Geboren in Tramelan/ BE, lebt er heute mit seiner Familie in Yvonand/VD. Nun feiert er sein 30-Jahr-Jubiläum im Restaurant de l’Hôtel de Ville de Crissier/VD.

Giovannini ist – wie schon seine Vorgänger – bei jedem Service anwesend. (ZVG)
Warum also nicht an die Quelle zurückkehren – zu jenem, der ihn einst eingestellt hat? «Franck Giovannini liebt, was er tut, er arbeitet präzise, respektiert das Produkt, den Garpunkt und den Gast – und das Resultat spricht für sich: Das Drei-Sterne-Restaurant ist voll», sagt Frédy Girardet über den jungen Giovannini, den er 1995 eingestellt hat. Dass dieser das Erbe von Philippe Rochat und Benoît Violier in gleicher Exzellenz fortführt, freut den «Koch des Jahrhunderts» besonders. Girardet besucht das Restaurant de l’Hôtel de Ville de Crissier noch regelmässig, wenn auch, wie Giovannini meint, zu selten. Hinter den bescheidenen Worten liegt die typische Waadtländer Zurückhaltung. «Ich bin froh, Gutes über ihn zu hören», fügt Girardet an.
Alle seine Weggefährten beschreiben ihn gleich: als präzisen, eleganten Koch mit feinem Gespür für Texturen. Sous-chef Filipe Fonseca Pinheiro fasst es so zusammen: «Er hat die Spontaneität von Girardet, die Grosszügigkeit von Rochat und die Technik von Violier geerbt.» Im Team wird Giovanninis Führungsstil geschätzt. Fordernd, aber nie autoritär. «Ein Blick genügt», heisst es. Seine Loyalität und Menschlichkeit prägen die Arbeitsatmosphäre. Nach längeren Auszeiten wird stets gemeinsam gegessen, Eishockeyund Fussballmatches – Giovannini ist LHC-Fan – gehören ebenfalls zur Teamtradition. Diese Momente der Geselligkeit stärken den Zusammenhalt. Auch bei der Arbeitszeitgestaltung achtet er darauf, Familie und Beruf so gut wie möglich zu vereinen.
Wenn man ihm überhaupt etwas vorwerfen kann, dann, dass er zu schnell spricht. Sein Freund David Lizzola, Gründer und Geschäftsführer der Léguriviera-Gruppe, bat ihn sogar, vor seiner ersten Masterclass am Vevey StrEAT Food Festival langsamer zu sprechen. Doch das ist leichter gesagt als getan – es liegt in der Familie. «Meine Mutter spricht noch schneller», gibt Franck Giovannini schmunzelnd zu.
Seit seinem Sieg beim «Cuisinier d’Or» 2010 ist er in der Kochwelt omnipräsent. Mit seiner stoischen Ruhe und Haltung unter der Kochmütze erscheint er unerschütterlich. Die Vermutung wird durch die Erzählung eines engen Vertrauten bestätigt: Lucien Mosimann, seit zwanzig Jahren sein Weggefährte in der Schweizer Bocuse-d’Or-Akademie. «Wir sprachen einmal über einen möglichen Mental Coach, was er entschieden ablehnte. Bei einem Probelauf schlug ich vor, eine Viertelstunde Unterbruch zu simulieren. Franck hat das völlig gelassen gemeistert – seither war das Thema Mental Coach vom Tisch.»

Ringeltauben-Vitello an säuerlicher Petersiliensauce, Blumenkohlstückchen und Kapernblüte. (Pierre-Michel Delessert)
Trotz äusserer Ruhe sieht er sich nicht als unerschütterlich: «Ich spiele mich nicht als grossen Chef auf, und das ist gut so», sagt er. Bis März 2016 machte er keinen Rundgang im Gastraum – es war für ihn noch immer «das» Restaurant seiner Vorgänger, nicht sein eigenes. In Yvonand fühlt er sich zuhause und verbringt dort fast jedes Wochenende. Er pflegt noch immer seinen langjährigen Freundeskreis. Und die Familie spielt eine zentrale Rolle: seine beiden fast erwachsenen Kinder Matt und Emma sowie seine Ehefrau Stéphanie, die alle Etappen seines Weges miterlebt und mitgetragen hat. «Manchmal sagen wir uns: Wir, an der Spitze dieses Hauses? Unglaublich!»
Franck Giovannini, Restaurant de l’Hôtel de Ville de Crissier
Auch wenn er sich anfangs mit dem Rundgang durch den Gastraum schwertat, fühlte er sich in der Küche von Anfang an zuhause. Benoît Violier, mit dem ihn eine enge Freundschaft verband, überzeugte ihn nach einem Zwischenhalt in Nordamerika – mit Stationen in Vancouver, New York und Boston – zur Rückkehr nach Crissier. Schon bald war Giovannini eng in die Menügestaltung eingebunden. Nach dem Tod von Philippe Rochats Ehefrau Franziska übernahmen Violier und er eine entscheidende Rolle, um die Kontinuität des Hauses zu sichern. Diese kreative Zusammenarbeit prägt seinen Stil bis heute.
Sein kreativer Anspruch ist bis heute zentral: 2024 kreierte seine Brigade insgesamt 38 Menüs. Vor jeder neuen Karte werden alle bisherigen Gerichte im Fotokatalog durchgesehen. Wiederholungen gibt es keine: weder bei der Farbe der Teller noch bei den Zutaten. «Manchmal frage ich mich, ob unser Stil noch zeitgemäss ist. Doch das Feedback der Gäste bestärkt uns.»
Mosimann bringt es auf den Punkt: «Ich habe ihn aufblühen sehen.» Er erinnere sich gerne an die Tage in der Schweizer Bocused’Or-Akademie, als sie nach jedem Training im «Bären Langenthal»/BE ein Cordon bleu teilten. «Nach Wettbewerben antwortete er dem Moderator nur mit Ja oder Nein – Jahre später hatte er seine Schüchternheit überwunden», erzählt Mosimann. Ebenfalls erinnert er sich gerne an Giovanninis Haltung bei dem enttäuschenden Bocuse-d’Or-Europe-Finale 2010 in Genf, als der Fisch missriet: «Er stellte sich den Medien, blieb bei unseren Partnern – trotz der Enttäuschung. Das ist die Haltung eines grossen Menschen.»
(pcl/ade)