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Anspruchsvoller Tourismus

Der Bergsturz von Blatten/VS hat es in Erinnerung gerufen: Das Leben in den Bergen ist nicht einfach. Damit die gesamte Alpenkette touristisch genutzt werden kann, kommt dem Bergtourismus eine hohe Bedeutung zu. Fünf Betriebe erzählen, mit welchen Problemen sie als Bergtouristiker konfrontiert sind und welche Angebote sie den Gästen machen.

Albrecht von Haller hat mit seinem Gedicht «Die Alpen» aus dem Jahr 1729 den Bergtourismus in der Schweiz nachhaltig beeinflusst. Seine romantische Darstellung der Alpen und des naturnahen Lebens der Bergbewohner nahm der Bevölkerung die Angst vor den gefürchteten Bergen. Der Tourismus nahm daraufhin an Fahrt auf. Knapp 300 Jahre später bietet sich ein anderes Bild. Iseltwald wird von Touristen überrannt, ebenso das Lauterbrunnental, beide im Berner Oberland. Auch Lungern/OW gehört zu den viel besuchten Orten. Hauptgrund ist die südkoreanische Netflix-Serie «Crash Landing on You», die teilweise am Lungerersee spielt

Fluch und Segen

Die Liste der touristischen Hotspots in den Bergen könnte unendlich fortgeführt werden und dürfte in nächster Zeit dank der sozialen Medien weiterwachsen. Doch es sind und bleiben nur ein paar Orte, die mit den unangenehmen Seiten vom Massentourismus konfrontiert werden. Die Regel ist meistens noch immer so, dass viele Berghotels die Gäste mit tollen Angeboten in ihr Haus locken müssen. Denn allzu oft ist das Wirtschaften abseits der Touristenpfade kein Honigschlecken.

Gemäss Schweiz Tourismus hängt rund ein Viertel aller Arbeitsstellen in den Bergen vom Tourismus ab. «Im Kanton Wallis erwirtschaftet der Tourismus fünfzehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes BIP und bietet fast neunzehn Prozent der Arbeitsplätze», sagt Brigitta M. Gadient, Präsidentin von Schweiz Tourismus. «Und im Kanton Graubünden bringt der Tourismus mehr als einen Viertel des BIP. Fast jeder dritte Arbeitsplatz hängt direkt vom Tourismus ab.»

Wertvolle Unterstützung

Ach wenn die Furcht vor den Bergen abgenommen hat, bleibt ein gewisses Risiko. Das zeigte jüngst der Bergsturz im Lötschental, der nicht nur ein ganzes Dorf, sondern auch drei gute Hotels ausgelöscht hat. Es folgten schweizweit grosse Solidaritätsbekundungen. Auch in Hotelleriekreisen. So ruft «Top 3 Star Hotels of Switzerland» zum Spenden für das Hotel Edelweiss auf. Das «Edelweiss» ist ein langjähriges Mitglied der Vereinigung und das Lebenswerk von Lukas Kalbermatten. Es ist eines der drei Hotels, die unter den Geröllmassen verschwunden sind.

Eine andere Aktion hat der Ostschweizer Bäcker-Confiseur Verband ins Leben gerufen. Mit «Backen für Blatten» unterstützt er das Dorf Blatten, indem bis Ende Juni pro Verkauf eines eigens geschaffenen Blatten-Brots ein Franken gespendet wird. Einen Schritt weiter geht der Rapperswiler Beck in Rapperswil/SG, der ein Herzbrot verkauft. «Für jedes verkaufte Brot spenden wir 2.50 Franken an das Soforthilfekonto der Raiffeisenbank Gampel-Raron und der Einwohnergemeinde Blatten», schreibt der Bäcker auf seiner Website.

Derweil versuchen die Lötschentaler zurück zu einem neuen Alltag zu finden. «Wir wünschen uns von den Gästen, dass sie das Lötschental weiterhin besuchen», bittet Mathias Fleischmann, CEO Lauchernalp Bergbahnen AG und Lötschental Marketing AG. «Der Tourismus ist für uns ein wichtiger Wirtschaftszweig.» Aktuell gibt es im Lötschental noch sechs Hotels mit insgesamt gut 100 Betten. Das Wandergebiet und die Restaurants in Wiler, Kippel und Ferden seien vollumfänglich offen. Weiterhin geschlossen bleibt das zwar verschonte Hotel Fafleralp, das aber hinter dem Schuttkegel liegt und bis auf Weiteres nicht erreichbar ist.

(Ruth Marending)


Alpenhotel zur Wildi Lauchernalp/VS

Das Bestängige

Bis zur Eröffnung des Lötschbergtunnels 1913 war das Lötschental nur sehr schwer erreichbar. Viel Ursprüngliches mit verzierten Häusern blieb daher dem erst spät dem Tourismus erschlossenen Tal erhalten. Das ändert auch der Bergsturz von Blatten nicht, der zwar von der Lauchernalp zu sehen, aber dennoch etliche Kilometer entfernt ist. Diese Alp oberhalb von Wiler im Lötschental liegt auf einer Höhe von rund 2000 Metern. Das Feriendorf ist ganzjährig durch eine Luftseilbahn von Wiler aus erreichbar. «Wer in den Bergen lebt, ist sich den Naturgefahren bewusst», sagt Seiler.

Engagement der Bergbahn

Um die Berggastronomie auf der Lauchernalp nachhaltig zu sichern, hat der Verwaltungsrat der Bergbahnen letztes Jahr das Alpenhotel zur Wildi übernommen. Das 1989 erbaute Haus stand aufgrund der Pensionierung des vorherigen Wirtepaars zum Verkauf. «Die Berggastronomie ist ein zentraler Bestandteil des Gästeerlebnisses am Berg und wird immer wichtiger», so Rafael Kambli, Verwaltungspräsident der Lauchernalp Bergbahnen. Heute führt Betty Seiler den Betrieb mit grosser Leidenschaft. Eine ähnliche Katastrophe wie in Blatten befürchtet sie auf dieser Talseite nicht: «Dafür sind wir dankbar.» Die Versorgung mit Lebensmitteln geschieht über die Bergbahn. «Das machen wir aus ökologischen und logistischen Gründen so», sagt Seiler. Bei der Lebensmittelplanung ist Sorgfalt nötig. Geht etwas Wichtiges aus, muss diese Ware unten im Lötschental besorgt werden. «Dreimal pro Woche werden wir mit Frischprodukten beliefert, frisches Brot kommt täglich auf die Alp.»

Fakten und Zahlen

Zimmer: 10 Zimmer für 2 Personen

Saison: Anfang Juni bis Ende Oktober und Mitte Dezember bis Mitte April

Mitarbeitende: im Sommer 5 Personen, im Winter bis 15 Personen

zurwildi.ch


Boutiquehotel Fusio Fusio/TI

Das Verschonte

Fusio liegt auf rund 1100 Metern Meereshöhe am Fusse der Cristallina-Gruppe. Das Boutique Hotel Fusio befindet sich am Dorfeingang direkt an der Maggia. Das Hotel war fast 50 Jahre geschlossen und nach einer Gesamtsanierung 2016 wieder eröffnet worden. Heute wird das Haus mit dem Restaurant Da Noi von Manuela Medici als Gastgeberin geleitet. Unterstützt wird sie von einem jungen Team aus der Region. Küchenchef Matteo Cali serviert den Gästen authentische, saisonale Gerichte. «Fusio hat keinen Durchgangsverkehr, die Gäste kommen bewusst zu uns, wo sie nicht nur eine gute Küche, sondern auch Ruhe und Erholung finden. Und dies, ohne auf Komfort zu verzichten», so Manuela Medici.

Schwierige Stellenbesetzung

«Vor einem Jahr war das Maggiatal nach der Hochwasserkatastrophe – vor allem im oberen Teil wie jetzt Blatten – in aller Munde», erinnert sich Manuela Medici. Fusio war zwar selbst nicht direkt betroffen, aber während vier Wochen von der Aussenwelt abgeschnitten, die Bewohner mussten mit wenigen Ausnahmen das Dorf verlassen. Diese besondere Lage hat sich längst normalisiert. Doch Mitarbeitende in den hintersten Winkel des Tales, das zwar gut erschlossen ist, zu locken, ist schwierig. «Vor Ort findet man praktisch niemanden, schon gar keine Aushilfen oder Springer», so Medici. Wenigstens alle festen Arbeitsstellen konnte sie mit Mitarbeitenden besetzen, die bis zu sieben Jahre im Haus sind. Da je nach Wetter mehr oder weniger Gäste kommen, fordert das Flexibilität: «Wir leisten Überstunden bei schönem Wetter und kompensieren an schlechten Tagen.»

Fakten und Zahlen

Zimmer: 10

Saison: Sommerbetrieb

Mitarbeitende: 6 inkl. Geschäftsführung, für 3 Mitarbeitende auch Logis

hotelfusio.ch


Berghotel Alpenblick Tenna/GR

Das Erhaltene

Das Hotel Alpenblick wurde 1906 eröffnet. Mit dem Aufkommen des Wintersports hatte das auf Sommerbetrieb ausgerichtete Haus einen schweren Stand. Deshalb wurde es in den 1950er-Jahren an die Schulgemeinde Uzwil/SG verkauft, die es für Schul- und Ferienlager nutzte. 2014 wurde in Tenna der Verein «Tenna Plus» gegründet, um von der Gemeinde Uzwil die Liegenschaft zu übernehmen. Seit 2016 führt die daraufhin gegründete Tenna AG die Pension Alpenblick. Die Aktien sind im Besitz Einheimischer und treuer Gäste.

Zurück in Dorfbesitz

Das Berghotel Alpenblick prägt das Ortsbild wie auch das Dorfleben entscheidend mit. Es ist mit seinen Veranstaltungen Treffpunkt für die Dorf- und Talbevölkerung. Der «Alpenblick» ist zudem das einzige Hotel und Restaurant im Ferienort Tenna. Bei der Mitarbeitendensuche hat der Betrieb Erfolg: «Wir haben meist ein Riesenglück mit unseren Mitarbeitenden, welche häufig zwar nicht aus der Gastronomie in dem Sinne kommen, aber teils etwas Erfahrung mitbringen und von uns angelernt werden», sagt Sascha Skraban vom «Alpenblick». «Gelebte Gastfreundschaft ist mir wichtiger als bereits vorhandenes Können. Ich sehe das mittlerweile als grosses Plus, da so diverse Fähigkeiten und Erfahrungen mit in unseren Betrieb fliessen.» Versorgt wird der Betrieb mit Fleisch aus dem Dorf und von der Tenner Alp sowie Alpkäse und Gemüse nach Möglichkeit von Biobauern. «Wir versuchen, regional und nachhaltig zu arbeiten, ohne dogmatisch zu sein.»

Fakten und Zahlen

Zimmer: Einzel-, Doppel- und Familienzimmer mit WC/Dusche auf Etage

Saison: Anfang Mai bis Ende Oktober und vom 26. Dezember bis Ende März

Mitarbeitende: 2 ganzjährig Festangestellte plus 2 mehr im Sommer und 1 im Winter sowie Aushilfen 

alpenblick.ch


Hotel Kurhaus Grimmialp Schwenden im Diemtigtal/BE

Das Christliche

Die Grimmialp liegt auf 1200 Höhenmetern im Diemtigtal, die gut mit dem Postauto erschlossen ist. Auf Initiative vom damaligen Nationalrat Johann Jakob Rebmann wurde 1899 das Hotel Kurhaus Grimmialp eröffnet. Seit Mai 2014 führen Ueli und Vroni Pfister das Haus. Ueli Pfister war bereits Koch bei den Vorbesitzern, der Schwesternschaft der Steppenblüte Communität aus Basel. Vom Einer- bis zum Mehrbettzimmer, im einfachen Zimmer mit Lavabo oder mit WC/Dusche, vom Zimmer mit Frühstück bis zur Vollpension gibt es im Kurhaus Grimmialp alles.

Vielschichtige Gäste

Auf der Grimmialp übernachten Wanderer, Biker, Skitourengruppen, Skifahrer, Kirchgemeinden, Seminare, Naturfreunde und Familien. «Wir haben mehr Individualgäste als früher, und die Ferienwohnungen sind gut besetzt», sagt Lars Hilpert, zuständig für die Réception des Kurhauses. Die Gäste essen zu festgelegten Zeiten ein einheitliches, ausgewogenes Menü. «Wir stellen fest, dass heute mehr vegetarische Gäste zu uns kommen und solche, die Diäten einhalten müssen.» Die Küche ist gutbürgerlich mit saisonalen Gerichten. «Die Mitarbeitendensuche gestaltet sich aufgrund der Abgelegenheit schwierig. Derzeit sind wir noch auf der Suche nach Mitarbeitenden im Stundenlohn», sagt Hilpert. Doch wer sich dazu entschliesst, im Kurhaus zu arbeiten, erhält auf Wunsch nicht nur Kost, sondern auch Logis. Auch beim Gästeverhalten stellt Hilpert eine Veränderung fest: «Die Buchungen werden immer spontaner, Gäste planen ihre Ferien nicht mehr so weit im Voraus.»

Fakten und Zahlen

Zimmer: 41

Saison: ganzjährig offen

Mitarbeitende: 12 in Fest- und Stundenlohnanstellung

kurhaus-grimmialp.ch


Casa Santo Stefano Miglieglia/TI

Das Entspannte

Im Herzen des Tessiner Malcantone liegt das Bergdorf Miglieglia auf 750 Meter über Meer. Mittendrin liegt die Casa Santo Stefano, ein Albergo, das sich über drei Häuser erstreckt. «Als wir unseren Betrieb von Hotelleriesuisse zertifizieren liessen, erfuhren wir, dass es nicht mehr viele Häuser in diesem typischen Tessiner Baustil gibt», sagt Matteo Previsdomini, der den Betrieb zusammen mit seiner Partnerin Cristina Mathis Anfang 2024 übernommen hat. Die Häuser der Casa Santo Stefano stammen aus dem 17. Jahrhundert. Vor gut 30 Jahren wurden sie von den Vorbesitzern von Grund auf renoviert. Zu Beginn fanden hier Seminargäste einen Ort für ihre Anlässe, danach fanden Retreats für sanfte Bewegungsformen statt.

Zwei erfolgreiche Standbeine

Diese Retreats sind heute ein wichtiges Standbein des jungen Unternehmerpaars. «Es passt zu unserer Philosophie, wie wir selber leben», so Matteo Previsdomini. «Bei uns finden Gruppen einen Ort, ihre Retreats durchzuführen, aber auch für den Individualgast gibt es hier einen Rückzugsort.» Im Zwei-Sterne-Haus, das sich als Hotel Garni versteht, bekennt man sich nicht nur zur Nachhaltigkeit, sondern lebt sie auch. «Wir sind zwar ein Bergdorf, aber gut erschlossen. Die Lebensmittel werden täglich angeliefert.» Weil der Betrieb klein ist und kein eigenes Restaurant hat, ist nur knapp ein halbes Dutzend Leute beschäftigt. Diese kommen entweder aus dem Ort oder dem nahen Ausland. «Italien liegt nur einen Steinwurf von uns entfernt», so Previsdomini. Auch von Unwetterkatastrophen spürten sie bislang wenig: «Bei den Unwettern im Tessin im letzten Jahr blieb das Malcantone weitgehend verschont.»

Fakten und Zahlen

Zimmer: 18

Saison: Februar bis Mitte November

Mitarbeitende: 4 bis 5

casa-santo-stefano.ch