Die Gastkolumne von Melanie Loessner, Ernährungskommunikation und -projekte bei vitamintexte.ch.
Fünf Portionen Früchte und Gemüse täglich – so lautet eine der einfachsten und bekanntesten Ernährungsempfehlungen überhaupt. «5 am Tag» klingt aber auch nach Pflichtübung, nicht nach Genuss. Und genau da liegt das Problem. Denn wer denkt beim Frühstücksbuffet, Business-Lunch oder Abendmenü wirklich an Tagesziele? Die gute Nachricht: Die Gastronomie kann hier viel bewirken – ohne dass der Brokkoli gleich missionieren muss. Es braucht auch keinen Sellerie-Schock. Oft reichen simple Ideen: Gemüse nicht verstecken, sondern feiern. Frisch, saisonal und kreativ. Lange genug war Gemüse das brave Pflichtprogramm am Tellerrand – blass, weich, gut gemeint. Zeit, das Drehbuch umzuschreiben: Gemüse darf bunt sein, duften, überraschen und glänzen. Nicht nur fürs gute Gewissen, sondern weil’s schmeckt und im Gedächtnis bleibt. Schon die Optik wirkt: Bunte Bowls oder ein leuchtender Gemüseeintopf erzählen mehr über Frische und Vielfalt als jeder Health Claim. Gäste lieben Geschichten – auch auf dem Teller. «Unser Randen-Tatar? Hausgemacht aus der Lieblingsknolle unserer Küchenchefin.» Oder vielleicht: «Diese Tomaten haben mehr Sonne gesehen als mancher Hotelgast». Gemüse und Früchte sind vielfältig, aber sicher keine Nebensache. Sie haben das Potenzial, echte Hauptdarstellende zu sein und sind gleichzeitig Bühne wie Botschaft. Vorausgesetzt, man inszeniert sie mit Fantasie. Dabei funktioniert «5 am Tag» gleichermassen gut im À-la-carte-Bereich, auf Buffets, in der Gemeinschaftsverpflegung – und sogar für Kinder als die Gäste von morgen. Es lohnt sich also dranzubleiben. Denn am Ende zählt nicht, ob jemand exakt fünf Portionen gegessen hat, sondern ob das Erlebte Lust auf mehr macht.