Am Lebensmitteltag suchen Experten seit zehn Jahren Antworten auf Probleme der Lebensmittelbranche.
Eines der viel diskutierten Themen am Lebensmitteltag, der jeweils im Hotel Schweizerhof in Luzern stattfindet, war die Kostentransparenz von Lebensmitteln. Die Wissenschaftlerin Inès Burrus ist Partnerin von True Cost of Food, einem interdisziplinären Projekt, welches sich aus verschiedenen Mitgliedern aus Schweizer Hochschulen zusammensetzt. Sie zeigte auf, dass Umweltzerstörung, Tierleid, Verlust der Biodiversität, Schäden für die Gesundheit und soziale Ungerechtigkeit nicht in die Preise der Waren eingerechnet werden. «Bioprodukte oder Lebensmittel von lokalen Herstellern erzeugen weniger versteckte Kosten als industriell gefertigte oder importierte», gab sie zu bedenken. Deshalb müsste lokales Bio-Gemüse wesentlich günstiger sein. Neben ihrer Arbeit als Wissenschaftlerin ist Inès Burrus CEO von Equal Profit, einem Unternehmen, das sich mit Ungleichheiten in der Lebensmittelbranche beschäftigt.
Sie zeigte die Gründe für die Mehrkosten bei importierten Lebensmitteln auf. So haben Importe aus Ländern mit niedrigem Einkommen häufig versteckte Kosten, die höher sind als die der Schweizer Produkte. Einzelne Indikatoren wie beispielsweise Kinderarbeit, Menschenrechtsverletzungen, Zwangsarbeit oder Abholzung von Regenwäldern haben in Ländern mit hohem Einkommen weniger Einfluss auf die Preise. Ebenso können die Kosten im Zusammenhang mit einer unzureichenden Ernährung in einigen Ländern, in denen die Mangelernährungsrate hoch ist, beträchtlich sein.
Für viele Lebensmittel, die im Grosshandel im Angebot sind, bezahlen die Kunden nicht den tatsächlichen Preis. (zvg)
An einem Beispiel aus dem Detailhandel zeigte Inès Burrus auf, dass die Konsumierenden jedoch bereit sind, den «wahren Preis» für Produkte zu bezahlen. In Deutschland habe der Discounter Penny einen Teil seiner Produkte mit zwei verschiednen Preisschildern ausgezeichnet: Auf einem steht der Preis, den Kunden an der Kasse zahlen müssen. Auf dem anderen der Preis, der die Kosten für Stickstoff, Klimagase, Energie und Landnutzungsänderungen bei der Herstellung des Produktes berücksichtigt. So kosteten die Wiener Würstchen 6.01 statt 3.19 Euro oder Fruchtjoghurt 1.56 statt 1.19 Euro. Die Kundinnen und Kunden konnten freiwillig den wahren Preis bezahlen.
Martin Fischer, Swissair-Pilot
Ein weiterer Dozent war Martin Fischer. Er hat nicht direkt mit Lebensmitteln zu tun, stellte aber eine interessante Form von Mitarbeiterführung vor. Er ist unter anderem ausgebildeter Pilot, Friedensrichter und Wirtschaftsmediator. Er erklärte anhand des Arbeitsalltags eines Piloten die sogenannte Redlichkeitskultur Just Culture. Dabei schafft der Arbeitgeber eine Atmosphäre des Vertrauens, in der die Mitarbeitenden über relevante Fehler und Bedenken sprechen können, ohne Angst vor Strafe oder Tadel haben zu müssen. Das heisst, eine Organisationskultur, die von einer Atmosphäre des Vertrauens geprägt ist. Dabei betonte er, dass Vorgesetzte nicht immer diejenigen sein müssten, die alles wissen oder können. Mitarbeitende sollten die Möglichkeit haben, sich aktiv in die Abläufe einzubringen. «Beim Fliegen haben Fehler weitreichende Folgen», sagte Martin Fischer. Aber auch in anderen Branchen sei es hilfreich, sich jederzeit ein Bild über die Situation im Team zu verschaffen. Er denke da unter anderem an das Gesundheitswesen, die Gastronomie oder die Hotellerie. «Just Culture vertritt die Haltung, dass man bei Fehlern schaut, was passiert ist. Wie sich das künftig verhindern lässt, anstatt: Wer war schuld?»
Die Journalistin Daniela Lager führte durch den Lebensmitteltag. (zvg)
(Daniela Oegerli)
Der Lebensmitteltag wird von Bioinspecta sowie von der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme organisiert. Die nächste Ausgabe findet am Donnerstag, 23. April 2026 in Luzern statt.