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Organisation umstellen, produktiver kochen

Um die Produktivität in der Küche langfristig zu steigern, braucht es vor allem zwei Dinge: den Mut alte Zöpfe abzuschneiden und die Bereitschaft, neue Wege einzuschlagen.

Mit welchen Herstellungstechniken oder organisatorischen Massnahmen lässt sich die Produktivität in der Küche steigern? «Die wichtigste organisatorische Umstellung in der Restaurant- und Hotelküche ist der Wechsel von der Massen- zur Einzelfertigung», beantwortet Hans Vettiger diese Frage. Er ist Spezialist für Produktivitätssteigerung. Der Dozent an der EHL Hotelfachschule Passugg für Nachhaltigkeitsmanagement, Wirtschaft, Organisations- und Qualitätsmanagement ergänzt seine Antwort mit dem Zusatz: «Es gibt dann keine fixen Menüs oder Halbpension mehr. Alle Gäste bestellen ausschliesslich à la carte.»

Speisekomponenten für mehrere Tage vorproduzieren, spart Zeit. (Adobe-Stock)

Die zweite gemäss Hans Vettiger wichtige organisatorische Umstellung in der Küche betrifft den Wechsel der Produktionszeiten. Statt Speisen am Morgen für den Mittagsservice und am späten Nachmittag für den Abendservice herzustellen, werden die einzelnen Menükomponenten an fixen Tagen für die ganze Woche vorproduziert. «Ermöglicht wird diese zeitverschobene Herstellung durch den gleichzeitigen Einsatz von mehreren Combisteamern und Schockfrostern.»

Wer sparen will, muss investieren

Die Anschaffung modernster Küchengeräte in mehrfacher Anzahl hat natürlich ihren Preis. Doch die Investition lohnt sich, wie Hans Vettiger spontan vorrechnet: «Sofern nicht die ganze Küche umgestellt und erneuert werden muss, betragen die Anschaffungskosten für solche neuen Geräte für ein Restaurant mit 120 Sitzplätzen rund 300 000 Franken.»

Durch den Einsatz mehrerer Combisteamer und Schockfroster in Kombination mit der Umstellung der Produktionsabläufe und -zeiten können Hierarchiestufen im Team aufgelöst und dadurch Mitarbeitende eingespart werden.


«Der Personalaufwand reduziert sich um etwa 30 Prozent.»

Hans Vettiger, Dozent Wirtschaft an der EHL Hotelfachschule Passugg


«Geht man davon aus, dass eine durchschnittliche Küchenarbeitskraft einen Betrieb alles in allem etwa 100 000 Franken pro Jahr kostet, hat sich in unserem Rechenbeispiel die Investition in die neuen Geräte bereits nach drei Jahren amortisiert.»

Gastro-Branche hinkt dem Schweizer Durchschnitt hinterher

Die Produktivität kann mit dem Umsatz pro 100-Prozent-Stellen gemessen werden. «Die durch-schnittliche Produktivität von Restaurants in der Schweiz liegt bei 130 000 Franken», weiss Hans Vettiger. Um das besser einordnen zu können: Die durchschnittliche Produktivität in der Schweiz über alle Branchen gesehen liegt bei 230 000 Franken pro Vollzeitstelle. Hans Vettiger ist überzeugt: «Mit der Umstellung der Produktionsweise und mehreren Jahren Erfahrung ist es möglich, auch in Restaurants diesen Schweizer Pro duktivitätsdurchschnitt zu erreichen. Aber dann muss man schon sehr gut werden.»

Müssen macht mögen

Sich von den klassischen Produktionsabläufen zu verabschieden und an die neuen zu gewöhnen, ist für das gesamte Küchenteam eine Herausforderung. Auch braucht es Zeit, sich umzugewöhnen und eine neue Routine zu entwickeln. «Operative Fachkräfte brauchen etwa ein halbes Jahr, bis sie im neuen System drin sind. Bei bisherigen Hilfskräften, deren Arbeiten anspruchsvoller und interessanter werden, dauert das bis zu zwei Jahre», sagt Hans Vettiger.

Seiner Erfahrung nach meistern junge Küchenchefs die Umstellung in der Regel problemlos. Die sehr guten Küchenchefs der alten Schule, die an hoch arbeitsteilige Hierarchien gewöhnt sind, stünden den neuen Produktionsmethoden und -abläufen hingegen oft sehr skeptisch gegenüber. «Ich habe in Deutschland jedoch mehrere alte Küchenchefs kennengelernt, die zur Umstellung gezwungen wurden und es jetzt sehr schätzen, jedes zweite Wochenende frei zu haben.»

(Riccarda Frei)


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