Winter, fast seine gesamte Freizeit verbrachte er dort.
In einem Interview nach seinem Sieg beim «Goldenen Koch» sagte er, eines seiner Ziele sei es, Skitouren und Alpinismus so oft wie möglich auszuüben (vgl. HGH vom 17.7.2023). Im selben Gespräch sprach er auch davon, seinen Sinn für Ästhetik in Kopenhagen weiterentwickelt und seine Kenntnisse im Würzen bei Arnaud Donckele in der «Vague d’Or» vertieft zu haben.
Das Bergsteigen war Teil seines familiären Erbes. Seine Mutter war ebenfalls bergbegeistert. Nach ihrem tragischen Tod vor zwei Jahren verliess er die Brigade des «Valrose». Zum Zeitpunkt seines Todes war er noch nicht wieder fest bei einem Betrieb engagiert, er führte aber mehrere Gespräche, um zu entscheiden, wie es weitergehen sollte. Für viele war klar: den Sprung an die absolute Spitze hätte er bald geschafft. Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen.
(Patrick Claudet)