Hochprozentig und facettenreich: Wer ein Bier für Geniesser sucht, hat es mit dem Bierstil Barley Wine gefunden.
Die erste Brauerei, die den Begriff Barley zu Beginn des 19. Jahrhunderts für ein Starkbier verwendete, war die englische Bass Brauerei in Burton-upon-Trent (GB) mit ihrem Bass No.1 Barley Wine. 1975 folgte eine Brauerei in den USA: Anchor Brewing in San Francisco. Diese Brauerei stellt noch heute ein Bier in diesem Stil her. Dessen Name Old Foghorn soll an die guten alten Zeiten erinnern. Tatsächlich hat es Barley Wine nach der anfänglichen Euphorie nicht mehr aus der Nische herausgeschafft. Heute sind es daher hauptsächlich kleinere Brauereien, die sich diesem Bierstil widmen. Wobei man sich in der Brauszene uneins ist, ob Barley Wine einen eigenen Stil charakterisiert oder einen Oberbegriff für sehr starke Biere darstellt.
Fakt ist: In den Sortenrichtlinien des Beer Judge Certification Programms ist Barley Wine als kohlensäurearmer Stil festgehalten. Dieser wird, entsprechend seines Ursprungs, in englischen und amerikanischen Barley Wine unterteilt. Beide bewegen sich zwischen 8 und 15 Volumenprozent Alkohol. Der amerikanische Stil verfügt über eine ausgeprägtere Bitterkeit. Cyril Hubert, Biersommelier aus Montreux/VD und Jury-Mitglied bei den World Best Beer Awards erläutert: «Die Bitterkeit rührt von den meist verwendeten amerikanischen Hopfensorten.
Die Farbe kann bei beiden Stilen von tiefem Gold über sehr dunkles Bernstein bis hin zu Dunkelbraun variieren. Oft sind auch rubinrote Reflexe zu sehen.
Diese Vielschichtigkeit verdankt Barley Wine allerdings nicht, wie man vermuten könnte, dem Malz, sondern vor allem der Hefe, wie Brauer Martin Wartmann von der Klosterbrauerei Fischingen/TG betont: «Für höhere Alkoholgehalte braucht es mehrere verschiedene Hefen, als Gemisch oder nacheinander eingesetzt. Zudem muss man wissen, wie man diese dazu bringt, in Würzen mit bis zu 30 Prozent Stammwürze zu arbeiten.» Bei der Würze handelt es sich um die Flüssigkeit, die nach dem Lösen von Malzinhaltsstoffen im Wasser (Maischen) nebst dem Malz übrigbleibt und für das Bier verwendet wird. Die Stammwürze wiederum bezeichnet den Nährstoffgehalt des Bieres (der Würze) vor dem Gärprozess. Je mehr Nährstoffe vorhanden sind, desto mehr Zucker kann die Hefe in Alkohol umwandeln. Dadurch entsteht bei Barley Wine auch die aromatische Komplexität: Von Brot über Trockenfrüchte bis hin zu Keksen gibt es kaum ein Aroma, das nicht vorkommt.
«Die helleren Vertreter erinnern im Gaumen auch mal an Haselnuss, die dunkleren an Karamell», ergänzt Cyril Hubert. Er würde Barley Wine entweder pur oder mit einem deftigen Gericht servieren: «Das könnte Stilton mit Brot oder Rehrücken mit Honig sein.» Martin Wartmann wiederum ist der Ansicht, Barley Wine sei ein Bier «solo zum Geniessen». Dem pflichtet auch der Biersommelier Ernesto Enriquez vom Getränkefachgeschäft Drinks of the World bei: «Man kann dazu zwar auch Blauschimmelkäse mit Brot essen. Aber dann gehen spannende Aromen verloren». Für eine optimale Aromenentfaltung sollte Barley Wine zudem nicht kälter sein als zwölf Grad Celsius.
(Désirée Klarer)
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